Glossar zur Kritik der politischen Ökonomie
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Ω 9 Prozesse<br />
Ω Produktionsprozeß [cont.9]<br />
Geldzirkulation bringen, nehmen an dieser Verkehrung<br />
teil. Aber in <strong>der</strong> kapitalistischen Pro duktions<br />
weise und beim Kapital, welches ihre herrschende<br />
Kategorie, ihr bestimmendes Produktionsverhältnis<br />
bildet, entwickelt sich diese verzauberte<br />
und verkehrte Welt noch viel weiter.<br />
Betrachtet man das Kapital zunächst im unmittelbaren<br />
Produktionsprozeß – als Auspumper<br />
von Mehrarbeit –, so ist dies Verhältnis noch<br />
sehr einfach, und <strong>der</strong> wirkliche Zusammenhang<br />
drängt sich den Trägern dieses Prozesses, den<br />
Kapitalisten selbst auf und ist noch in ihrem<br />
Bewußtsein. Der heftige Kampf um die Grenzen<br />
des Arbeitstags beweist dies schlagend. Aber<br />
selbst innerhalb dieser nicht vermittelten Sphäre,<br />
<strong>der</strong> Sphäre des unmittelbaren Prozesses zwischen<br />
Arbeit und Kapital, bleibt es nicht bei dieser<br />
Einfachheit. Mit <strong>der</strong> Entwicklung des relativen<br />
Mehrwerts in <strong>der</strong> eigentlichen spezifisch<br />
kapitalistischen Produktionsweise, womit sich<br />
die gesellschaftlichen Produktivkräfte <strong>der</strong> Arbeit<br />
entwickeln, erscheinen diese Produktivkräfte<br />
und die gesellschaftlichen Zusammenhänge <strong>der</strong><br />
Arbeit im unmittelbaren Arbeitsprozeß als aus<br />
<strong>der</strong> Arbeit in das Kapital verlegt. Damit wird das<br />
Kapital schon ein sehr mystisches Wesen, indem<br />
alle gesellschaftlichen Produktivkräfte <strong>der</strong> Arbeit<br />
als ihm, und nicht <strong>der</strong> Arbeit als solcher, zukommende<br />
und aus seinem eigenen Schoß hervorsprossende<br />
Kräfte erscheinen. Dann kommt <strong>der</strong><br />
Zirkulationsprozeß dazwischen, dessen Stoffund<br />
Formwechsel alle Teile des Kapitals, selbst<br />
des agrikolen Kapitals, in demselben Grad anheimfallen,<br />
wie sich die spezifisch kapi talistische<br />
Produktionsweise entwickelt. Es ist dies eine<br />
Sphäre, worin die Verhältnisse <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
Wertproduktion völlig in den Hinter grund<br />
treten. Schon im unmittelbaren Pro duktionspro<br />
zeß ist <strong>der</strong> Kapitalist zugleich als Waren produ<br />
zent, als Leiter <strong>der</strong> Warenproduktion tätig.<br />
Dieser Produktionsprozeß stellt sich ihm daher<br />
keineswegs einfach als Produktionsprozeß von<br />
Mehrwert dar. Welches aber immer <strong>der</strong> Mehrwert<br />
sei, den das Kapital im unmittelbaren Produktionsprozeß<br />
ausgepumpt und in Waren dargestellt<br />
hat, <strong>der</strong> in den Waren enthaltene Wert<br />
und Mehrwert muß erst im Zirkulations prozeß<br />
realisiert werden. Und sowohl die Rück erstattung<br />
<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Produktion vorgeschossenen Werte,<br />
wie namentlich <strong>der</strong> in den Waren enthaltene<br />
Mehr wert, scheint in <strong>der</strong> Zirkulation sich nicht<br />
bloß zu realisieren, son<strong>der</strong>n ihr zu entspringen;<br />
ein Schein, den namentlich zwei Umstände befestigen:<br />
erstens <strong>der</strong> Profit bei Veräußerung, <strong>der</strong><br />
von Prellerei, List, Sachkenntnis, Geschick und<br />
tausend Marktkonjunkturen abhängt; dann aber<br />
<strong>der</strong> Umstand, daß hier neben <strong>der</strong> Arbeitszeit ein<br />
Ω Ω<br />
Ω 9 Prozesse<br />
