Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Egon B a r n a r d<br />
Grün im städtischen Außenbereich<br />
Städtische Randzonen sind landschaftliche Problemzonen. Dies<br />
gilt weniger in Bezug auf die zentrifugal sich ausdehnende Bebauung,<br />
die sowohl im öffentlichen Bereich (Siedlungen) als auch im<br />
privaten Sektor (Einfamilienhäuser) in mehr oder weniger ausreichendem<br />
Maße durchgrünt werden - ausgenommen Gewerbegebiete,<br />
wo diese Forderung bisher noch schlecht befolgt wird -<br />
als vielmehr in der hieran anschließenden meist völlig ausgeräumten<br />
Übergangszone zur freien Landschaft.<br />
Guido Erxleben, einer der fähigsten und erfolgreichsten Landschaftsgestalter<br />
Deutschlands, Essen-Marienheide, schrieb 1950<br />
in seinem letzten Aufsatz vor seinem Tode:<br />
„Die Verbindung zum lebendigen Boden ist durch Asphalt,<br />
Pflaster und Aschenabdeckungen unterbrochen. Geschlossene<br />
Baumassen türmen sich auch ohne örtliche Notwendigkeit und<br />
Begründung innerhalb der drei Dimensionen ins übersteigerte.<br />
Den kompakten Massen der Großstadtgebilde fehlt die Spannung<br />
des Kontrapunktes, jenes beglückende Wechselspiel zwischen Gebautem<br />
und Gewachsenem, Totem und Lebendigem. Der Mensch<br />
mit den Belangen des Einzelindividuums ist in seiner Arbeit, seinem<br />
Wohnen und seiner Erholung vermaßt, uniform geworden.<br />
1 n vielen Großstädten ist das lebendige gewachsene Grün unendlich<br />
weit hinausgeschoben noch über den Ring der Vorstädte<br />
hinaus, wochentags ka'um mehr erreichbar, sonntägliches<br />
Fernziel allzuvieler Großstädter''. 1<br />
Hat doch diese damalige Feststellung heute noch die gleiche Aussagekraft<br />
wie vor 30 Jahren! Untersuchungen und D iskussionen<br />
führten in den letzten 10 Jahren zu einigen wesentlichen Erkenntnissen.<br />
D ie Steigerung des Freizeitwertes und des<br />
Wohnwertes einer Stadt ist zu einer der wichtigsten Aufgaben einer<br />
Gemeinde geworden. Sie bestimmen ihre Entwicklung oder<br />
den Rückgang. Gleichzeitig müssen die natürlichen Umweltbedingungen<br />
in der anschließenden freien Landschaft verbessert<br />
werden.<br />
Fehlendes Grün im Stadtrandbereich ist neu auf vielfältige, abwechslungsreiche<br />
Art zu schaffen. In erster Linie ist an Flächenaufforstungen<br />
zu denken. Beste Beispiele neuester Art stellen<br />
die Neuanlagen von großen Erholungswäldern am Rande der neubegründeten<br />
Städte auf den holländischen Poldern dar, wo vor<br />
und neben den landwirtschaftlichen Nutzflächen auf besten<br />
Rüben- und Weizenböden von vornherein Laub- und Mischwälder<br />
nach klaren planerischen Überlegungen ausgewiesen und<br />
gepflanzt werden. Sie sind verbunden durch ein sinnvolles<br />
System weiterer breiter Grünzüge zur Gliederung der Landschaft,<br />
ausgestattet mit Rad- und Wanderwegen. Es ist unbestreitbar,<br />
daß in dieses grüne K-0nzept im städtischen Außenbereich auch<br />
Gärtnereien, Baumschulen oder Obstplantagen als Jntensivbetriebe<br />
sehr gut hineinpassen . Während jedoch bei den ersteren eine<br />
Massierung von G 1 a s f 1 ä c h e n infolge der Spezialisierung<br />
landschaftliche Bedenken auslösen, so sind letztere durchaus in<br />
diesem Bereich recht am Platz. Wenn diese dann noch mit<br />
Schutzpflanzungen aus standortgerechten, freiwachsenden Laubgehölzen<br />
eingefriedet werden, so kommt zu der landschaftlichen<br />
Bereicherung noch der praktische Vorteil des für den Obstbau<br />
