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Allgemeine Mikrobiologie

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486 15ProkaryontischeGenetikundMolekularbiologie<br />

Plus15.19 HorizontaleGenübertragung<br />

Fast ein Fünftel der vorhergesagten Proteine von Thermoplasma<br />

acidophilum zeigt größte Ähnlichkeit nicht zu Proteinen<br />

phylogenetischer Nachbarn, sondern zu Proteinen von<br />

Sulfolobus solfataricus. Da die entsprechenden Gene nicht<br />

zufällig im Chromosom verteilt sind, sondern in Gruppen<br />

vorkommen, geht man davon aus, dass wenige Gentransferereignisse<br />

zur Integration von S.-solfataricus-DNA in das<br />

GenomvonT.acidophilumstattgefundenhaben.<br />

Der Vergleich der beiden E.-coli-Stämme K12 und O157:H7<br />

zeigt umgekehrt,dass sich die Genomephylogenetischeng<br />

verwandter Organismen erheblich unterscheiden können.<br />

K12isteinnichtpathogenerStamm,derinvielenLaborsfür<br />

biochemische und molekularbiologische Untersuchungen<br />

benutzt wird und dessen zahlreiche Abkömmlinge für die<br />

Gentechnik unersetzlich sind. O157:H7 dagegen zählt zu<br />

den enterohämorrhagischen E.-coli-Stämmen (EHEC) und ist<br />

einervonvielenhumanpathogenenStämmendieserSpezies.<br />

ErproduziertShiga-ToxineundandereVirulenzfaktoren.Die<br />

Folgen einer Infektion reichen von einer Diarrhö bis zu<br />

schwerwiegenden Krankheitsformen, wie dem hämolytischurämischen<br />

Syndrom (HUS), die vor allem bei Kleinkindern<br />

u.a.durchakutesNierenversagentödlichendenkönnen.Die<br />

Genome von K12(4,63Mb) undO157:H7(5,58Mb) haben<br />

deutlich unterschiedliche Größen. Die zirkulären Chromosomen<br />

beider Stämme besitzen ein gemeinsames Rückgrat<br />

(4,1 Mb) mit sehr ähnlicher Sequenz. Dieses Rückgrat ist<br />

durch viele stammspezifische Sequenzen unterbrochen. Im<br />

pathogenen Stamm O157:H7 handelt es sich dabei um<br />

177 Inseln mit einer Größe von bis zu 88 kb (insgesamt<br />

etwa1,34Mb),indenenbekannteodervermutetePathogenitätsfaktorencodiertsind.ImnichtpathogenenStammK12<br />

sind es 234Inseln (insgesamt etwa 0,53Mb). Bisher ist nur<br />

ein einziger Pathogenitätsfaktor, ein Hämolysin, in K12 bekannt.<br />

Unter normalen Umständen wird das entsprechende<br />

Genjedochnichtexprimiert.Eswirdvermutet,dasshorizontaler<br />

Gentransfer eine wesentliche Rolle für die nach Schätzungen<br />

vor etwa 4,5 Millionen Jahren begonnene, unterschiedliche<br />

Entwicklung der beiden E.-coli-Stämme aus<br />

einem gemeinsamen Vorfahren gespielt hat. Dafür spricht<br />

unteranderemdiegroßeAnzahlvonProphagenundProphagenrelikteninbeidenGenomen(mindestens18in<br />

O157:H7<br />

und 8 in K12). Zwei dieser Prophagen in O157:H7 tragen<br />

dieGenefürdieShiga-Toxine.<br />

taren)vorkommen.EingutuntersuchtesBeispielistauchdieEntstehung<br />

derverschiedenenEscherichia-coli-Stämme,sowieesdieAuswertungder<br />

Genomsequenzennahelegt(Plus15.19).<br />

15.11 Postgenomik<br />

VieleprokaryontischeGenomsequenzensindmittlerweilebekanntund<br />

öffentlichinDatenbankenverfügbarunddieZahlmitöffentlichenProjektmittelnvollständigoderfastvollständigbestimmterGenomsequenzennimmtrapidezu.WeitereGenomewurdenundwerdeninindustriellenEinrichtungenzurkommerziellenNutzungentschlüsselt.DieDaten<br />

stehenderÖffentlichkeitdannnichtodererstzueinemspäterenZeitpunktzurVerfügung.WelcherNutzenkannausdenDatenprokaryontischerGenomprojektegezogenwerden?<br />

Wir haben bereits weiter oben gesehen, dass durch Vergleiche der<br />

DNA-undabgeleitetenAminosäuresequenzengrundlegendeErkenntnisse<br />

überVerwandtschaftundGentransferprozessegezogenwerdenkönnen.<br />

WeiterhinerlaubtdieAnalysederpostuliertenGenprodukteeinesOrganismusVorhersagenüberStoffwechselwegeundspezielleStoffwechselleistungen<br />

mit biotechnologischem Potenzial. Mögliche Pathogenitätsfaktoren<br />

und damit Angriffspunkte für die antimikrobielle Therapie<br />

können durch vergleichende Genomanalyse pathogener Bakterien und<br />

nahverwandterNichtpathogeneridentifiziertwerden.TrotzdieservielfältigenMöglichkeitenhandeltessichdabeiallerdingsimmerumstatischeBetrachtungen,diekeineAussagenüberdieExpressionvonGenen<br />

inbestimmtenUmweltsituationenzulassen.SolcheUntersuchungenkönnen<br />

aber mit Methoden der Transkriptomik und Proteomik durchgeführtwerden.UnterTranskriptomverstehtmandieGesamtheitaller<br />

Transkripte,diezueinemdefiniertenZeitpunktunduntereinerbestimm-<br />

Aus Fuchs, G. : <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong> (ISBN 978-313-444608-1) © Georg Thieme Verlag KG 2007<br />

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