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Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege

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Herbert An t<br />

Die ökologischen Bedingungen der Stadtfauna<br />

Die Verbreitung von Pflanzen und T ieren ist von zahlreichen,<br />

unterschiedlichen Faktoren abhängig; diese Beziehungen zeigen<br />

sich auch in Siedlungsbereichen. Ausgehend vo m Biotop, der<br />

Lebensstätte, in dem eine Biozönose (Lebensgemeinschaft)<br />

lebt, erhält man das Ökosystem. Während der Biotop durch abiot<br />

ische Faktoren zu erfassen ist. wird die Biozönose stärker geprägt.<br />

Städtische Bereiche sind in ähnlicher Weise w ie etwa<br />

ein Wald oder ein See als Ökosysteme anzusehen; es ist hier sogar<br />

leichter, entsprechende Zusammenhänge zu erkennen (z.B.<br />

Biotope abzugrenzen), da in den Städten allein schon durch die<br />

Bebauung faßbare Grenzen des Biotops gegeben sind. Neben<br />

den natürlichen oder naturnahen Ökosystemen stehen die mehr<br />

ku lturbetonten Systeme, die sich in etwa folgenden drei Gruppen<br />

zuordnen lassen:<br />

Agro-ökosysteme<br />

ruderale Ökosysteme<br />

urbane Ökosysteme.<br />

Die Agro-ökosysteme umfassen die Acker, Felder. Wegraine,<br />

Gebüschreste etc.; sie könnten z.T. sehr lab il sein und sich jährlich<br />

wieder neu aufbauen (z.B. Ackerfluren); andere dagegen<br />

sind wiederum ziemlich stabil (z.B. Gebüsche, Lesesteinhaufen).<br />

Die Ruderalfluren zeichnen sich durch ein hohes Nährstoffangebot<br />

aus; die d ort wachsenden Pflanzen sind vielfach Mastformen.<br />

Die eigentlichen urbanen oder Stadt-Ökosysteme werden<br />

weniger von den in ihnen lebenden Biozönosen geprägt als vielmehr<br />

durch die Biotrop-Struktur. Ein größerer Wald kan n beisp<br />

ielsweise verschiedene Zoozönosen (und auch Phytozönosen)<br />

enthalten. ohne daß bei oberflächlicher Betrachtung wesent liche<br />

und auffällige Unterschiede f estgestellt werden können. In Siedlungsbereichen<br />

