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Didaktische Konzepte und Veranschaulichungsmittel zum - BSCW

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Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Doris Vogel-Müller<br />

Masterarbeit<br />

war in der Festschrift zur Jahrh<strong>und</strong>ertfeier der badischen Blindenanstalt Ilvesheim nachzulesen:<br />

„Schlagfertigkeit in den Rechenoperationen des bürgerlichen Lebens ist das Ziel unseres Rechenunter-<br />

richts, der sich in der Hauptsache auf das Kopfrechnen beschränkt“ (Bildungsplan Ilvesheim; zitiert nach<br />

Hahn, 2006, S. 99). Allgemein wurde den Blinden zu dieser Zeit eine besondere Begabung im Kopf-<br />

rechnen zugesprochen. Hahn stellt zusammenfassend fest: „Im Verstandestraining durch Kopfrechnen,<br />

im sich Loslösen von der Symbolik der Zahlzeichen an sich, im Zeitgewinn beim Rechnen, sehen die<br />

führenden Blindenpädagogen den Wert ihres methodischen Handelns“ (Hahn, 2006, S. 95). Heute wird<br />

vom Landesinstitut für Schulentwicklung wieder betont, dass es wichtig ist, das halbschriftliche Rechnen<br />

<strong>und</strong> das Überschlagen stärker zu betonen <strong>und</strong> das Gewicht auf geschicktes Kopfrechnen zu legen.<br />

Dies, weil schriftliche Rechenverfahren für blinde Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler schwer zu handhaben sind<br />

(vgl. LIS, 2011, S. 4).<br />

Bereits 1776 findet sich bei Niesen die Aussage: „Durch Uebung gelangt man erst zur Fertigkeit, <strong>und</strong><br />

erstere hat man gewiss an einer Menge von Aufgaben“ (Niesen; zitiert nach Hahn, 2006, S. 85). Darauf<br />

bauten auch Klein <strong>und</strong> später andere Pädagogen wie Scherer auf. Scherer plädierte für permanentes<br />

Wiederholen von bestimmten Übungen (Zerlegen, Gruppieren) <strong>und</strong> dieses Automatisieren solle durch<br />

forciertes Kopfrechnen geschehen (vgl. Hahn, 2006, S. 118). Übung <strong>und</strong> Automatisierung wird in mei-<br />

nem Forschungsgegenstand immer wieder vereinzelt erwähnt, zuletzt 2011 vom Landesinstitut für<br />

Schulentwicklung (vgl. S.8).<br />

Zählen hat eine besondere Bedeutung im Anfangsunterricht. Maynitz (1931) sei hier stellvertretend zi-<br />

tiert: „Die Aufeinanderfolge wird im Zählakt wahrgenommen. Daher ist Zählen für das blinde Kind unbe-<br />

dingt der Weg zur Zahl“ (zitiert nach Hahn, 2006, S. 125). Er empfahl, regelmässig angeordnete Ge-<br />

hörswahrnehmungen, Bewegungsfolgen <strong>und</strong> „körperliche Zählmittel“ dazu zu nutzen (vgl. ebd.). Bis in<br />

das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein beschränkte man sich bei der Entwicklung des Zahlbegriffs im mathemati-<br />

schen Anfangsunterricht fast ausschliesslich auf die Zählmethode. Die Fertigkeit, zählen zu können,<br />

wurde als eine elementare Basis dafür angesehen, Erfahrungen zu Zahlen sammeln zu können. Piaget<br />

erklärte jedoch, dass das Zählen bloss die auswendig gelernte Zahlwortreihe darstelle. Infolge dessen<br />

wurde das Zählen über Jahre hinweg fast vollständig aus dem Unterricht verbannt. Heute wird das Zäh-<br />

len wieder als eine wichtige, aber nicht als einzige Voraussetzung für die Entwicklung des Zahlbegriffs<br />

angesehen, jedoch vor allem verb<strong>und</strong>en mit Handlungen. Hahn meint: „Ohne handelnde <strong>und</strong> anschauli-<br />

che Verknüpfung stellt das Zählen kein tragfähiges F<strong>und</strong>ament für Arithmetik dar“ (2006, S. 98).<br />

Einige Verfasser von empirischen Studien deuten auf die wichtige Rolle der Finger <strong>und</strong> des Fingerzäh-<br />

lens hin (vgl. Csocsán et al., 2001, S. 291). Neuere Studien widersprechen: „Es scheint, dass die Zuhil-<br />

fenahme der Finger ... an die visuelle Wahrnehmung geb<strong>und</strong>en ist. Daher benutzen blinde Kinder im<br />

Vergleich zu sehenden ihre Finger nicht spontan“ (Csocsán, 2002, S. 162). Es gibt keine Zählstrategien,<br />

die „blindenspezifisch“ sind; es gibt aber einige Strategien, die blinde Kinder häufiger verwenden, als<br />

dies die sehenden Mitschüler tun. Das Doppeltzählen 26 <strong>und</strong> Zählen durch Hören benutzen sie bei verba-<br />

len Aufgaben am meisten. Csocsán erklärt weiter, dass blinde Kinder oft einen hörbaren Zahlenstrahl<br />

26 Dabei werden zwei Zahlenreihen parallel benutzt. Sie zählen in zwei Zahlreihen, entweder an beiden Zahlreihen hinauf (Beispiel:<br />

7+5 wird gesprochen als acht eins; neun zwei; zehn drei; elf vier; zwölf fünf) oder an einer Zahlreihe hinauf <strong>und</strong> an der anderen<br />

herunter (Beispiel: 7+5 wird dann gesprochen als acht fünf; neun vier; zehn drei; elf zwei; zwölf eins).<br />

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