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Allgemeine Mikrobiologie

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358 12MikrobielleGärungen<br />

Plus12.7 Starterkulturen<br />

inderMilchwirtschaft<br />

Eine typische Starterkultur für Dickmilch<br />

oder Sauerrahmbutter enthält z.B. Stämme<br />

von Lactococcus lactis und Leuconostoc cremoris,<br />

die für die Säuerungund die Bildung<br />

des Butteraromas (Diacetyl) sorgen. Dickmilch,<br />

Sauerrahm oder Buttermilch werden<br />

mit Kulturen der oben genannten mesophilen<br />

Milchsäurebakterien hergestellt. Dagegenbestehtdie„klassische“Joghurtkultur<br />

aus den thermophilen Arten Lactobacillus<br />

bulgaricus und Streptococcus thermophilus,<br />

die Milchzucker bei 43–45 hC bereits nach<br />

wenigen Stunden vergären. Daneben wird<br />

heuteeineVielzahlweitererverwandterProdukte<br />

angeboten, wie verschiedene Arten<br />

vonleichtbekömmlichenSauermilcherzeugnissen,diemeistmitKulturenvonLactobacillusacidophilus,LactobacilluscaseioderBifidobakteriengesäuertsind.Daalle<br />

diese Arten<br />

zur normalen menschlichen Darmflora gehören,<br />

schreibt man diesen Produkten eine<br />

gesundheitsfördernde, „probiotische“ Wirkung<br />

zu. Weitere Sauermilchspezialitäten<br />

sind Kefir und Koumiss, die aus Milch von<br />

verschiedenen Nutztieren durch eine gemischte<br />

Milchsäure- und alkoholische Gärunghergestelltwerden.TypischeKefirkulturen<br />

bestehen aus Hefen unddiversen Arten<br />

der Gattungen Lactobacillus, Streptococcus<br />

undLeuconostoc,Koumisskulturenenthalten<br />

normalerweise Lactobacillus bulgaricus und<br />

Torula-Hefen.<br />

(Chymosin,Rennin)zugesetzt,dasdurchproteolytischeAbspaltungeines<br />

hydrophilenFragmentsdesCaseinszurbesserenProteinausfällungbeiträgt.JenachKäsesortewirdmitmesophilen(20–30<br />

hC)oderthermophilenMilchsäurebakterien-Kulturen(32–45<br />

hC)gearbeitet.Erstereenthalten<br />

z.B. Lactococcus lactis oder Leuconostoc cremoris, letztere Streptococcus<br />

thermophilus, Lactobacillus bulgaricus oder Lactobacillus helveticus. Der<br />

KäsebruchwirdmitderKäseharfeinverschiedengroßenStückegeschnitten,dannerfolgtRühren,ErhitzenundEntwässern.JenachAufbereitungsmethodeunddenMengenderdabeiaustretendenMolkebekommtman<br />

zunächstFrischkäseverschiedenerKonsistenz(z.B.QuarkoderHüttenkäse),dannauchreifeKäsesortenmitunterschiedlichemCharakter.Zur<br />

KäseherstellungwirdFrischkäseinFormengepresstundgesalzenund<br />

zurweiterenReifunginkubiert(Abb.12.7).DabeisindjenachSorteweitereMikroorganismenbeteiligt,z.B.Propionsäurebakterien(Schweizer<br />

Käse),Brevibacterium-ArtenundHefen(„Rotschmierekulturen“,z.B.beim<br />

Limburger)oderSchimmelpilze(CamembertoderRoquefort),diefürdie<br />

großenUnterschiedederKäsesortenverantwortlichsind(Abb.12.8).<br />

Sauerteig<br />

MilchsäurebakterienwieLactobacillusplantarum,Lactobacillusbrevisoder<br />

Lactobacillus fermentum bilden zusammen mit Hefen (Gattungen Saccharomyces,Torulopsis,Candida)dieFloradesSauerteigs,derbesonders<br />

alsTriebmittelundQuellungsmittelbeimBackenvonRoggenteignötig<br />

ist. Daneben bewirkt die Sauerteig-Gärung erst die Ausprägung vieler<br />

GeschmacksstoffedesBrotes.<br />

Rohwurst<br />

Alle Arten von Rohwurst (z.B. Salami, Cervelat) werden durch MilchsäuregärungunddiedadurcherzielteAnsäuerunghaltbargemacht.Die<br />

Milchsäure wird dabei durch Vergärung des Glykogens des Fleisches<br />

gebildet. Neben Milchsäurebakterien (Lactobacillus-Arten) sind hier<br />

auch Micrococcus- und Staphylococcus-Arten und in einigen Fällen<br />

Schimmelpilze der Gattung Penicillium (weißer Belag der Außenseite)<br />

beteiligt.<br />

FermentierteGemüse<br />

Genussmittel<br />

Abb. 12.7 Käseherstellung. Käse, der zur ReifunginRegalengelagertwird,wirdzurKonservierungimmerwiedermitSalzeingerieben(copyright<br />

MaximilianStockLtd/sciencephotolibrary).<br />

Sauerkraut, Salzgurken,Oliven und eineVielzahl andererLebensmittel<br />

werdendurchMilchsäuregärunghaltbargemacht.DieGärungerfolgtin<br />

derRegeldurchdieBakterienflora,diebereitsimgeerntetenPflanzenmaterial<br />

vorhanden ist. Um die Entwicklung von Milchsäurebakterien<br />

zu begünstigen, wird zum frischen Gemüse in der Regel Salz (meist<br />

2–3%NaCl)zugesetzt,dasdieEntwicklungvonFäulnisbakterienhemmt.<br />

InderAnfangsphasewerdendieGärprozessehierbeimeistvonheterofermentativenLeuconostoc-Artendominiert,danachübernehmensäureresistenterehomofermentativeArtenwieLactobacillusplantarum.<br />

BeidenkomplexenFermentationsprozessenvonKaffee-undKakaobohnen<br />

oder der asiatischen Sojasauce tragen Milchsäurebakterien zur<br />

erwünschten Reifung der Produkte bei, wobei hier allerdings andere<br />

BakterienundPilzedieHauptrollespielen.<br />

Aus Fuchs, G. : <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong> (ISBN 978-313-444608-1) © Georg Thieme Verlag KG 2007<br />

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