Didaktische Konzepte und Veranschaulichungsmittel zum - BSCW
Didaktische Konzepte und Veranschaulichungsmittel zum - BSCW
Didaktische Konzepte und Veranschaulichungsmittel zum - BSCW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Doris Vogel-Müller<br />
Masterarbeit<br />
5 Interpretation <strong>und</strong> Diskussion der Ergebnisse<br />
In diesem Kapitel diskutiere <strong>und</strong> reflektiere ich die Ergebnisse im Bezug zur Fragestellung kritisch <strong>und</strong><br />
unter Einbezug der dargelegten Theorien, damit ich anschliessend die Fragestellungen beantworten<br />
kann. In der Blindenpädagogik ist es sich sehr speziell, weil die Praktiker gleichzeitig auch die Theorien<br />
gestaltet haben, resp. die Theoretiker zugleich auch Praktiker waren.<br />
Aus der Fülle an Daten werden diejenigen ausgewählt, welche für die Beantwortung der Forschungsfra-<br />
ge relevant erscheinen. Im Folgenden interpretiere ich zuerst die Resultate der ersten Überkategorien<br />
für die Gesamtheit der Hauptkategorien. Anschliessend folgen die Interpretationen der zweiten Überka-<br />
tegorie. Dabei vergleiche ich die <strong>Veranschaulichungsmittel</strong> mit den Materialkriterien <strong>und</strong> deute ihren<br />
Gebrauch. Am Schluss ordne ich die <strong>Konzepte</strong> <strong>und</strong> <strong>Veranschaulichungsmittel</strong> einander zu <strong>und</strong> verglei-<br />
che, was über welche Zeit Bestand hatte. Diese Typologien werden in Grafiken dargestellt.<br />
Die Tabellen im vorangehenden Kapitel 4 zeigen die gef<strong>und</strong>enen Textstellen in meiner untersuchten<br />
Fachliteratur. Das bedeutet aber keineswegs, dass die jeweiligen <strong>Konzepte</strong> <strong>und</strong> Veranschaulichungsmit-<br />
tel ausnahmslos nur zu jenen Zeiten Gültigkeit hatten. Sondern sie bezeichnen die Erwähnungen in<br />
meinem Forschungsgegenstand. Deshalb gebe ich in diesem Kapitel zusätzlich meine persönlichen<br />
Vermutungen ab, wie es sich verhalten könnte. Diese schliesse ich aus meinen persönlichen Erfahrun-<br />
gen <strong>und</strong> den Zusammenhängen, welche ich in der Theorie finde.<br />
5.1 Zusammenfassende Interpretation der theoretischen <strong>Konzepte</strong><br />
Die Ergebnisse zeigen ganz eindrücklich auf, dass sich in der Blindendidaktik durchgehend spezielle<br />
Formen der Methodik herauslesen lassen. Diese waren bereits vor über 200 Jahren erkennbar <strong>und</strong> wer-<br />
den bis heute in den Gr<strong>und</strong>zügen weitergeführt. Die meisten Praktiker erkannten im Alltag schnell, dass<br />
andere Wahrnehmungsvoraussetzungen angepasste Lern- <strong>und</strong> Lehrmethoden erforderten. Das ist die<br />
F<strong>und</strong>amentalerkenntnis der Blindendidaktik! Bereits 1776 veröffentlichte Niesen ein Bildungskonzept,<br />
welches die spezielle Lernausgangslage eines blinden Menschen berücksichtigte <strong>und</strong> er formulierte<br />
treffend: „Blinde bekommen nicht auf dieselbe Art Begriffe von Dingen als Sehende. … Diese Verschie-<br />
denheit der Vorstellungen, <strong>und</strong> die verschiedenen Wege, zu denselben zu gelangen, sezet nothwendi-<br />
ger Weise eine Verschiedenheit der Lehrart, <strong>und</strong> besondere Kunstgriffe für Blinde voraus“ (Niesen; zi-<br />
tiert nach Hahn, 2006, S. 84 f.). Die anderen Wahrnehmungsmöglichkeiten blinder Lernender verlangen<br />
demnach nach anderen <strong>Konzepte</strong>n. Das kommt bei sämtlichen Autoren deutlich <strong>zum</strong> Ausdruck. Die<br />
Entwicklung blindenspezifischer Unterrichtsmethoden ist zugleich eine langsame Entwicklung. Zu Be-<br />
ginn mussten die Pädagogen Erfahrungen sammeln, um diese dann weiter zu geben. Es war ein Expe-<br />
rimentieren, also ein „Learning by Doing“ oder wie Hahn treffend formuliert: „Theorie <strong>und</strong> Praxis waren<br />
ganz ineinander verwoben. Aus dem Probieren ergab sich dann nach <strong>und</strong> nach eine Summe von Erfah-<br />
rungen" (Hahn, 2006, S. 16). „Die ‚Gründerväter‘ glänzten <strong>zum</strong>eist nicht nur auf der institutionellen, son-<br />
dern ebenso auf der unterrichtlichen <strong>und</strong> der Theorie generierenden Ebene 34 “.<br />
Natürlich unterliegt die Blindenpädagogik im Verlauf der Geschichte den didaktisch-methodischen Mei-<br />
nungen <strong>und</strong> Umsetzungen der allgemeinen Didaktik <strong>und</strong> diese wiederum entwickeln sich nach den Ten-<br />
34 Unveröffentlichtes Zitat von Ursula Hofer in einer E-Mail (2011).<br />
60