Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Erschließung sollte weitgehend fußläufig sein (zumutbare Entfernung<br />
maximal 1000 m ), sekundär über Verteilerlinien der<br />
übrigen Nahverkehrsmittel. Für die angestrebte Bruttowohndichte<br />
von 150 E/ha, bzw. - bei einem Anteil der Nettowohnbaufläche<br />
von 52 % - von 285 E/ha Nettowohndichte (GFZ<br />
= 1 ,0 bei 35 m 2 /E Bruttogeschoßfläche) kann das städt ebauliche<br />
Ziel nur mit einer Kerngebietsnutzung von mindestens<br />
GFZ = 2,0 realisiert werden , wovon 1,0 für Woh nen und 1,0<br />
für tertiäre Nutzungen vorzusehen sind. Die für das Gelingen<br />
einer solchen Ko nzeption entscheidende Frage, inwieweit sie<br />
m it den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung übereinstimmt,<br />
ist damit allerd ings nicht beantwortet, von anderen<br />
Voraussetzungen (Realisierung des Schnellbahnkonzeptes, Bewältigung<br />
der Raumansprüche für den ruhenden Kfz.-Verkehr,<br />
Finanzierung der erhöhten Bauwerkskosten in Investition und<br />
Betrieb/Unterhaltung) ganz abgesehen.<br />
Im Jahre 1969 erschien auch die erste Fassung des Hamburger<br />
Dichtemodells (28). Es w urde von der Baubehörde Hamb urg<br />
und dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV) gemeinsam entwickelt.<br />
„Um eine dichte und damit attraktive Zugfolge der<br />
Schnellbahnen verkehrlich und wirtschaftlich zu rechtfertigen,<br />
wird im unmittelbaren Einzugsbereich der Schnellbahnhaltestellen<br />
eine hohe Bebauungsdichte angestrebt, die ein großes<br />
Fahrgastaufkommen sichert" (28).<br />
Verdichtung war im Sehwange und in der Folge kam auch manches<br />
Konzentratprojekt zur Erörterung. „Solche Großkomplexe<br />
bieten die Möglich keit citynahen Wohnens trotz hoher Bodenpreise",<br />
liegen in unmittelbarer Nähe von oder über Schnellbahn-<br />
und Li-Bahn-Stationen. verteilen den Kfz.- und Fußgängerverkehr<br />
auf mehrere Ebenen und bieten unter Ausnutzung<br />
aller techn ischen Möglichkeiten Schutz vor Lärm. Abgasen<br />
und Verkehrsgefährdung. „Hohe Dichte ist auch Voraussetzung<br />
für einen gesellschaftlichen Fort schritt „ . In Großkomplexen<br />
kann privater Lebensbereich dichter als bish er mit Arbeitsplätzen,<br />
Freizeit- und Versorgu ngseinrichtungen verknüpft werden.<br />
Diese Verknüpfung wird in Zukunft immer w ichtiger für<br />
eine rationelle Lebensführung „ . Dies wird in Zukunft ein immer<br />
gewichtigerer Grund für das Wohnen in Großkomplexen sein"<br />
(1).<br />
Solche nicht ohne Pathos vorgetragenen , für zentrale Standorte<br />
großstädtischer Bereiche abgeleit ete Konzeptionen sind aber<br />
nicht nur in Innenstädten diskutiert und z.T. auch gebaut<br />
worden. Komplexbebauungen hat man auch in Außengebieten<br />
erörtert und die Hochhausbebauung ist allenthalben in die Landschaft<br />
vorgedrungen. H o c h h a u s g i g a n t e n erheben<br />
sich nicht nur in großstädtischen Zentren, deren besondere Lagegunst<br />
durch Stapelung der Arbeitsplätze für tertiäre Berufe b is<br />
zu m äußersten (Dispense!) nutzend und als „Bedeutungsträger"<br />
Wirtschaftsmacht, gesellschaftliche oder politische Bedeutung<br />
signalisierend. Sie wurden in Städten a 1 1 er Größen -<br />
o r d n u n g e n a u c h a 1 s W o h n b a u t e n errichtet,<br />
als Scheiben-, Kreuz-. Ypsilon- und Punkthäuser , als Solitäre. die<br />
in mehr oder weniger großen Abständen voneinander stehen oder<br />
sich als „Dominanten" aus Flachbau- und Mittelhochbaukomplexen<br />
erheben , schl ießlich auch als massierte Gr uppenanlagen<br />
mit gezackter Skyline.<br />
So beherrschen sie das Orts- und Landschaftsbild, als Denkmäler<br />
ihrer Erbauer. Bauherren und Architekten. als Groß-Anlageobjekte<br />
ihrer I nvestoren und als Ergebnisse einer gemeindl ichen<br />
Bau- und Bodenpolitik , die m it solchen Wohnformen und Dicht<br />
ekonzeptionen einer neuen Zukunft sich verschrieben glaubte<br />
oder d och wenigstens ihre aktuellen Probleme zu lösen hoffte.<br />
3. Einwände und Bedenken.<br />
1 nzwischen hat sich E r n ü c h t e r u n g ausgebreitet . Zwar<br />
