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Didaktische Konzepte und Veranschaulichungsmittel zum - BSCW

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Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Doris Vogel-Müller<br />

Masterarbeit<br />

Die Zählstrategien, welche blinde Kinder anwenden erklärt Csocsán folgendermassen:<br />

Es gibt keine Zählstrategien, die „blindenspezifisch“ sind; es gibt aber einige Strategien, die blinde Kinder häufiger<br />

verwenden, als dies die sehenden Mitschüler tun. Kognitive Kompetenzen wie Übertragung, Analogien feststellen,<br />

Verallgemeinerungen, Konsequenzen ziehen, logisch denken, Abstraktionen bilden, argumentieren usw.<br />

sind auch ohne visuellen Input möglich. (Csocsán, 2007).<br />

Wenn es um die Eins-zu-Eins-Zuordnung geht, ist es aber notwendig, die zu zählende Menge zu struk-<br />

turieren, um das Zählen übersichtlich zu machen, nichts auszulassen oder doppelt zu zählen. In einer<br />

Untersuchung von Sicilian zur Entwicklung des Zählens bei blinden Kindern zeigt sich klar, dass beim<br />

taktilen Zählen im Vergleich <strong>zum</strong> visuellen eine Schwierigkeit hinzukommt (vgl. Sicilian 1988, S. 331ff.).<br />

Mengen taktil zu strukturieren ist anspruchsvoller als visuell. Die Umstände des Tastens bei blinden<br />

Kindern haben unmittelbaren Einfluss darauf, ob eine simultane Mengenerfahrung stattfinden kann.<br />

Somit spielt die Entwicklung angemessener Taststrategien eine grosse Rolle <strong>und</strong> sie beeinflusst die<br />

Entwicklung des Zählens.<br />

2.5.3 Finger als Zähl- oder Rechenwerkzeuge<br />

Über Jahrtausende hinweg zählte <strong>und</strong> rechnete der Mensch mit den einfachsten Mitteln, die ihm zur<br />

Verfügung standen, mit seinen Fingern. Die Finger dienen auch heute noch als Zähl- <strong>und</strong> Rechenhilfs-<br />

mittel. Offenbar gibt es eine enge Verbindung zwischen unseren Zahlvorstellungen <strong>und</strong> unseren Fin-<br />

gern. Forschungen betonen, dass Hände <strong>und</strong> Finger den Ursprung der Rechenfertigkeit für das Kind<br />

darstellen. Mithilfe der Finger sind Einsichten in arithmetische Zusammenhänge im Zahlenraum bis zehn<br />

möglich. Sehende Kinder benutzen, wie ich aus vielfältiger Erfahrung weiss, <strong>zum</strong> Zählen - als Erinne-<br />

rungshilfe bereits gezählter Zahlen <strong>und</strong> zur Erfassung der Zahl als ‚Teile im Ganzen“ - häufig spontan<br />

ihre Finger als Zähl- oder Rechenwerkzeuge.<br />

Hingegen scheinen blinde Kinder ihre Finger nicht als Zähl- oder Rechenwerkzeuge zu benutzen. Csoc-<br />

sán bemerkt: „Die Beobachtungen von Kindern in den unterschiedlichen Situationen zeigte, dass blinde<br />

Kinder <strong>zum</strong> Rechnen ihre Finger nicht verwendeten. Sie konnten die Zahlen mit den Fingern zeigen,<br />

jedoch haben die Kinder die Finger <strong>zum</strong> Rechnen nicht verwendet“ (Csocsán, 2000a, S. 3). Dazu führ-<br />

ten Csocsán <strong>und</strong> ihr Team verschiedene Studien durch. Zusammenfassend stellen sie fest, dass<br />

die Fähigkeit, die Fingerstellungen - besonders parallel an beiden Händen - zu fühlen, im Alter von 5-6 Jahren<br />

nicht genügend entwickelt ist. Selbst sehende Kinder haben Schwierigkeiten, ihre Finger ohne visuelle Kontrolle<br />

<strong>zum</strong> Rechnen zu benutzen. Viele Beobachtungen in diesen Untersuchungen bewiesen, dass das blinde Kind<br />

seine Finger nicht spontan <strong>zum</strong> Rechnen benutzt. (Csocsán, 2002, S. 26)<br />

Daraus folgern sie, dass Finger als Hilfsmittel, um eine Anzahl herauszufinden, wohl mit dem visuellen<br />

Sinn verb<strong>und</strong>en sein müssen.<br />

2.5.4 Das Problem der Veranschaulichung in der Blindendidaktik<br />

Anschauung beinhaltet nicht bloss die visuelle Anschauung, sondern die umfassende Aufnahme von<br />

Reizen zur Erk<strong>und</strong>igung der Umwelt. Die Frage nach Veranschaulichungsmöglichkeiten im Unterricht<br />

entsteht in der 2. Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> bleibt bis heute eine didaktische Herausforderung<br />

(vgl. Lang, 2011a).<br />

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