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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />

Detlef Claussen:<br />

Was heißt Rassismus?<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft:<br />

Darmstadt 1994,233 S.<br />

Werner Billing/Andreas<br />

Barz/Stephan Wienk-<br />

Borgert (Hrsg.):<br />

Rechtsextremismus in<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

Vortragsreihe des Fachgebietes<br />

Politikwissenschaft<br />

und des Studium Generale<br />

an der Universität Kaiserslautern<br />

im Sommersemester<br />

1993<br />

Nomos: Baden-Baden 1993,<br />

153 S.<br />

Hat der Rechtsextremismus in<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

einen Siegeszug angetreten?<br />

Hat er sich als soziale<br />

Bewegung konstituiert? Ist eine<br />

rechtsintellektuelle neue Rechte<br />

dabei, die kulturelle Hegemonie<br />

zu erringen? Driftet die<br />

Republik nach rechts? Kommt<br />

die Gefahr aus der Mitte? Ist<br />

die rechtsextreme Gewalt Ausfluß<br />

und Indiz eines Extremismus<br />

der Mitte? Diese und andere<br />

Fragen dominieren die<br />

Auseinandersetzung mit dem<br />

Rechtsextremismus. Wiederum<br />

ist eine Reihe von Neuerscheinungen<br />

anzuzeigen, von<br />

denen jedoch nur einige ausführlicher<br />

behandelt werden<br />

können.<br />

Doch zuvor ist eine Bemerkung<br />

zur Begriffsklärung notwendig,<br />

denn die Abgrenzung<br />

zwischen 'rechts' und 'rechtsextrem'<br />

droht zu verschwinden.<br />

Nicht nur bei populären<br />

Veranstaltungen wie 'Rock<br />

gegen Rechts', Debatten wie<br />

'Mit Rechten reden', sondern<br />

auch in politischen wie wissenschaftlichenAnaly<br />

sen ('Offensive<br />

von rechts', 'Deutschland<br />

von rechts', 'Druck von<br />

rechts' etc.) wird neuerdings<br />

Wiederrechts mitrechtsextrem<br />

gleichgesetzt. Die alte These<br />

'schwarz = braun' schleicht<br />

sich durch mangelnde begriffliche<br />

Präzision in die Analyse<br />

ein, ob gewollt oder ungewollt<br />

sei dahingestellt.<br />

Zu diesemAnsatz von Begriffsverwirrung<br />

paßt die modische<br />

These vom Extremismus der<br />

Mitte, den Wolfgang Kraushaar<br />

in einem mehrteiligen<br />

Beitrag 'Implosion der Mitte'<br />

für die Zeitschrift 'Mittelweg<br />

36' demontiert. Die These bezieht<br />

sich auf die rassistischen<br />

Gewaltaktionen, die von Tätern<br />

begangen würden, die nicht<br />

vom Rande der Gesellschaft<br />

kämen, sondern aus deren Mitte.<br />

Daß die These vom Extremismus<br />

der Mitte innerhalb<br />

kürzester Zeit so viele Befürworter<br />

gefunden hat, liege weniger<br />

an ihrer begrifflichen<br />

Stringenz als an den mehrdeutigen<br />

Vorgängen in Rostock-<br />

Lichtenhagen. Diese Ereignisse<br />

gaben Anlaß zu verschie­<br />

densten Deutungen, die von der<br />

verschwörungstheoretischen<br />

Konstruktion eines Paktes zwischen<br />

Rechtsextremisten und<br />

Staat (Bernd Siegler, Oliver<br />

Tolmein, Charlotte Wiedemann)<br />

über die These eines<br />

„institutionalisierten Rassismus"<br />

(Hajo Funke) und die<br />

einer „konformistischenRebellion<br />

der Jungen" (Jörg Bergmann<br />

und Claus Leggewie) bis<br />

hin zur Behauptung, der Extremismus<br />

gehe von der Mitte aus<br />

(Wolf-Dieter Narr), reicht.<br />

Kraushaar stellt fest, daß die<br />

Begriffsbildung 'Extremismus<br />

der Mitte' die alte Wertordnung<br />

scheinbar auf den Kopf<br />

stellt, denn dieAuffassung, die<br />

Einnahme einer Mitteposition<br />

sei gleichbedeutend mit demokratischer<br />

Einstellung und Bejahung<br />

der Verfassung, werde<br />

damit hinfällig. Doch zugleich<br />

wird die Rede vom Extremismus<br />

von links und rechts nicht<br />

außer Kraft gesetzt, sondern<br />

ergänzt, als Potentialität verallgemeinert,<br />

auf die Mitteposition<br />

ausgedehnt. Kraushaar<br />

verfolgt die Herkunft des Begriffs<br />

'Extremismus', der in<br />

Konkurrenz zum Begriff 'Radikalismus'<br />

stand und sich erst<br />

allmählich als eine Schlüsselkategorie<br />

im politischen System<br />

der Bundesrepublik<br />

durchsetzt. Der analytische<br />

Wert der These vom Extremismus<br />

der Mitte ist höchst zweifelhaft,<br />

da sie den Extremismusverdacht<br />

totalisiert und

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