Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Giselher K au 1 e<br />
Konzept einer ökologisch differenzierten Flächennutzung<br />
in Verdichtungsgebieten und ihrem Umland<br />
Das Problem der verdichteten Gebiete und ihres Umlandes muß<br />
man auch unter einem der derzeitigen Diskussionsschwerpunkte<br />
der theoretischen Landschaftsökologie sehen:<br />
Diversität =Stabilität<br />
Monostrukturen = 1 nstabi lität,<br />
also im Hinblick auf die Fragestellung, ob vielfältige Systeme<br />
im Kleinen, Mischnutzungen im Großen ökologisch stabiler sind<br />
als Monostrukturen (vgl. ODUM, 1971).<br />
Die Diskussion über Korrelationen ist noch keineswegs abgeschlossen<br />
. Meist werden die Abhängigkeiten auch zu stark vereinfach<br />
t gesehen, denn man kann Vielfalt nicht absolut mit Stab i<br />
lität gleichsetzen. Man muß vielmehr versuchen, den Erfüllungsgrad<br />
einer potentiell mögl ichen Diversität bzw. den Grad der<br />
künstlichen Vereinfachung ,als Basisdaten heranzuziehen. Trotz<br />
Fehlens quantitativer Forschungsergebnisse sind einige Grundtatsachen<br />
nicht zu bestreiten.<br />
Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung von Ergebnissen und<br />
Arbeitshypothesen aus drei laufenden Forschungsvorhaben an<br />
den Technischen Universitäten München und Stuttgart:<br />
Kartierung schutzwürdiger Biotope in Bayern (vgl. KAU LE,<br />
1974, 1976; KAULE, G., SCHOBER, M. und SÖHMISCH,<br />
1977; KAULE und JÜRGING, 1977; KAULE, SCHALLER<br />
und SCHOBER, 1978).<br />
1 ndikatoren der Umweltqualität als Steuerungsmittel in der<br />
Landschaftsentwicklung (KAULE, BERNARD und FRIED<br />
R ICH, 1977).<br />
Landschaftsökologische Modelluntersuchung 1 ngolstadt (Projektstudie<br />
KAULE und REICHHOLF, 1976). *<br />
Theoretische Überlegungen, die zu diesen Forschu ngsvorhaben<br />
führten, finden sich bei HABER (1972) und BEIRAT FÜR<br />
RAUMORDNUNG (1976).<br />
Wir können in der Landschaft sökologie den 'derzeitigen Zustand<br />
der Landschaft nicht als Status quo und Ausgangspunkt der Betrachtung<br />
nehmen. Er ist ja das Ergebnis einer mehrtausendjährigen<br />
vom .Menschen beeinflußten Landschaftsentwicklung. Bei<br />
der Abschätzung von Belastungen durch Nutzungen muß man<br />
mindestens näherungsweise den ursprünglichen Landschaftshaushalt<br />
und wesentliche Stadien in der vom Menschen bedingten<br />
Entwicklung mit berücksichtigen. Diese Entwicklung unserer<br />
Kulturlandschaft läßt sich stark vereinfacht in vier Stufen darstel<br />
len:<br />
Der Mensch als Jäger und Sammler veränderte den Landschaftshaushalt<br />
kaum, er schöpfte nur einen geringen Teil des sich regenerierenden<br />
natürlichen Potentials ab.<br />
* Diese Forschungsvorhaben werden gefördert von:<br />
1) und 3) Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung<br />
und Umweltfragen; 2) Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Umwelt Baden-Württemberg. Für die Unterstützung<br />
sei auch an dieser Stelle gedankt.<br />
Bereits im Stadium des primitiven Ackerbaus und der Weidewirtschaft<br />
können erhebliche Landschaftsschäden auftreten, besonders<br />
durch Brandrodung, Waldweide etc. Gegenüber der „Urlandschaft"<br />
finden hier jedoch bedingt durch unterschiedliche<br />
Kleinstandorte mehr Arten einen Lebensraum. Zu den Waldarten<br />
