Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Der seit Kriegsende am Wiederaufbau maßgebend beteiligte<br />
langjährige Direktor des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk<br />
Dr. Dr. h.c. Rappaport äußerte sich noch konsequenter:<br />
,,Das Thema 'Land - Stadt' mache ich seit mehr als dreißig<br />
Jahren zum Leitstern und Zielpunkt meiner gesamten<br />
Tätigkeit und aller meiner Veröffentlichungen. Nur eine<br />
richtige, von ganz neuen Gesichtspunkten geleitete Nutzung<br />
des Bodens in Land und Stadt kann unserem Siedlungswesen<br />
in dem überengten Deutschland helfen. Nur die Schaffung<br />
einer wirklichen Land-Stadt kann ein Weg sein, unsere<br />
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Notlage im Siedlungswesen<br />
zu bessern."<br />
(Bauamt und Gemeindebau, 1952/9)<br />
1 n seiner Idealstadt „Usonien" stellt sich Frank Lloyd Wright<br />
die Beziehungen noch enger vor:<br />
„Die neue Stadt w ird den Bauern mit einbeziehen, nicht<br />
nur, um von ihm Nahrung zu empfangen, sondern um ihn<br />
an den Vorzügen der Stadt zu beteiligen . ... Sein Anwesen<br />
ist höchst willkommen. Vielleicht wird es das Anziehendste<br />
unter all den Bauten der neuen freien Stadt der Zukunft sein."<br />
Unser spezielles Vorhaben kennzeichnet am treffendsten Prof.<br />
Landzettel, Hannover, wenn er feststellt :<br />
„Die Annäherung von Stadt und Land vollzieht sich unaufhaltsam,<br />
sie sei uns heute allgemein bewußt , werde aber<br />
kaum gelenkt."<br />
(Vortrag 1965 au f einer Tagung „Landschaftspflege und<br />
Agrarstrukturverbesserung")* s. Fußnote S. 610<br />
Zur 11. Stufe (stadtnahe Ernährungsbasis und GI iederung) :<br />
Einige zeitlich geordnete Stationen mögen den Weg der zweiten<br />
Stufe erläutern:<br />
Die schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts von Owens und<br />
anderen gemachten Anregungen, Industrieorte auf dem lande<br />
zu gründen, hatten vornehmlich den Sinn, London und andere<br />
Ballungszentren zu entlasten. Erst Ebenezer Howard machte<br />
die Einheit von Stadt und umgebendem Land zu einer Grundbedingung<br />
für seine Gartenstädte, die vermutlich n icht wegen der<br />
Hausgärten so benannt wurden - diese waren in England für<br />
derartige Neugründungen selbstverständlich - . sondern weil seine<br />
Städte bewußt umgeben sein sollten von „unbui lt country",<br />
von für d ie Ernährung der Stadtbewohner genutzten Grünflächen.<br />
I n den Plänen englischer Gartenstädte ist nicht ohne Grund<br />
das Freiland oft. wenn nicht immer, mit „Country" gekennzeichnet.<br />
Das erste Mal wurden Stadt und Umland bewußt als ein zusammengehöriges<br />
Ganzes gesehen.<br />
Die 1902 gegründete Deutsche Gartenstadtgesellschaft legte in<br />
ihrer Satzung nach d iesem Vorbild fest, daß der „neue Stadttyp<br />
einen großen Teil seines Gebietes dauernd dem Garten- und<br />
Ackerbau sichert ... Schon diese Forderung verdeutlicht, w ie der<br />
Begriff „Gartenstadt" als Werbeslogan, als „Aushängeschild"<br />
mißbraucht wird.<br />
Bereits in den zwanziger Jahren hat der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk<br />
- veranlaßt durch seinen Gründer Robert Schmidt<br />
- zwischen den Städten breite Grünzonen ausgewiesen und sie<br />
als Verbandsgrünflächen gesetzl ich gesichert, um das Zusammenwachsen<br />
der Städte zu -verhindern und um den Großraum zu<br />
gliedern.<br />
In einer „Strukturuntersuchu ng über landwirtschaftl iche Betriebe<br />
