Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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Angemessenheit der Rendite<br />
Noch nicht auf der Rechts-, sondern der<br />
Diskussionsebene ist die Angemessenheit<br />
der Rendite angekommen, die einen zentralen<br />
Unterpunkt des Themenkomplexes<br />
Preishöhenmissbrauch markiert. In ihrer<br />
Vorhabenplanung vom 17.12.<strong>2010</strong> hat die<br />
BNetzA angekündigt, sich dieser Fragestellung<br />
<strong>2011</strong> intensiver anzunehmen.<br />
Ende 2009 legte der Regulierer eine Studie<br />
von Frontier/IGES/TU Berlin vor, die<br />
die Kapitalkosten im <strong>Eisenbahn</strong>sektor untersucht<br />
1 . Die Gutachter kommen zu dem<br />
Schluss, dass die bundeseigenen EIU nur<br />
geringen Risiken ausgesetzt seien, weshalb<br />
der Zinssatz für die Eigenkapitalrendite<br />
bzw. Kapitalkosten vergleichsweise niedrig<br />
bei 6,8 % angesetzt werden müsse.<br />
Im Juni <strong>2010</strong> konterte die DB AG mit einem<br />
Gutachten, in dem die beauftragte<br />
NERA trotz ähnlicher Methodik – wenig<br />
überraschend – einen höheren Wert von<br />
9,3 % herleitet. Laut Geschäftsbericht des<br />
DB-Konzerns <strong>2010</strong> (S. 79) werden die Ziel-<br />
Kapitalkosten vor Steuern für die Infrastruktursparten<br />
auf 8,0 % veranschlagt, ebenso<br />
das Mindestrenditeziel. Beide Sollwerte<br />
liegen interessanterweise ziemlich genau<br />
in der Mitte der Wertespanne des Frontier-<br />
und des NERA-Gutachtens. Es stellt<br />
sich jedoch die Frage, warum DB Netz und<br />
DB Station & Service ihr Eigenkapital nennenswert<br />
verzinsen sollten, wenn die Gesellschafter<br />
dieser Bundesunternehmen –<br />
die Steuerzahler – zugleich einen Großteil<br />
der Finanzierung stemmen.<br />
Doppelmandate der Konzernjuristen<br />
Ein jahrelanger Streit zwischen dem EBA<br />
und der DB AG wurde <strong>2010</strong> auf höchster<br />
Ebene entschieden. Gegenstand der Auseinandersetzung<br />
war die Doppelfunktion<br />
der Rechtsvertreter des DB-Konzerns, die in<br />
vielen Prozessen sowohl für die Holding als<br />
auch die EIU in Personalunion tätig waren.<br />
Diese Doppelmandatierung hatte das EBA<br />
am 24.11.2006 untersagt, woraufhin die<br />
DB AG Widerspruch eingelegt hatte. Den<br />
anschließenden Rechtsstreit gewann das<br />
1 Frontier Economics / IGES Institute / TU Berlin -<br />
Workgroup for Infrastructure Policy (Mitusch, K. /<br />
Brenck, A. / Beckers, T.), 2009: Bestimmung der Kapitalkosten<br />
im <strong>Eisenbahn</strong>infrastrukturbereich unter<br />
den besonderen Bedingungen des deutschen <strong>Eisenbahn</strong>sektors<br />
EBA am 14.11.2007 zunächst vor dem VG<br />
Köln (18 K 1596 / 07), ehe das OVG Münster<br />
am 20.5.2009 entgegengesetzt urteilte<br />
(20 A 3609 / 07).<br />
Schließlich bestätigte das Bundesverwaltungsgericht<br />
in der Revision am 18.5.<strong>2010</strong><br />
die Auffassung des Regulierers, dass die<br />
Praxis der Doppelmandatierung unzulässig<br />
sei (BVerwG 3 C 21.09). Den Einwand<br />
der DB AG, mit dem Urteil prinzipiell alle<br />
Doppelfunktionen im Konzernverbund in<br />
Frage zu stellen, verwarf das Gericht mit<br />
dem Hinweis, das Verbot der Konzernjuristen<br />
erwachse aus den besonderen Gesetzesanforderungen<br />
an die Unabhängigkeit<br />
des Betreibers der Schienenwege. Inwieweit<br />
dies auch für andere Funktionen wie<br />
z. B. die IT-Administration gelte, müsse im<br />
Einzelfall geprüft werden.<br />
Zuständigkeit der Zivilgerichte<br />
Ein weiterer strittiger Aspekt ist die Abgrenzung<br />
der Zuständigkeitsgebiete zwischen<br />
Regulierer und Zivilgerichten. Letztere<br />
werden regelmäßig von NE-Bahnen<br />
oder Aufgabenträgern angerufen (z. B.<br />
beim Bahnstrom, Stationspreisen), wenn<br />
aus ihrer Sicht der Regulierer unberechtigterweise<br />
untätig geblieben sei. Die DB AG<br />
vertritt die Auffassung, dass dann die Kontrolle<br />
der Zivilgerichte zwingend entfalle,<br />
da es sich um ein bewusstes Unterlassen<br />
der primär befassten BNetzA handele, das<br />
– vergleichbar mit der Tatsachenentscheidung<br />
im Sport – nicht nachträglich korrigiert<br />
werden dürfe. Mit dieser Auffassung<br />
konnte die DB AG vorrangig in den Stationspreisverfahren<br />
zunächst reüssieren.<br />
Der DB-Position lässt sich entgegenhalten:<br />
• Die Regulierung dient in erster Linie einem<br />
öffentlichen Zweck, und zwar der<br />
Kontrolle eines natürlichen Monopols.<br />
Die Ansprüche der Marktteilnehmer<br />
untereinander werden von den Entscheidungen<br />
des Regulierers berührt,<br />
jedoch nicht abschließend geregelt.<br />
Diese Funktion können nur Zivilgerichte<br />
wahrnehmen.<br />
• Der Sinn der Aufgabenteilung wird besonders<br />
deutlich, wenn man sich die<br />
Wirkungsrichtung der Regulierungsentscheidungen<br />
auf der Zeitschiene vergegenwärtigt.<br />
Bescheide der BNetzA<br />
geben dem Regulierten vor, welche<br />
152 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>