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Allgemeine Mikrobiologie

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10.8UnvollständigeOxidationen 317<br />

10.8 UnvollständigeOxidationen<br />

In manchen Biotopen treten vorübergehend Substrate in sehr hohen<br />

Konzentrationenauf.PflanzensäfteundFrüchteenthaltennebenSäuren<br />

auch viel Zucker, die von säuretoleranten Hefen zu Alkohol vergoren<br />

werden.<br />

Säuretolerante Acetobacter-Arten (Essigsäurebakterien) sind mit<br />

Hefen vergesellschaftet und oxidieren aerob Ethanol unvollständig zu<br />

Essigsäure.SielassensichaufKreideagaranhandderHofbildungleicht<br />

nachweisen,denndasweißeCaCO 3 derKreidewirddurchdiegebildete<br />

Essigsäureaufgelöst.DieAlkoholdehydrogenaseisthiereinperiplasmatisches<br />

PQQ-Enzym. Die Zwischenstufe, Acetaldehyd, wird durch ein<br />

Molybdo-Häm-EnzymzuEssigsäureoxidiert.UnterdiesenBedingungen<br />

wirddieBildungderSuccinatdehydrogenasereprimiert,derCitratzyklus<br />

ist unvollständig. Erst wenn Ethanol als Substrat verbraucht ist, wird<br />

die Succinatdehydrogenase induziert. Die Oxidation der Essigsäure erlaubt<br />

unter den nun sehr sauren Bedingungen ein langsames Wachstum.<br />

MitdieserLebensstrategiewerdenkonkurrierendeaerobeMikroorganismen,welchediehoheEthanol-undZuckerkonzentrationvielleicht<br />

tolerierthätten,durchrascheAnsäuerungferngehalten.EinhoherStoffumsatzkannalsoauchbeigeringerEnergieausbeutesinnvollsein.<br />

EntsprechendesgiltfürdieunvollständigeOxidationvonGlucosezu<br />

GluconsäuredurchGluconobacter-Arten.GlucosewirddurchdasperiplasmatischePQQ-EnzymGlucosedehydrogenasezuGluconatoxidiert.<br />

NureinTeildesGluconatswirdaufgenommenundüberdenoxidativen<br />

Pentosephosphatzyklus zu Glycerinaldehyd-3-phosphat oxidiert. Dieses<br />

wirdüberPyruvatundAcetaldehydzuEssigsäureoxidiert.Dieperiplasmatischen,PQQ-enthaltendenAlkoholdehydrogenasensindrelativunspezifischundoxidierenauchsekundäreAlkoholeunterBildungvonKetonen<br />

oderZuckeralkoholezuAldosenoderKetosen.Durchdieperiplasmatische<br />

Lage der Dehydrogenasen gelangen die Reaktanden selbst bei hoher<br />

Konzentration nicht in die Zelle. Vielmehr werden die Produkte ausgeschieden.DieseProzessewerdenbiotechnologischbeiderHerstellung<br />

vonSpeiseessig,vonGluconsäure,sowiefürdieOxidationvonD-Sorbitol<br />

(=D-Glucitol)zuL-Sorbose,eineZwischenstufederindustriellenSynthese<br />

von Vitamin C (Ascorbinsäure), genutzt. Aspergillus-Arten und andere<br />

Pilze scheiden dagegen Glucoseoxidase aus, die Elektronen werden<br />

unterBildungvonH 2 O 2 aufSauerstoffübertragen.DasgebildeteGluconolacton<br />

wird spontan oder enzymatisch zu Gluconat hydrolysiert. H 2 O 2<br />

wirddurchKatalasezerstört.<br />

Plus10.14 Dehalorespiration<br />

Verschiedene anaerobe Bakterien können<br />

aus der reduktiven Dehalogenierung von<br />

chlorierten Verbindungensogar Energie gewinnen.<br />

Das bekannteste Beispiel ist Tetrachlorethylen<br />

(Cl 2 C=CCl 2 ), das in großem<br />

MaßstabbeiderchemischenReinigungeingesetzt<br />

wird (Abb.). Tetrachlorethylenreduzierende<br />

Bakterien oxidieren Wasserstoff,<br />

Ameisensäure oder auch Essigsäure und<br />

übertragen zwei Elektronen auf die membrangebundene<br />

Tetrachlorethylen-Reduktase,<br />

ein Vitamin-B 12 -Enzym. Aus der Tetrachlorverbindung<br />

entsteht unter Abspaltung<br />

von zwei Cl – das cis-Dichlorethylen. Im<br />

ZugedesElektronentransportswirdeinelektrochemischer<br />

Protonengradient aufgebaut,<br />

der von der ATP-Synthase zur Synthese von<br />

ATPgenutztwird.Diese sogenannteDehalorespiration<br />

ist ein Sonderfall einer anaeroben<br />

Atmung. Alkylchloride und Arylchloride<br />

haben ein Redoxpotenzial im Bereich<br />

von+250–+580mV,sindalsoguteElektronenakzeptoren.<br />

Dehalorespiration,eineFormderanaeroben<br />

Atmung,amBeispielvonTetrachlorethylen.<br />

Zusammenfassung<br />

y Mikroorganismen können als Destruenten im Kreislauf des KohlenstoffsallenatürlichenorganischenVerbindungenalsEnergie-und<br />

Kohlenstoffquellenutzen.Mansprichtvom„Prinzipderbiologischen<br />

Unfehlbarkeit“.<br />

y VomanaerobenAbbauausgenommensindLigninundeinGroßteilder<br />

Kohlenwasserstoffe.DerenAnhäufunginSedimentenhatzurBildung<br />

vonfossilenKohlenstoffverbindungengeführt.<br />

y Die eigentlichen organischen Substrate der Mikroorganismen sind<br />

meist komplexe Verbundstoffe aus mehreren großen Biopolymeren.<br />

Sie müssen zuerst durch Exoenzyme in ihre monomerenBausteine<br />

oderinoligomereBruchstückezerlegtwerden.Exoenzymeerlauben<br />

Aus Fuchs, G. : <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong> (ISBN 978-313-444608-1) © Georg Thieme Verlag KG 2007<br />

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