und Nutzflächen im Gebiet der Stadt Nürnberg" schreibt<br />
Landwirtschaftsrat Friedrich Strass:<br />
„Nürnberg wird innerhalb des sich bildenden Großraumes<br />
vermutlich in Zukunf t noch schne ller wachsen als bisher ....<br />
Dazu braucht sie, notwendiger denn je, ihren Gemüsegarten,<br />
der in Jahrhunderten durch bäuerlichen Fleiß in Hochkultur<br />
gebracht wurde."<br />
Das Programm der Ausstel lung „Die Stadt von Morgen", angeregt<br />
und organisiert von Prof. Karl Otto, auf der im Zusammenhang<br />
mit der „lnterbau" 1957 versucht wurde, sowohl unveränderbares<br />
menschliches Verhalten - Konstanten also - als auch<br />
„Innovat ionen", wie man heute sagen würde, bewußt zu machen,<br />
begann mit dem Thema „Stadt - Land". Eine Vorbereitungsgruppe,<br />
in der u.a. Arzte, Soziologen, Frauenverbände,<br />
Architekten, Landschaftsplaner und Stadt planer vertret en waren,<br />
hatte folgender Formulierung nach den Vorsch lägen des<br />
Aachener Lehrstuhls zugestimmt:<br />
„Heute wachsen unsere Städte ungeordnet in das Land<br />
hinein.<br />
Morgen sind vereint: städtische Dichte und ländliche<br />
Weite, städtisches Leben und ländliche Ruhe.<br />
Heute ist „Natur" in der Stadt nur in zufälligen unzusammenhängenden<br />
Flächen vorhanden.<br />
Morgen sind Grünflächen das gl iedernde, die ganze<br />
Stadt durchdringende Gerüst. Diese Flächen<br />
stehen mit dem Umland der Stadt in organischem<br />
Zusammenhang. Die Grünflächen<br />
in Stadtnähe werden auch gärt nerisch oder<br />
landwirtschaftlich genutzt ...<br />
Freizeit verlangt Freiraum, den die „Stadt von<br />
Morgen" durch Pianung bereit stellen muß."<br />
Das war schon ein Übergang zur 111. Stufe.<br />
111. Stufe (Zusatznutzung für Erholung und Freizeit)<br />
Bei der Vorbereitung dieses Vortrages fand ich in den Berichten<br />
der in Hamburg für die Naherholung zuständigen Stelle folgende<br />
These Fritz Schumachers aus dem Jahre 1910:<br />
„Keine Stadt ist so reich, daß sie die für die Gesunderhaltung<br />
der Bevölkerung benötigten Freiflächen ausschließ<br />
! ich in Gestalt öffentlicher Grünanlagen vorhalten kann.<br />
Produktiv genutzte Areale der Land- und Forstwirtschaft<br />
stellen die sinnvolle Ergänzung des öffentlichen Grüns dar."<br />
Dieser Satz könnte das Motto unseres Vorhabens sein.<br />
Die erste mir bekannte Verwirk lichung entstand viele Jahre später<br />
aus einer besonders bedrängten Situation. Nördlich von New<br />
York ist vor dem Kriege ein ganzer Landkreis, der Kreis West·<br />
ehester, planmäßig auf die Erholungs- und Freizeitnotwendigkeiten<br />
der Weltstadt eingerichtet worden. mit Reitwegen, Volkshäusern<br />
für passive (Konzert etwa) oder aktive (töpfern, malen)<br />
Freizeitbeschäftigungen u.s.w.<br />
Ein Versuch, 1937 von Eberswalde aus für Berlin in äh nlichem<br />
Si nne einen „Erholungspark Finowtal " zu schaffen. scheiterte<br />
an kommunalpolitischen Schwierigkeiten.<br />
Seit langem werden im Bereich des Ruhrsiedlungsverbandes<br />
d ie Verbandsgrünflächen vielfältig und systematisch in das Le·<br />
ben der St adtbewohner einbezogen, u.a. im Hexbachtal. Der Beigeordnete<br />
Klausch und Prof . Pflug werden darüber berichten.<br />
1977 hat die „Akademie für Städtebau und Landesplanung"<br />
auf ihrer Jahrestagung den Raum Nürnberg-Fürth und Erlangen<br />
unter dem Gesamtthema „Städtebauliche Probleme mehrpoliger<br />
Siedlungsräume" als Fallstudie behandelt.<br />
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