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Allgemeine Mikrobiologie

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17.8KooperationzwischenMikroorganismen 541<br />

Plus17.7 EinigewichtigeBeispielevonBiofilmen<br />

DieAusbildungvonBiofilmenistnichtnurannährstoffarmen<br />

natürlichen Standorten von Bedeutung. In der Abwasserreinigung<br />

nutzt man spezifisch oberflächenassoziierte Organismen,<br />

um gelöste Verbindungen zu beseitigen (Kap.<br />

19.14.1).AuchimFreiwasser vonSeenundOzeanen istder<br />

Großteil der Bakterien in Aggregaten assoziiert, die man<br />

wegen ihrer Ähnlichkeit zu Schneeflocken als marine snow<br />

oderlakesnowbezeichnet.Anvorübergehendtrockenfallenden<br />

Standorten und auch im Boden schützen Biofilme vor<br />

dem Austrocknen; darüber hinaus bieten sie für Mikroorganismen,dieaufwechselseitigeÜbertragungvonMetaboliten<br />

angewiesensind(Kap.17.8),stabileräumlicheAssoziationen.<br />

InderWechselwirkungmitPflanzenundTierensindnachteilige<br />

(Pathogenese, Zahnbelag) ebenso wie vorteilhafte (Besiedlung<br />

der Hautoberfläche und der Darmschleimhaut) Assoziationenetabliert.BeiderTrinkwasserversorgungsindBiofilme<br />

ein Problem, da sie Wasserverteilungssysteme besiedelnundeinkontinuierlichesReservoir,u.a.fürfakultativpathogeneOrganismen,wieLegionellapneumophila,bieten.Die<br />

bakterielle Besiedlung von Kathetern und Dauerimplantaten<br />

in derChirurgiesind gefürchteteProblemein der klinischen<br />

<strong>Mikrobiologie</strong>, zumal die Organismen in den Filmen sehr<br />

wirksamgegenüberAntibiotikageschütztsind.<br />

Die Bildungvon Biofilmen unterliegtoft einerkomplizierten<br />

Regulation. Gut untersucht ist die Entstehung des Zahnbelags,<br />

die durch Konditionierung der mineralischen OberflächedurchmitdemSpeichelangelieferteorganischeMoleküle<br />

eingeleitet wird. An diesen Film heften sich verschiedene<br />

Bakterien in einer geordneten Abfolge an (Abb. 18.6,<br />

s.S. 580).Die spezifischen Verknüpfungender Zellen untereinander<br />

werden durchLectine undandere Oberflächenproteinevermittelt.<br />

Die cystische Fibrose ist eine Lungenerkrankung, die auf<br />

einer genetisch bedingten mangelhaften Ausbildung einer<br />

oberflächenaktiven Schutzsubstanz im Lungengewebe beruht.<br />

Als Folge kommt es zu einer massiven Besiedlung der<br />

AlveolendurchPseudomonasaeruginosaundanderePseudomonaden.<br />

bildendenMikroorganismenhierzuinderLagesind,kommtesinnerhalb<br />

einersolchenGemeinschaftschnellzueinerfunktionellenDifferenzierung:<br />

Während in der Tiefe vor allem anaerobe Stoffwechselprozesse<br />

dominieren,findetanderOberflächeu.a.eineReoxidationderreduziertenProdukteausdendarunterliegendenSchichtenstatt(Abb.17.8).Bei<br />

genügendgroßerDickewerdenTeiledesBiofilmsdurchScherkräftevon<br />

derOberflächeabgetragen(engl.sloughing)(GinAbb.17.7).EinigewichtigeBeispielevonBiofilmenwerdeninPlus17.7vorgestellt.DieAusbildungvonBiofilmenisteinesvonvielenBeispielen,beidenenMikroorganismenLeistungenvollbringen,zudeneneineeinzelneZellenichtinder<br />

LagewäreunddieeineKoordinationzwischendenEinzelzellenerfordern.<br />

DieRegulationdurchQuorumSensing,dieauchhiereineRollespielen<br />

kann,wirdinKapitel16besprochen.<br />

17.8 KooperationzwischenMikroorganismen<br />

MikroorganismenkönneninverschiedenerWeisemiteinanderwechselwirken.ImLaufderEvolutionhabensichgegenseitigeodereinseitigeAbhängigkeitenherausgebildet,dieoftweitüberdiedurchNahrungsketten<br />

bedingtenBeziehungenhinausgehen.AlssichdiehöherenLebensformen<br />

entwickelten,wurdenauchdiesealspotenziellerLebensraumerschlossen.TiereundPflanzenhabensichineinerUmweltentwickelt,inder<br />

nahezualleprokaryontischenStoffwechseltypenschonvorhandenwaren.<br />

Esistdaherverständlich,dasssichzahlreichepartnerschaftlicheVerhältnisseauchzwischenMikroorganismenunddenhöherenLebensformen<br />

entwickelthaben.DieLebensgemeinschaftvonzweiverschiedenenOrganismenwirdalsSymbioseimweiterenSinnebezeichnet.Dengrößeren<br />

Partnerbezeichnetmanim<strong>Allgemeine</strong>nalsWirt.<br />

HinsichtlichdesrelativenNutzens,dendiePartnerausderSymbiose<br />

ziehen,kannmanzwischenmehrerenKategorienunterscheiden.Hatdie<br />

Lebensgemeinschaft auf beide Partner einen günstigen oder positiven<br />

Effekt,sosprichtmanvonSymbioseimengerenSinneodereinermutua-<br />

Abb.17.8 TrennungvonmetabolischenFunktionen<br />

in einem Biofilm. In den oberen und unteren<br />

SchichtendesFilms,dersichz.B.aufderOberflächeeinesPolymersgebildethat,istdieVersorgung<br />

mitSubstratundSauerstoffunterschiedlich.Daher<br />

trifftmanverschiedeneStoffwechselvorgänge,wie<br />

AtmungundGärung,parallelundinAbhängigkeit<br />

von der Versorgung mit Sauerstoff bzw. mit den<br />

entsprechendenSubstratenan.<br />

Aus Fuchs, G. : <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong> (ISBN 978-313-444608-1) © Georg Thieme Verlag KG 2007<br />

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