Ω Produktionsprozeß [cont.10]<br />
zweites bestimmendes Element hinzutritt, die<br />
Zirkulationszeit. Diese fungiert zwar nur als negative<br />
Schranke <strong>der</strong> Wert- und Mehrwertbildung,<br />
hat aber den Schein, als sei sie ein ebenso positiver<br />
Grund wie die Arbeit selbst und als bringe sie<br />
eine, aus <strong>der</strong> Natur des Kapitals hervorgehende,<br />
von <strong>der</strong> Arbeit unabhängige Bestimmung herein.<br />
[In Buch II (MEW 24) ist diese Zirkulationssphäre<br />
natürlich nur dargestellt in bezug auf die Formbe<br />
stimmungen, die sie erzeugt, die Fortent wicklung<br />
<strong>der</strong> Gestalt des Kapitals, die in ihr vorgeht.]<br />
· In <strong>der</strong> Wirklichkeit aber ist diese Sphäre die<br />
Sphäre <strong>der</strong> Konkurrenz, die, jeden einzelnen Fall<br />
betrachtet, vom Zufall beherrscht ist; wo also<br />
das innere Gesetz, das in diesen Zufällen sich<br />
durchsetzt und sie reguliert, nur sichtbar wird,<br />
sobald diese Zufälle in großer Zahl zusammengefaßt<br />
werden, wo es also den einzelnen Agenten<br />
<strong>der</strong> Produktion selbst unsichtbar und unverständlich<br />
bleibt. Weiter aber: <strong>der</strong> wirkliche Produktions<br />
prozeß, als Einheit des unmittel baren<br />
Produktionsprozesses und des Zirkulationsprozesses,<br />
erzeugt neue Gestaltungen, worin<br />
mehr und mehr die A<strong>der</strong> des inneren Zu sammen<br />
hangs verlorengeht, die Pro duktions verhältnisse<br />
sich gegeneinan<strong>der</strong> verselbständigen<br />
und die Wertbestandteile sich gegeneinan<strong>der</strong> in<br />
selbständigen Formen verknöchern.<br />
· Die Verwandlung des Mehrwerts in Profit ist<br />
ebensosehr durch den Zirku la tions prozeß wie<br />
durch den Produktionsprozeß bestimmt. Der<br />
Mehrwert, in <strong>der</strong> Form des Profits, wird nicht<br />
mehr auf den in Arbeit ausgelegten Kapi talteil,<br />
aus dem er entspringt, son<strong>der</strong>n auf das<br />
Gesamtkapital bezogen. Die Profitrate wird durch<br />
eigene Gesetze reguliert, die einen Wechsel <strong>der</strong>selben<br />
bei gleichbleiben<strong>der</strong> Rate des Mehrwerts<br />
zulassen und selbst bedingen. Alles dies verhüllt<br />
mehr und mehr die wahre Natur des Mehrwerts<br />
und daher das wirkliche Triebwerk des Kapitals.<br />
Noch mehr geschieht dies durch die Verwandlung<br />
des Profits in Durchschnittsprofit und <strong>der</strong><br />
Werte in Produktionspreise, in die regulierenden<br />
Durchschnitte <strong>der</strong> Marktpreise. Es tritt hier ein<br />
komplizierter gesellschaftlicher Prozeß dazwischen,<br />
<strong>der</strong> Ausgleichungsprozeß <strong>der</strong> Kapitale,<br />
<strong>der</strong> die relativen Durchschnittspreise <strong>der</strong> Waren<br />
von ihren Werten und die Durchschnittsprofite<br />
in den verschiedenen Produktionssphären (ganz<br />
abgesehen von den individuellen Kapitalanlagen<br />
in je<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Produktionssphäre) von<br />
<strong>der</strong> wirklichen Exploitation <strong>der</strong> Arbeit durch die<br />
beson<strong>der</strong>en Kapitale losscheidet. Es scheint<br />
nicht nur so, son<strong>der</strong>n es ist hier in <strong>der</strong> Tat <strong>der</strong><br />
Durchschnittspreis <strong>der</strong> Waren verschieden von<br />
ihrem Wert, also von <strong>der</strong> in ihnen realisier ten<br />
Arbeit, und <strong>der</strong> Durchschnittsprofit eines<br />
Ω Ω<br />
70 29. Okt. 2014, 12:22 Uhr