Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4.3.2 Betankung mit Diesel<br />
Obschon das Bahnstrom-Monopol unbestritten<br />
weitaus gravierendere Folgen<br />
für die <strong>Wettbewerber</strong> zeitigt als die Situation<br />
des Bezugs von Dieseltreibstoff, wäre<br />
der Umkehrschluss verfehlt, an dieser Stelle<br />
keinen Optimierungsbedarf zu erkennen.<br />
Auslöser des Problems ist die Vorgabe von<br />
DB Netz, auf dem eigenen Fahrweg keine<br />
Betankung von Dieseltriebfahrzeugen<br />
außerhalb der Tankstellen von DB Energie<br />
zu gestatten. Gemäß den Schienennetz-<br />
Nutzungsbedingungen ist es ausdrücklich<br />
verboten, auf Ladestraßen (die als Schnittstelle<br />
zum öffentlichen Straßennetz ideal<br />
für die Betankung vom Lkw aus geeignet<br />
wären) oder auf Abstellgleisen eigene Betankungsvorgänge<br />
durchzuführen. Auf diese<br />
Weise zwingt der Fahrwegmonopolist<br />
seine Kunden, die Dienste des Schwesterunternehmens<br />
DB Energie zu nutzen, das<br />
somit ein Alleinstellungsmerkmal erhält –<br />
jedenfalls solange sie sich auf den Gleisen<br />
der DB Netz bewegen und dort betankt<br />
werden müssen.<br />
DB Energie teilt ihren Dieselpreis in zwei<br />
Komponenten auf:<br />
• in einen Preisbestandteil nach der sogenannten<br />
OMR-Notierung (»Oil Market<br />
<strong>Report</strong>«), der den Marktpreis des Großhandels<br />
bei Abholung von regionalen<br />
Tanklagern reflektiert, an denen sich<br />
auch die Mineralölhändler bedienen<br />
können, sowie<br />
• in die Bereitstellungskosten. Diese umfassen<br />
die Kosten des Brennstoff-Transports<br />
zur Bahntankstelle sowie die Wartungs-<br />
und Instandhaltungskosten der<br />
Betankungsanlage.<br />
Ein Rabattsystem für Großabnehmer wie<br />
beim Strombezug legt DB Energie für Diesel<br />
nicht auf. Im Ergebnis liegt der Preis für<br />
den Dieselkraftstoff in der Größenordnung,<br />
die auch an Tankstellen für den Straßenverkehr<br />
zu beobachten ist.<br />
Die gegenwärtigen Bezugsbedingungen<br />
sind für die Nutzer – vor allem die konzernexternen<br />
Güterbahnen – mit zwei potenziellen<br />
Nachteilen verbunden:<br />
• Externe Brennstoffhändler räumen<br />
Großkundenrabatte für den Fall ein,<br />
dass ein EVU für seine Dieselloks ganze<br />
Tankfüllungen ordert. Angemerkt sei,<br />
dass das Tankvolumen z. B. einer Voith<br />
Maxima CC 10.000 Liter beträgt. Im<br />
Gegensatz zum Bahnstrom sind Rabatte<br />
in solchen Fällen plausibel, wenn<br />
sie sich aus der abgenommenen Menge<br />
und dem einzusparenden Anfahrtaufwand<br />
herleiten. Dieser mögliche<br />
Einkaufsvorteil bleibt den Bahnen verschlossen,<br />
wenn die Nutzung externer<br />
Brennstoffbezugsquellen kategorisch<br />
untersagt ist.<br />
• Das Bahntankstellennetz der DB Energie<br />
ist deutlich grobmaschiger als das<br />
von Brennstoffhändlern. Zudem ist es<br />
traditionell an den Betriebswerken, Einsatzstellen<br />
und Knotenpunkten aus<br />
der Staatsbahnzeit verortet. Hingegen<br />
sind die Geschäftsmodelle vieler Wettbewerbsbahnen<br />
betrieblich nicht auf<br />
diese Standorte der DB AG ausgerichtet,<br />
sondern konzentrieren sich auf den<br />
Punkt-zu-Punkt-Verkehr in Ganzzügen<br />
zwischen zwei Ladestellen. Diese liegen<br />
gerade im Bereich der Gütergruppen<br />
Holz, landwirtschaftliche Produkte und<br />
Baustoffe oft abseits der elektrifizierten<br />
Strecken, so dass der Einsatz von Dieselloks<br />
verbreitet ist. Dabei bleibt die Zuglok<br />
oft während des Ladevorgangs am<br />
Zug, da sie z. B. auch für die Rückfahrt<br />
der Wagengarnitur vorgesehen ist. Somit<br />
ist die Betankung am Be- oder Entladeort<br />
aus wirtschaftlicher Sicht weit<br />
günstiger, als kosten- und zeitintensive<br />
Umwege oder separate Überführungsfahrten<br />
des Triebfahrzeugs zur entfernter<br />
liegenden Tankstelle von DB Energie<br />
in Kauf zu nehmen.<br />
Die Zwangsnutzung der DB-Energie-<br />
Tankstellen lässt sich umgehen, indem das<br />
EVU auf seinem Betriebsgelände im Umfeld<br />
der eigenen Serviceeinrichtungen eine<br />
Tankstelle errichtet und betreibt. Außerhalb<br />
des eigenen Netzes kann DB Netz keine<br />
Betankungen untersagen.<br />
Eine weitere Ausweichmöglichkeit erschließt<br />
sich, wenn Lokomotiven auf Privatgleisanschlüssen<br />
mit Hilfe von Tanklastwagen<br />
versorgt werden. Voraussetzung ist<br />
allerdings, dass der Inhaber des Privatgleisanschlusses<br />
einwilligt und die Wege zum<br />
Gleisanschluss befahrbar sind. Größere<br />
Anschlussbahnen wie etwa jene der Stadt<br />
Arneburg zur Anbindung des Zellstoffwerkes<br />
in Niedergörne bei Stendal haben sogar<br />
ortsfeste Tankstellen eingerichtet, die<br />
auf die Betankung von Dieselloks ausgelegt<br />
Schienengüterverkehr 103