dagegen steht die Struktur, zum Beispiel durch<br />

Bebauung, durch Straßenzüge, Mauern oder dgl., im Vordergrund.<br />

Es hat daher schon verschiedene Versuche gegeben, diesen<br />

städtischen Komplex vom Biotop her zu gliedern. Für mitteleuropäische<br />

Städte scheint im terrestrischen Bereich folgende<br />

Gliederung zweckmäßig:<br />

Bereich 1: Gartenanlagen m it kleineren Obstbaumpflanzungen<br />

( Kleingärten)<br />

Bereich II: Villenviertel mit größeren Gärten<br />

Bereich 111 : Parkan lagen mit freien Rasenflächen<br />

Bereich I V: Geschlossene Siedlungen mit Gärten<br />

Bereich V: Geschlossene A ltbausiedlungen ohne Gärten, aber<br />

mit alten Hinterhöfen<br />

Bereich VI: Geschlossene Neubausiedlungen ohne Gärten,<br />

aber mit Einzelbäumen und Blumenkästen<br />

Bereich V I 1: großflächige Industrie- und Gewerbeflächen<br />

(auch Bahnkörper)<br />

Bereich V 111 : eigent liche Häuser (das Hausinnere)<br />

a) Altbauten mit überwiegend Ho lz als Baustoff<br />

b) Neubauten mit überwiegend Kunstst off und<br />

Beton.<br />

Diese Bereiche werden geprägt durch die Biotopstruktur und die<br />

in diesen Biotopen wirksamen Biotopfaktoren abiot ischer Art.<br />

Es soll hier nur kurz auf folgendes hingewiesen w erden: Die<br />

Temperatur ist in allen städtischen Bereichen erhöht; Städte<br />

w ie Häuser stellen daher größere oder kleinere Wärmeinseln dar.<br />

Die Erwärmung macht sich selbst in der Tiefe im Grundwasser<br />

unter bebauten Fläc hen bemerkbar. A ls weiterer w ichtiger<br />

abiotischer Faktor gewinnt die Bodenfeuchtigkeit in städtischen<br />

Bereichen für die t ierische Besiedlung zunehmend an Bedeutung,<br />

da die Böden in den Siedlungsbereichen mehr und mehr versiegelt<br />

werden. Während früher größere Flächen (z.B. Ortsmittelpunkte,<br />

Parkplätze) noch mit fugenreichem Kopfsteinpflaster<br />

versehen waren, werden heute großflächige Asphaltdecken bevorzugt.<br />

Dadurch kommt es zu erhebl ichen Störungen des Wasserhaushaltes.<br />

D emzufolge nimmt die Zahl der Arten m it höheren<br />

Ansprüchen an die Feuchtigkeit in den Städten ab. Günstige<br />

Verhältnisse liegen daher noch in den Gärten vor. Von den weiteren<br />

abiotischen Faktoren zeigt das Licht in Siedlungsbereichen<br />

gegenüber dem Wald oder Gebüsch kaum Untersch iede; allerdings<br />

ist der UV-Anteil in den Städten geringer. Wichtig ist die<br />

Feststellung, daß es in den Städten - w ie in natürlichen oder<br />

naturnahen Bereichen - helle und dunkle Habitats gibt. Durch<br />

die Versiegelung d es Bodens wird in den Städten weiterhin die<br />

Bodenstruktur erheblich beeinflußt, so daß zahlreiche bodenbewohnende<br />

Arten (z.B. Regenwürmer oder Schnecken) keine<br />

Lebensbedingungen mehr finden. Bedeutungsvolle Änderungen<br />

sind auch im Bodenchemismus festzustellen. Neben· der allgemeinen<br />

Eutrophierung in den Randzonen durch übermäßige<br />

Düngung ·mit Phosphaten und stickstoffhaltigen Düngemitteln<br />

ist vor allem eine star ke Anreicherung mit Natriumchlor id (NaCI,<br />

Kochsalz) zu beobachten. An d en Landstraßen ist die Salzanreicherung<br />

seit langem bekannt und durch das Auftreten von<br />

Halophyten gekennzeichnet. In den Städten selbst läßt sich bislang<br />

ein Einfluß auf die pflanzliche oder tierische Besiedlung<br />

noch nicht nachweisen; möglicherweise ist die Bodenstruktur zu<br />

ungünstig.<br />

Im folgenden sollen die einzelnen städtischen Bereiche im Hinblick<br />

auf die Fauna näher betrachtet werden.<br />

Bereich 1: In Gärten und kleineren Obstplantagen an den Stadträndern<br />

ist der Bod en noch wenig verdichtet; der Boden zeigt<br />

noch eine hohe b iologische Aktivität; der Wasserhaushalt ist<br />

kaum gestört. Weitere Kennzeichen dieses Bereiches sind: Geringe<br />

Bebauung, hohes Nahrungsangebot, humusreicher Boden.<br />

Für die tierische Besiedlung resultiert daraus ein reiches Vogelleben<br />

und eine reiche Insektenfauna. Es treten noch zahlreiche<br />

Wildbienen-Arten auf. Da vielfach sowohl bei den Obstbäumen<br />

wie auch bei den Sträuchern eine spezielle Auswahl getroffen<br />

wird, sind die 1 nsekten durch entsprechende Nahrungsspezia-<br />

1 isten vertreten. Es kann daher auch zum massenhaften Auftreten<br />

von Schädlingen kommen. Von den Gartenbesitzern werden<br />

daher vielfach Insektizide angewandt, die gelegentlich infolge<br />

Unkenntnis in zu hoher Dosis gespritzt werden. Dadurch entstehen<br />

insgesamt in d iesem Bereich relativ instabile Ökosysteme;<br />

die Ökosysteme der Zone 11 sind stab iler. Ein Beispiel für ein einfaches<br />

Abhängigkeitsverhältnis (Räuber-Beute-Verhältnis) ist das<br />

Auftreten von Blatt läusen und Marienkäfern bzw. deren Larven.<br />

Der Bereich 1 ist durch zahlreiche Säugetiere (Mäuse. Spitzmäuse,<br />

Igel, Wiesel. Kaninchen) gekennzeichnet. Ornit holog isch<br />

ist der Bereich durch das Auftreten von Zaungrasmücken, Amsel<br />

und Grünfink ausgezeichnet.<br />

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