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Allgemeine Mikrobiologie

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116 4Viren<br />

Box4.2 ViraleVektoren<br />

Als virale Vektoren verwendet man gerne<br />

Varianten der Leukämieviren der Maus<br />

(MLV). Sie haben die für die Integration ins<br />

Genom der Wirtszelle erforderlichen Longterminal-Repeat-Sequenzen<br />

und die für die<br />

Verpackungverantwortliche C-Sequenz(Abb.<br />

4.16). Die für Virusgene codierenden Sequenzen<br />

sind durch die Fremdgene und<br />

deren Kontrollsequenzen ersetzt, die man<br />

indieZellenübertragenmöchte.DieVektorsequenzen<br />

werden in normale Virushüllen<br />

verpackt und finden damit ungehindert<br />

über Absorption an Oberflächenproteine<br />

ihren Weg in die Zielzellen. Dort werden<br />

sie entpackt, das RNA-Genom wird in DNA<br />

umgeschrieben und diese dann stabil in<br />

eine der zur Verfügung stehenden Stellen<br />

imGenomintegriert.DieserVorganggarantiert<br />

eine permanente Präsenz des übertragenen<br />

Genmaterials. Da der Vektor keinerlei<br />

Information zur Bildung von viralen<br />

Komponenten mehr enthält, scheint dieses<br />

ein recht sicherer Weg für die gewünschte<br />

Therapie zu sein. Nachteilig ist es jedoch,<br />

dass der Integrationsort der umgeschriebenen<br />

DNA nicht vorausbestimmt werden<br />

kann und es folglich auch zur Zerstörung<br />

wichtiger Genabschnitte kommen kann.<br />

Weiterhin kann es durch Rekombination<br />

mit den im menschlichen Genom bereits<br />

vorhandenen Überbleibseln retroviraler Elemente<br />

zur Mobilisierung der Fremdgene<br />

kommen.<br />

Eine zweite Variante gentherapeutischer<br />

Vektoren leitet sich von den Adeno-assoziierten<br />

Viren ab (Kap. 4.7.3). Hierbei<br />

handelt es sich um ssDNA-Viren, die sich<br />

ortsspezifisch in das Wirtsgenom integrieren.DadurchwirddieGefahrderZerstörung<br />

wichtigerWirtsgenereduziert.<br />

überzweiverschiedeneMechanismenindieZellegelangen.Entweder<br />

verschmilztdieLipidmembranmitderZellmembrandesWirtsunddas<br />

NukleokapsidgelangtdirektinsCytoplasma(wiez.B.beimhumanenImmundefizienzvirusHIV)oderdasandenRezeptorgebundeneViruswird<br />

über Endocytose in die Zelle aufgenommen, wo es anschließend mit<br />

einemEndosomfusioniert,indessensauremMilieudasVirusentpackt<br />

wird.DieviralenKomponenteneinschließlichdesGenomswerdendann<br />

ansCytoplasmaabgegeben(z.B.beimmurinenLeukämievirusMLV).<br />

RundvierbisachtStundennachderInfektionbeginntdieReplikation<br />

derRNAmitdemUmschreibenineinRNA-DNA-Hybriddurchdievom<br />

Virus mitgebrachte Reverse Transkriptase. Dabei dient die an virale<br />

RNA gebundene tRNA als Primer. Danach integriert die ebenfalls vom<br />

VirusmitgebrachteIntegrasedasviraleds-DNA-Genomüberdieflankierenden<br />

Sequenzen in das Wirtsgenom. Dabei entstehen die sog. Long<br />

TerminalRepeats(LTRs),diedasviraleGenomimWirtsgenombegrenzen<br />

(Abb. 4.16b). Das integrierte Genom des Virus wird auch als Provirus<br />

bezeichnet.DieIntegrationistnachallgemeinenVorstellungeneinstochastischesEreignis,dasjedochdurchlokaleAktivitäts-undPackungszuständedesChromatinsbeeinflusstwird.<br />

Nach der Integration wird die Transkription durch die wirtseigene<br />

RNA-PolymerasevomLTRausgestartetundeinlangesplus-Strang-RNA-<br />

Transkriptgebildet,dasdanninkürzerefunktionaleAbschnittegespleißt<br />

wird.DieProduktedesenv-GenswerdenindieZellmembraneingelagert.<br />

Daspol-GenwirdineinlangesVorläuferproteintranslatiert,ausdemsich<br />

dieProteaseselbstherausschneidet.Diesezerlegtanschließenddasgag-<br />

Vorläuferprotein in die Nukleokapsidproteine. Aus dem pol-VorläuferproteinwerdenaußerdemdieIntegraseunddieReverseTranskriptase<br />

freigesetzt.DieReverseTranskriptasewandertzusammenmitanderen<br />

Virusenzymen und zwei ungespleißten Kopien der Retrovirus-RNA in<br />

dasCytoplasmaundvonhierauszurMembran,wodasViruspartikelzusammengebautwird.DasfertigeVirusverlässtdieZelledurchKnospung.<br />

Dadurch erhält das endgültige Partikel eine Lipidmembranhülle aus<br />

Wirtszell-Lipiden (Abb. 4.17). In manchen Fällen kann ein Retrovirus<br />

auchzelluläreGene(Onkogene)inseinemGenommitnehmenundsich<br />

dadurchunterUmständenineintumorinduzierendesVirusverwandeln.<br />

Soz.B.beimRous-Sarkom-Virus.<br />

DerWirtsbereicheinesRetroviruswirddurchdieEigenschaftender<br />

Rezeptorenauf derOberfläche derWirtszelle und denGlykoproteinen<br />

in der viralen Lipidhülle bestimmt. Einige Retroviren vermehren sich<br />

ausschließlich in einem Wirt, andere in mehreren Wirten sogar auch<br />

verschiedener Arten. So kann sich das Leukämievirus der Katze auch<br />

sehrgutinmenschlichenZellenvermehren.<br />

ZurÜbertragungvonGenenimMenschenoderimTiermodellverwendet<br />

man gernevirale Vektoren,weil diese auf Grund ihrer Natur den<br />

schnellstenWegzumZielimZellinnerenselberfinden(Box4.2).OftverwendetmandazuAbkömmlingevonRetroviren,Adenoviren(s.S.109)<br />

oderAdeno-assoziiertenViren,diemitzusätzlichenPlasmidbausteinen<br />

zuVektorenkombiniertwerden.DieseVektorenkönnenzurGentherapie<br />

verwendetwerden(Plus4.4).DadieRetrovirenleichtzurTumorbildung<br />

führen,müssensiezuvorsomanipuliertwerden,dassdieseGefahrausgeschlossenwerdenkann.<br />

Aus Fuchs, G. : <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong> (ISBN 978-313-444608-1) © Georg Thieme Verlag KG 2007<br />

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