können sich die A rten der Wiesen, Steppen, Ackerwildkräut<br />
er usw. ausbreiten. In fast allen Landschaften Mitteleuropas<br />
erfolgte schon frühzeitig, ob aus ökologischer Einsicht oder mangels<br />
anderer Möglichkeiten sei dahingestellt, eine differenzierte<br />
Flächennutzung, also Ackerbau in Terassen, Grün land in überf<br />
luteten Auen, Wälder in steilen Lagen etc. Dieses Nutzungsmosaik,<br />
das wir als vielfältige mitteleuropäische Ku lturlandschaft<br />
(noch ?) gewohnt sind, beansprucht bei optimaler Standortanpassung<br />
der Nutzungen den Landschaftshaushalt nur gering. Es<br />
erfolgt ein Ausgleich durch die F lächennutzungen untereinander,<br />
aber auch durch ein betriebswirtschaftlich bedingtes Recycling.<br />
Der Input von Fremdenergie in das System ist noch vernachlässigbar.<br />
Von der Artenausstattung sind diese Nutzungssysteme<br />
bedingt durch die Vielzahl von Kleinstandorten sehr reich.<br />
Mit dem Einsatz von Fremdenergie und unter ökonomischen<br />
Zwängen einer <strong>Rat</strong>ionalisierung aller Wirtschaftszweige bei billigen<br />
Energiepreisen erfolgte eine Ausbildung immer größerer<br />
einseitig bewirtschafteter Flächen und parallel dazu eine Trennung<br />
der menschlichen Lebensbereiche: Schlafstädte, Industrieund<br />
Erholungsgebiete etc. Ökologisch sind diese Systeme erheblich<br />
vereinfacht und nur mit hohem Aufwand künstlich zu stabilisieren.<br />
Diese Entwicklung führte zu den weltweiten Umweltbelastungen,<br />
die nur durch eine gleichwert ige Berücksichtigung<br />
von Ökologie und Ökonomie in der Planung verringert werden<br />
können.<br />
Analysiert man die Stufen der Landschaftsentwicklung, also unter<br />
dem Gesichtspunkt der Landschaftsbelastung, so ergibt sich<br />
folgende K orrelation:<br />
Einseitige Nutzungen ergaben auch in der Landschaftsgeschichte<br />
in den meisten Fällen Landschaftsbelastungen, die durch eine<br />
differenzierte Bodennutzung abgemildert werden konnten.<br />
Speziell der Einsatz von sehr viel erschöpfbarer Zusatzenergie ermöglicht<br />
die Bildung monostrukturierter großer Räume. So ist<br />
die regionale Spezialisierung in der La ndwirtschaft auf wenige<br />
Nutzungen (z.B. großflächiger Maisanbau) nur durch den Einsatz<br />
von Maschinen, deren Herstellung Energ ie kostet, und die mit<br />
fossilen Treibstoffen betrieben werden, möglich. Dadurch ergibt<br />
sich umgekehrt erst das Abfallproblem: Verbrennen von<br />
Stroh auf der einen Seite, Entsorgungsprobleme bei der Massen·<br />
tierhaltung auf der anderen. Analog lief die industrielle Entwicklung.<br />
Wir haben in diesem System also ein hohes Maß an Energie<br />
und Material, Wasser und Abwassertransport. Diese Systeme sind<br />
ökologisch und ökonomisch instabil (krisenanfällig) . Dies zeigt<br />
zum Beispiel die Arbeitsplatzentwicklung einer Stadt, die auf<br />
konventionelle Uhrenherstellung eingestellt ist und von der Entwicklung<br />
elektr onischer Schaltwerke überrascht wird.<br />
Natürlich ist nicht jede Flächennutzung gleich umweltbelastend,<br />
wir haben ebenfalls vereinfacht in Mitteleuropa eine Zunahme<br />
der Umweltbelastungen durch Nut zungen in folgender Reihenfolge<br />
(Ausgangssituation „ Urwald"):<br />
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