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Hill® I FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 8, HEFT 1, 1995<br />

somit unter Umständen mehr<br />

Verwirrung als Aufklärung stiftet.<br />

Ein solcher Relativismus<br />

könnte die Ratlosigkeit noch<br />

verstärken. Studien über rassistische<br />

und xenophobe Anschläge<br />

haben zudem ergeben,<br />

daß die Täter den Ethos mit<br />

dem bedrohten Milieu der 'kleinen<br />

Leute' teilen.<br />

Insofern würde ich vorschlagen,<br />

von einer Homologie des<br />

Habitus (Pierre Bourdieu) auszugehen,<br />

verbunden mit einer<br />

Mentalitäts verwandtschaft und<br />

ähnlichen Vorlieben, was die<br />

These der sozialen Deprivation<br />

erhärten würde. Auch ist<br />

zum Terminus 'Extremismus<br />

der Mitte' anzumerken, daß er<br />

fatal dem von der Neuen Rechten<br />

schon lange verwendeten<br />

'Liberal-Extremismus' ähnelt.<br />

Ein verschwörungsfheoretisch<br />

begabter Zeitgenosse könnte<br />

aus der Tatsache den Schluß<br />

ziehen, daß die synonym anmutende<br />

Redeweise in Feuilleton<br />

und Wissenschaft ein<br />

Beleg für den durchschlagenden<br />

Einfluß der Neuen Rechten<br />

sei.<br />

Wolfgang Gessenharter ist in<br />

einem kleinen Bändchen der<br />

Frage 'Kipptdie Republik? Die<br />

Neue Rechte und ihre Unterstützung<br />

durch Politik und<br />

Medien' nachgegangen. Er<br />

breitet darin seine These aus,<br />

daß sich die Neue Rechte am<br />

besten mit dem Bild eines<br />

Scharniers fassen ließe, das<br />

zwischen (neo)konservativen<br />

und rechtsextremen Positionen<br />

vermittle. In der gewollt locker<br />

aufgemachten Darstellung, die<br />

keinen wissenschaftlichenAnspruch<br />

erhebt, versucht Gessenharter<br />

zunächst, das Gedankengut<br />

von Carl Schmitt aufzuarbeiten,<br />

um die Ähnlichkeit<br />

mit Themen der Neuen<br />

Rechten augenscheinlich werden<br />

zu lassen. Er behandelt die<br />

Neue Rechte als 'organisierte<br />

Verwirrung' und zieht disparateste<br />

Beweisstücke heran, um<br />

die Existenz einer Neuen Rechten,<br />

die ihren Niederschlag in<br />

'Zeitschriften, Buchpublikationen<br />

und öffentlichenVeranstaltungen'<br />

findet, anschaulich zu<br />

machen. Zahlreiche Zitate aus<br />

neurechten Publikationen werden<br />

ausführlich kommentiert,<br />

aber unsystematisch aneinandergereiht.<br />

Die Gesamtauflage<br />

rechtsextremer Druckwerke<br />

gibt er mit „weit über 7 Millionen<br />

Exemplaren im Jahr" (178)<br />

an, d.h. ca. eine halbe Million<br />

monatlich, wobei diese Zahl<br />

jedoch ins Verhältnis gesetzt<br />

werden müßte zur Gesamtauflage<br />

aller Publikationen, um<br />

Aussagekraft zu erlangen. Da<br />

das quantitative Material wenig<br />

Dramatik birgt, verlegt sich<br />

Gessenharter auf ein qualitatives<br />

Vorgehen, indem er die<br />

Themen der Jungen Freiheit<br />

mit denen in der 'Frankfurter<br />

Allgemeinen Zeitung' und der<br />

'Welt' vergleicht. Aber lassen<br />

Lummer-Zitate in der 'Welt'<br />

oder diskussions würdige Kom­<br />

mentare von Eckhard Fuhr in<br />

der 'FAZ' wirklich den Rückschluß<br />

zu, das neurechte Denken<br />

sei im Vormarsch? Kann<br />

die xte Aufarbeitung der Asylauseinandersetzung,<br />

die ihre<br />

Vorgänger souverän nicht zur<br />

Kenntnis nimmt, als Beleg dafür<br />

herhalten, daß die Republik<br />

nach rechts gewandert ist und<br />

neurechtes Denken triumphiert?<br />

Die Argumente der<br />

Rechtsextremisten (Asylmißbrauch,<br />

Gesamtkosten des<br />

Asylverfahrens, Ausländerkriminalität,<br />

Anzahl der Ausländer<br />

etc.) werden so oberflächlich<br />

unter Absehung der dazu<br />

bereits vorliegenden Fachliteratur<br />

abgehandelt, daß sie selbst<br />

dem interessierten Zeitungsleser<br />

kaum Neues bringen.<br />

Zum Thema 'Neue Rechte'<br />

liegt ebenfalls die Magisterarbeit<br />

von Susanne Mantino vor,<br />

die sich dem Gegenstand aus<br />

vier Perspektiven nähert. Zunächst<br />

analysiert sie die Begriffsbestimmungen<br />

von Günter<br />

Bartsch, Martina Koelschtzky,<br />

Reinhard Opitz, Margret<br />

Feit und Thomas Assheuer/<br />

Hans Sarkowicz. Allen diesen<br />

Definitionsversuchen muß sie<br />

Unscharfe vorhalten, selektive<br />

Auswahl passender Zitate,<br />

moralisch überfrachtete Argumentation<br />

und damit letztlich<br />

eine wissenschaftlich unzureichende<br />

Herangehensweise. Sie<br />

zieht die Schlußfolgerung, sich<br />

an der Untersuchung von S chönekäs<br />

zu orientieren, jedoch<br />

wird dessen Begriffsbestim-

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