Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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liehen Arbeitsplätzen und ein deutlich über dem Durchschnitt<br />
liegendes Lohn- und Gehaltsniveau aufweisen, ist<br />
hinlänglich bekannt. Dem Raumordnungsbericht 1972 der<br />
Bundesregierung ist zu entnehmen, daß sich Ansiedlungen<br />
neuer und Standortverlagerungen bestehender Industriebetriebe<br />
seit den sechziger. Jahren angesichts unzureichender<br />
Flächenreserven in den Kernstädten sowie verschärfter<br />
Umweltschutzbestimmungen zunehmend auf die Rand-und<br />
Nachbargemeinden der Verdichtungsräume konzentrieren,<br />
während Betriebe des tertiären Sektors in den Kernstädten<br />
verbleiben. Die gleichen Rand- und Nachbargemeinden<br />
wiesen zwischen 1961 und 1970 auch den höchsten Bevölkerungszuwachs,<br />
z.T. als Folge einer Abwanderungsbewegung<br />
aus den Kernstädten, sowie eine besonders intensive<br />
Wohnungsbautätigkeit auf.<br />
Für die Landwirtschaft in den Verdichtungsräumen und ihrem<br />
Umland besitzen vor allem zwei Aspekte des räumlichen<br />
Konzentrationsprozesses von Bevölkerung, Siedlung<br />
und Arbeitsplätzen unmittelbare Bedeutung: Einmal der<br />
anhaltend hohe Bedarf an Flächen für außerlandwirtschaftliche<br />
Verwendungszwecke mit seinen Folgen für die Nachfrage<br />
und Preisbildung auf dem Bodenmarkt und zum anderen<br />
die vergleichsweise vielfältigen und lohnenden Beschäftigungsalternativen<br />
eines differenzierten Arbeitsmarktes<br />
für die Inhaber der landwirtschaftlichen Betriebe und<br />
ihre Familienangehörigen. Das überdurchschnittlich hohe<br />
Lohnniveau führt andrerseits natürlich auch zu höheren<br />
Kosten der Beschäftigung von Lohnarbeitskräften und der<br />
Inanspruchnahme von Dienstleistungen (z.B. für die Gebäude-<br />
und Maschinenunterhaltung) in den landwirtschaft-<br />
1 ichen Betrieben.<br />
c) Darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Weise sich Zielvorstel<br />
lungen, Informationsstand und Verhaltensweisen von<br />
Landwirten in Verdichtungsgebieten und deren unmittelbarer<br />
Umgebung statistisch signifikant von denen in periphereren<br />
Regionen unterscheiden, liegen u.W. bisher keine<br />
empirischen Untersuchungen vor. 1 mmerhin erscheint die<br />
Vermutung, daß die Wertvorstellungen und Verhaltensnormen<br />
der Landwirte und ihrer Familien um so stärker von<br />
ihrer sozialen Umwelt mitgeprägt werden, je kleiner ihr<br />
zahlmäßiger Anteil an der Bevölkerung ist, nicht unplausibel.<br />
Daß die 1 nhaber landwirtschaftlicher Betriebe in der<br />
Nähe von Verdichtungsräumen im allgemeinen über vielfältigere<br />
und bessere Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung<br />
insbesondere über Marktvorgänge verfügen als<br />
in peripheren Regionen, liegt auf der Hand. Beides würde<br />
dafür sprechen, daß sich die Nähe zu Verdichtungsräumen<br />
u.a. in einer rascheren Anpassung der in der Landwirtschaft<br />
tätigen Menschen an Datenänderungen auswirken kann.<br />
d) Nachhaltig wachsende Raumnutzungsansprüche für die<br />
Bereiche Wohnen, Arbeit, Verkehr, Ver- und Entsorgung,<br />
Freizeit und Erholung insbesondere in den Rand- und Nachbargebieten<br />
der Verdichtungsräume führen nicht nur zu<br />
einer stetigen Abnahme der insgesamt für eine landwirtschaftliche<br />
Nutzung verfügbaren Flächen und zu spekulativen<br />
Bodenpreissteigerungen, sondern darüber hinaus zu<br />
vielfältigen Erschwernissen und Begrenzungen der Faktornutzu<br />
ng in den verbleibenden landwirtschaftlichen Betrieben,<br />
vor allem dann, wenn in den Bau leitplanungen der<br />
betreffenden Gemeinden die Raumnutzungsbedürfnisse dieser<br />