werden die Vorteile von Konzentrationen anerkannt, aber angesichts<br />
vielfach zu beobachtender A uswirkungen mehren sich die<br />
Stimmen, die vor einer unkontrollierten Massierung von Bauten<br />
und Personen auf begrenzten Arealen warnen. Die Kritik kommt<br />
von mehreren Seiten und entzündet sich an unterschiedlichen<br />
Sympt on}en.<br />
Da ist zunächst die Einsicht, daß g e w i s s e Nutz u n gen<br />
r ä u m 1 i c h u n v e r e i n b a r sind und daß die D i c h -<br />
t e b e g r e n z u n g e n durchaus ihren Sinn haben können,<br />
wieder im Wachseri. „ Daß die Vorstellung direkter Zuordnung<br />
von Wohnen und Arbeiten in einer dynamischen Wirtschaft<br />
und in großen hochspezifizierten Arbeitsmärkten „. unrealistisch<br />
ist, hat sich inzwischen herumgesprochen" (3).<br />
G e s t a 1 t e r i s c h e B e d e n k e n verweisen darauf, daß<br />
Hochhäuser schon durch ihre Höhe und Masse den Charakter ei·<br />
ner Landschaft oder eines Stadtbildes verändern , daher mehr<br />
oder weniger starke visuelle Auswirkungen verursachen. 1 nsbesondere<br />
„Großformen" sind es, die „durchschlagen". Wen n auch das<br />
Urteil darüber, ob und inwieweit diese Auswirkungen· umweltver·<br />
t räg! ich sind od er eine „Beeinträchtigung.„ eine „Störung"<br />
oder gar eine grobe „Verunstaltung" beinhalten, nur von Fall<br />
zu Fall und unter Berücksichtigung der örtlichen Gesamtsituation<br />
abgegeben werden kann, so zeigt sich doch, daß z.B. hohe,<br />
lange, scheibenförmige Baukörper, womöglich mit sägeförmiger<br />
Dachsilhouette, die Landschaft stärker belasten als Punkthäuser<br />
und daß im übrigen mangelhafte Gliederung, Fassadengestaltung,<br />
Farbgebu ng, das Fehlen maßstäblicher Übergänge zur baulichen<br />
Umgebung und von Bepflanzung Mißfallen erregen. Häufung<br />
von Klischeeformen übereinanderget ürmter Wohneinheiten mit<br />
Fenstern und Loggien in Betonplatten und Bürosilos mit vorgehängten<br />
Fassadenrastern in ewiger Wiederholung haben zu einer<br />
wachsenden Aversion geführt. Ausgeklügelte Scheinvielfalt, grel·<br />
le Fa rbgebungen, absonderliche Formgebu ng, nervöse Überinst<br />
rumentierung mit architektonischen Signalen erzeugen visuelle<br />
und räumliche Verwirrung und beeinträchtigen das weitere<br />
Umfeld. Wenn dann auch noch die zur l eere entarteten Flächen<br />
zwischen den Wohnsilos, das ominöse „Abstandsgrün", in denen<br />
sich eine individuelle Gartennutzung verbietet, mo numentali·<br />
siert werden , darf man sich nicht wundern, daß man viele unserer<br />
neuen Wohnquartiere als verst einert beschimpft. Trotz allen Geredes<br />
von „Flexibilität" und „Variabilität" fühlt sich der Bewohner<br />
und Besucher von solcher Betonmonumentalit ät vergewal·<br />
tigt.<br />
Wohnhochhäuser und Komplexhochbauten mit Mischnutzung<br />
(Ladenstraßen, Büros, Hotels, Wohnungen) verursachen naturgemäß<br />
auch erheblichen V e r k e h r. der die Nachbarbebauung<br />
beeinträchtigt, wenn die Standorte ungünstig gewählt sind und<br />
das Verkehrsnetz darauf nicht abgestimmt ist (4) . (9) . Hinzu<br />
kommt, daß Errichtung und Erhalt ung großer Komplexbebauungen<br />
eine unge heure w i r t s c h a f t 1 i c h e K r a f t und<br />
urbane Konzentration voraussetzen. „Multifunktionle Hochhauszentren<br />
bergen in sich in Krisenzeit en in verstärktem Ausmaß die<br />
Gefahren, denen jede urbane Konzentration ausgesetzt ist"(50).<br />
Dabei braucht man nicht nur an den A usfall lebenswichtiger<br />
technischer Einrichtungen zu denken. die den komplizierten<br />
Betrieb mit einem Schlag lahmlegen, eine Warnung bedeuten<br />
auch manche Investitionsruinen, die beweisen, daß spek u lative<br />
Erwartungen sic h nicht erfüllt haben. D ie vertikale Nutzungsmischung<br />
in der Hoffnung, durch hochbezahlte Büro- und Geschäftsflächim<br />
die Wohnflächen sozusagen mit zu subventionieren,<br />
hat sich als trügerisch erw iesen , da schon von der Quant i<br />
tät her für so lche Flächen kein Bedarf ist und dieser zweckmäßiger<br />
dort gedeckt wird, wo er, da er wenig lärmempfindliche<br />
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