Scan (40 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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hygienischen Untersuchungen haben unter anderem ergeben,<br />
daß sich bei stabilen Wetterlagen und den hierbei häufig auftretenden<br />
Sehwachwinden aus südöstlicher Richtung die nächtliche<br />
Ausstrahlung und die damit verbundene Kaltluftbildung bzw.<br />
-ansa.mmlung stark bemerkbar macht und die Funktion der Täler<br />
und Rinnen als Kaltluftsammelgebiete deutlich in Erscheinung<br />
treten läßt. Nächtliche Temperaturunterschiede zwischen dem<br />
dicht bebauten Stadtgebiet und den Rinnenlagen unmittelbar<br />
am Stadtrand von 6 °c sind dabei keine Seltenheit. Die Untersuchungen<br />
ergaben auch, daß unbebaute Hänge gegenüber unbebauten<br />
Rinnenlagen einen wesentlich günstigeren Luftaustausch<br />
aufweisen. Auch zeigte sich, daß bewaldete bzw. bebaute Rinnen<br />
ungünstigere klimatische und lufthygienische Bedingungen aufweisen<br />
als bewaldete bzw. bebaute Hänge.<br />
An den im Süden und Westen des Kessels gelegenen, zum großen<br />
Teil bewaldeten Hängen befinden sich die Quellbereiche zahlreicher<br />
Wasserläufe. Die von ihnen gebildeten Täler verlaufen<br />
überwiegend in nördlicher Richtung und durchziehen in einem<br />
verhältnismäßig geringen Abstand voneinander das eng bebaute<br />
Stadtgebiet und das stadtnahe Umland. Die natürlichen Eigenschaften<br />
dieser Täler haben dazu beigetragen, daß Tatabschnitte<br />
stellenweise unbebaut geblieben sind. So entstand im Aachener<br />
Süden eine sternförmige Stadtstruktur. Offene Bereiche der Rinnenlagen<br />
reichen bis an den Rand des Stadtkerns heran und<br />
belüften bei stabilen, austauscharmen Wetterlagen noch Teile<br />
dicht bebauter Wohngebiete. Eine wirksame Be- und Entlüftung<br />
des etwa in der Mitte des Kessels gelegenen Stadtkerns wird<br />
durch diese Täler jedoch nicht mehr erreicht. Die Täler querende<br />
Bahn- und Straßendämme und eine oftmals dichte Bebauung der<br />
Talsohle unterbinden schon weit vor dem eigentl ichen Stadtkern<br />
die bis zu diesen Anlagen noch günstigen Luftaustauschver hältnisse.<br />
Umso mehr muß darauf geachtet werden, die heute gegebenen<br />
stadtklimat ischen und lufthygienischen Auswirkungen<br />
des Stadtumlandes auf die Stadt nicht noch weiter zu verschlechtern.<br />
Da von den zwischen eng bebauter Stadt und Stadtwald gelegenen<br />
offenen, überwiegend als Grünland oder Rasen genutzten<br />
Hängen und den aus diesem Gebiet kommenden zahlreichen Rinnenlagen<br />
die wirksamste Belüftung des Stadtgebietes ausgeht,<br />
müssen diese Räume weiterhin offen und damit der landwirtschaftlichen<br />
Nutzung oder einer ihr ähnlichen Nut zung vorbehalten<br />
bleiben. Bedauerlicherweise wird jedoch dieser Umlandbereich<br />
mehr und mehr mit Wohnhäusern zugebaut.<br />
Auch in mehr oder weniger ebenem Gelände können ähnliche<br />
Ventilationsbahnen in Richtung Stadtkern eine klimatische<br />
und lufthygienische Entlastung bewirken. Diese Verhält nisse<br />
trafen z.B. noch vor wenigen Jahren für einen im Osten des Kes·<br />
sels gelegenen, ehemals großen, landwirtschaftlich genutzten Umlandbereich<br />
zu. Während bei stabi len Wetterlagen mit Schwach-<br />
winden aus östlicher Richtung aus den im Osten der Stadt ge1e'<br />
genen Ortsteilen Haaren und Eilendort verhältnismäßig warme<br />
Luft herangeführt wird, war in dem südöstlich der Autobahn<br />
zwischen Verlautenheide und Europaplatz gelegenen, offenen<br />
Umlandbereich eine merkliche Temperaturerniedrigung feststellbar.<br />
Dies bedeutete, daß der gesamten Freifläche südöstlich der<br />
Autobahn besonders bei Ostwetterlagen, die seh r häufig mit stabilen,<br />
austauscharmen Situationen verbunden sind, zumindest<br />
für den Ostteil der Stadt eine nicht zu unterschätzende Belüftungsfunktion<br />
zukam. Am Ostrand Aachens sind jedoch im<br />
Kessel in den Jahren nach 1950 ausgedehnte Gewerbe- und Industriegebiete<br />
entstanden, die inzwischen große Teile der dort<br />
bis dahin noch offenen Umlandbereiche einnehmen und deren<br />
günstige stadtklimatische und lufthygienische Wirkung mehr oder<br />
weniger aufheben.<br />
Es ist nicht auszuschließen, daß bei dieser Entwicklung ein<br />
alter, doch fehlerhafter stadtplanerischer Grundsatz Pate gestanden<br />