Betriebe nicht ausreichend Berücksichtigung finden.<br />
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beispiele<br />
erwähnt:<br />
Im Gefolge der mit dem Bau von Umgehungs-, Verbindungs-<br />
und Schnellstraßen und Versorgungsleitungen<br />
unvermeidlich verbundenen Durchschneidungen<br />
von Wirtschaftsflächen und deren Zufahrtwegen steigt<br />
der mit der Nutzung dieser Flächen verbundene<br />
Transport- und Bearbeitungsaufwand.<br />
Durch die erhöhte Benutzungsdichte vorhandener<br />
oder neu geschaffener Verkehrswege werden die Möglichkeiten,<br />
die notwendigen Transporte von Maschinen,<br />
Produkten, Vieh etc. zwischen dem Betrieb und<br />
den dazugehörigen Flächen ohne zeitliche Verzögerungen<br />
u nd unzumut bare Risiken durchzuführen,<br />
erheblich beschnitten. Dies wirkt sich besonders einschränkend<br />
auf die Möglichkeiten der Nutzung von<br />
Weideflächen aus.<br />
Von gewerblichen Produktionsanlagen oder von Verkehrswegen<br />
stammende Immissionen können die Erzeugungsbedingungen<br />
für bestimmte Zweige der landwirtschaftlichen<br />
Produktion verschlechtern und/oder<br />
die Qualität der Produkte nachteilig beeinflussen und<br />
auf diese Weise ihre Absatz- und Verwertungschancen<br />
beeinträchtigen.<br />
Bereits bestehende Schweine- und Geflügelhaltungen<br />
in der Nähe neu entstehender Wohngebiete laufen Gefahr,<br />
aufgrund von Geräusch- und Geruchsemissionen<br />
mit den Umweltansprüchen der Anlieger in Konflikt<br />
zu geraten. Die Neuerrichtung von Anlagen für die<br />
sog. flächenunabhängige Tierhaltung w ird durch gesetzliche<br />
Auflagen erheblich erschwert bzw. verteuert.<br />
Diese und andere externe Restriktionen vermögen die Wettbewerbskraft<br />
einzelner landwirtschaftlicher Produktionszweige,<br />
aber auch der landwirtschaftlichen Produktion<br />
sch lechthin empfindlich zu reduzieren.<br />
Lassen sie mich nun stichwortartig einige der Konsequenzen aufzeigen,<br />
die sich auf deduktivem Wege aus den hier nur grob und<br />
u nvol lständ ig skizzierten spezifischen Wirkungszusammenhängen<br />
der Standortfaktoren in den Verdichtungsräumen und ihrem<br />
Umland für die Ausprägung und Entwicklung der Struktur der<br />
Landwirtschaft ableiten lassen:<br />
( 1) Die Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte<br />
und der Umfang der landwirtschaftlich genutzten<br />
fläche nehmen überdurc hschnittlich rasch ab. Welche Rückw<br />
irkungen dies auf die Entwicklung der Größenstruktur<br />
der verbleibenden Betriebe hat, hängt davon ab, welcher<br />
der beiden genannten Produktionsfaktoren höhere Abnahmeraten<br />
aufweist.<br />
(2) Betriebsinhabern, die aufgrund von Enteignungsverfahren<br />
Tei lflächen ihrer Betriebe veräußern müssen oder dies angesichts<br />
des hohen Bodenpreisniveaus aus freien Stücken<br />
tun. bieten sich drei Möglichkeiten, die entstehenden Einkommensverluste<br />
zu kompensieren: Die Aufnahme einer<br />
außerlandwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und teil- oder<br />
nebenberufliche Weiterbewirtschaftung des Restbetriebs,<br />
die Intensivierung der Nutzung der verbleibenden flächen,<br />
etwa durch Anbau von Gartenbaukulturen, und die sog.<br />
„innere" Aufstockung, d.h. die Aufnahme bzw. der Ausbau<br />
einer Schweine- oder Geflügelhaltung mit Zukauf des benötigten<br />
Futters.<br />
(3) Die Arbeitsmarktverhältnisse bieten vielfältige Voraussetzungen<br />
für teil- und nebenberufliche Formen der Landwirtschaft.<br />
(4) Die natürlichen Standortverhältnisse, insbesondere aber die<br />
Absatzbedingungen begünstigen den Anbau von Gartenbaukult<br />
uren.<br />
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