wichtigen Windschutzes hinzu und bei richtiger Artenzusammensetzung<br />
u.a. die biologische Schädlingsbekämpfung durch die<br />
Vogelwelt.<br />
Natürlich gehört in das Programm einer sinnvo ll durchgrünten<br />
Randlandschaft einer Stadt die konsequente Bepflanzung von<br />
Fließgewässern mit Sträuchern und Bä umen. Die Erkenntnisse<br />
der letzten Jahre auf diesem Gebiet zeigen, daß eine richt ige<br />
Uferbepflanzung neben der biologischen Wirkung auch ökonomische<br />
Vorteile bringt.2 Verwunderlich ist es, daß b isher wen ig<br />
neue Wasser f 1 ä c h e n im städtischen Außenbereich angelegt<br />
wurden, eingegrünt versteht sich. Wasser, ganz gleich in welcher<br />
Form, bietet zu jeder Tages- und Jahreszeit für alle Altersklassen<br />
und für die unterschiedlichsten Anforderungen einen hohen Erholungswert;<br />
man sollte dies mehr in Betracht ziehen.<br />
Die Bepflanzung von Wegen und Straßen ist ebenfalls unabdingbar.<br />
Ausreichender Grunderwerb für sogenannte „geschlossene"<br />
Pflanzungen, d.h. für m indestens 5 m breite Grünzüge aus Sträuchern<br />
und Bäumen sind gewissermaßen das Grundgerüst für d iesen<br />
Landschaftsraum. Die hierfür erarbeiteten Richtlinien sowohl<br />
für den Straßenbau 3 als auch für den landwirtschaftlichen<br />
Wirtschaftswegebau 4 geben A uskunft über die erforder lichen<br />
Einzelheiten.<br />
Nicht vergessen sollte man die Begrünung der besonders in<br />
Stadtnähe sich konzentrierenden nackten Bahndämme. Die inzwischen<br />
weitgehend durchgeführte Elektrif izierung der Eisenbahnen<br />
kommt durch den Fortfall des früher gefürchteten Funkenfluges<br />
und der damit verhinderten Brandgefahr diesem Vorhaben<br />
technisch sehr entgegen. Die ersten Anregungen h ierzu,<br />
die bereits 1949 vom Amt für <strong>Landespflege</strong> im damaligen Provinzialverband,<br />
dem heutigen Landschaftsverband Westfalen<br />
ausgingen, wurden von Prof. A. Seifert, München, dem ersten<br />
und entscheidenden La ndschaftsgestalter der Autobahnen aus<br />
der Vorkriegszeit, folgendermaßen beurteilt:<br />
„Dieser Schritt und die sich daraus ergebenden Folgerungen<br />
stellen eine Kulturleistung von nicht abzuschätzendem Wert<br />
dar". 5<br />
In diesen Gesamtbereich gehören ferner die Bepflanzung kleiner<br />
und großer, alter und neuer landwirtschaftlicher Betriebe, so<br />
wie dies früher immer der Fall gewesen ist. Bis zu 30 % Einsparung<br />
an Heizenergie wurde an windgeschützten Höfen gegenüber<br />
ungeschützten, frei liegenden Höfen in Baden-Württemberg<br />
ermittelt. Einsparungen an Reparaturen von St urmschäden an<br />
großen Dachflächen, bisher nicht näher ermittelt, sind ebenfalls<br />
offenkundig und durch einen Kra nz von Hofbäumen möglich.<br />
Diese und weitere Vorteile lassen sich bei Fortsetzung dieser<br />
Schutzpflanzungen auch im angrenzenden reinen Agrarbereich<br />
nachweisen. Sie wurden in den vergangenen 20 - 30 Jahren<br />
durch agrarmeteorologische Unt ersuchungen auf dem vielfältigen<br />
Gebiet des Windschutzes exakt belegt und sollen. da heute<br />
häufig nicht mehr besonders betont, in diesem Zusammenhang<br />
nachstehend ohne Rangfolge aufgezählt werden:<br />
• Verminderung der Umlagerungen des Bodens durch Wind und<br />
Wasser (Abwehr der Erosionsgefahr).<br />
• Minderung der Windgeschwindigkeit und ihrer schäd lichen<br />
Einw irkungen auf Kulturpflanzen durch St euerung erfaßbarer<br />
KI imafaktoren des bodennahen Luftraumes.<br />
71 1