hat. Danach sollten emittierende Industrie- und Gewer-<br />
begebiete nicht im Westen, sondern im Osten einer Stadt angesiedelt<br />
werden. Da im atlantischen Klimabereich die Winde am<br />
häuf igsten aus Westen und Südwesten wehen (Hauptwindrichtung),<br />
war der Gedanke, Wohngebiete von Luftverunreinigungen<br />
durch im Westen vorgelagerte Industriegebiete zu verschonen,<br />
nicht abwegig. Doch wurde nicht bedacht, daß die lufthygienisch<br />
kritischen Hochdruckwetterlagen überwiegend mit Sehwachwinden<br />
aus östlicher Richtung verbunden sind. Das heißt, Luftverunreinigungen<br />
aus östlich einer Stadt gelegenen Industrie<br />
werden in hoher Konzentration langsam in Richtung Westen über<br />
das Stadtgebiet geschoben und abgelagert. Während also die häufiger<br />
auftretenden T iefdruckwetterlagen mit überwiegend starkem<br />
und t ubulentem Luftaustausch aus westlicher Richtung für<br />
eine weite Verteilung der Luftverunrf!inigungen sorgen, sind die<br />
austauscharmen Hochdruckwetterlagen im Falle von östlich einer<br />
Stadt angesiedelten Industrie ungleich be lastender ( Gas s n er,<br />
Göb, lsenbe r g, Klemmer, von Malch us,<br />
Pf 1 u g, R ie mann, V o i g t, Schuster und St o 1 z<br />
1974).<br />
Unter diesem Gesichtspunkt muß bedacht werden, daß unbebau·<br />
tes, zur Belüftung einer Stadt unbedingt notwendiges offenes<br />
Gelände im stadtnahen Umland durch das Einbringen von starken<br />
Emittenten wie Industrie, verkehrsreiche Straßen und Wohnsiedlungen<br />
in seiner günstigen k limatischen und lufthygienischen<br />
Wirkung eingeschränkt wird. Auch haben die Untersuchungen ergeben,<br />
daß es für eine Stadt wie Aachen notwendig ist, sowohl<br />
innerhalb der Stadt ausreichend große, noch günstige stadtklimatische<br />
und lufthygienische Funktionen ausübende Freiräume<br />
als auch, aus dem gleichen Grund, ausgedehnte unbebaute Umlandbereiche<br />
zu besitzen. Um günstige landschaftsöko logische<br />
Wirkungen zu erzielen, müssen die Umlandbereiche im allgemeinen<br />
um ein Mehrfaches größer sei n als die b ebauten Gebiete.<br />
Die stadtklimatischen A uswirkungen von Wäldern im Umland<br />
der Städte sind noch wenig erforscht, im Vergleich zu offenen,<br />
landwirtschaftlich genutzten Flächen jedoch im allgemeinen<br />
geringer einzuschätzen. Die Windgeschwindigkeit liegt im Wald<br />
niedriger als im offenen Gelände. Dadurch ist auch eine stärkere<br />
Einschränkung des Luftaustausches gegeben. Bei austauschstärkeren<br />
und kühleren Wetterlagen weist der Wald im allgemeinen<br />
·wärmere Temperaturen als das Freiland auf. Bei ausgesprochenen<br />
Hochdruckwetterlagen werden im Wald tagsüber<br />
im allgemeinen erheblich kühlere Temperaturen gemessen als im<br />
Freiland {P f 1 u g 1975). Diese küh lere Luft fließt in das Freiland<br />
nur unter besonderen Umständen ab (z.B. in einem Hang<br />
mit Beständen, die einen offenen Stammraum und einen offenen<br />
Waldrand aufweisen) und wirkt sich auch dort nur in unmittelbarer<br />
Nähe des Waldes aus. Die stadtklimatischen Wirkungen<br />
des Waldes sind daher begrenzt. Sie hängen auch eng mit den<br />
Eigenschaften der Standorte, auf denen der Wald stockt, {z.B.<br />
Rir-inen- oder Hanglagen, trockene und warme oder feuchte und<br />
kühle Standorte) und dem Aufbau, dem A lter und den Holzarten<br />
der Bestände zusammen. Die staub- und abgasfilternde<br />
und -bindende Wirkung von Waldgebieten innerhalb und im Umland<br />
der Städte ist als beträchtlich anzusehen.<br />
Die Grundwässer unter dem bebauten engeren Stadtgebiet im<br />
Kessel sind stark verunreinigt und kommen seit Mitte des vorigen<br />
Jahrhunderts für eine Nutzung als Trink- und Brauchwasser<br />
kaum noch infrage. Etwa seit dieser Zeit wird die Stadt aus<br />
de·m unbebauten Umland mit Wasser versorgt. Im Süden des<br />
Aa'chener Kessels haben sich unter Sandböden größere Grund·<br />
wasservorkommen gebildet, die in zahlreichen Quellen am Rande<br />
dieses Gebietes zutage treten und die einzigen, leicht zugänglichen<br />
und sauberen, größeren Wasservorräte im Bereich des engeren<br />
Stadtgebietes darstellen. Sie wurden auch früher für im<br />
Aachener Süden gelegene Gewerbebetriebe (u.a. Tuchfabriken<br />
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