Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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was zunehmend schwieriger wird (siehe<br />
Kapitel 4.4 auf Seite 104).<br />
Fazit<br />
Das Bestreben der EU-Kommission, im<br />
Wege der Vereinheitlichung von Normen<br />
und Standards die Marktöffnung im europäischen<br />
Schienenverkehr voranzutreiben,<br />
ist uneingeschränkt zu begrüßen. Allerdings<br />
werfen die angerissenen Problemfälle<br />
der Sicherheitsbescheinigung und der<br />
schleppenden Einführung von ETCS die<br />
Frage auf, ob die Folgen der erlassenen<br />
Richtlinien für die Marktteilnehmer konsequent<br />
mitbedacht werden.<br />
In den letzten Jahren hat sich der Eindruck<br />
verfestigt, als seien die Initiativen<br />
der Kommission wie auch der europäischen<br />
<strong>Eisenbahn</strong>agentur ERA überwiegend<br />
ingenieurstechnisch oder arbeitsrechtlich<br />
motiviert. Dagegen scheint es teilweise an<br />
der Sensibilität zu mangeln, die ökonomischen<br />
Konsequenzen für die EVU mitzudenken.<br />
Insbesondere an das <strong>Eisenbahn</strong>-<br />
Bundesamt ist der dringende Appell zu<br />
richten, Vorgaben mit Augenmaß auszulegen<br />
und nicht von vornherein die Staatsbahnen<br />
als Benchmark zu setzen.<br />
In vielen Fällen verfehlen die bisherigen<br />
Normenvorgaben den richtigen Detaillierungs-<br />
und Differenzierungsgrad. Dabei<br />
ist zu konzedieren, dass sich die europäischen<br />
Gremien in einem Dilemma bewegen:<br />
Einerseits sollen sie eine Treiberrolle<br />
einnehmen, die die unangenehme Aufgabe<br />
mit sich bringt, den Mitgliedstaaten zur<br />
Not auf die Füße zu treten. Andererseits<br />
gebietet es das Subsidiaritätsprinzip, der<br />
nationalen Ebene bei der Umsetzung der<br />
Vorgaben so viel Spielraum wie möglich<br />
einzuräumen.<br />
Diese Zwitterstellung geht mit der Gefahr<br />
einher, das Gegenteil dessen zu erreichen,<br />
was guten Willens beabsichtigt ist. Europäische<br />
Vorgaben, die erhebliche Anpassungsprozesse<br />
auslösen, aber infolge mangelnder<br />
Eindeutigkeit auf nationaler Ebene<br />
weiterhin zu »Wildwuchs« führen (siehe<br />
verschiedene Level und Untervarianten<br />
von ETCS), nützen keinem der Beteiligten.<br />
Auch den nationalen Sicherheitsbehörden<br />
ist nicht gedient, wenn sie die EU-Normen<br />
mühevoll interpretieren müssen.<br />
4.6 Wettbewerbssplitter<br />
4.6.1 Sondertraktionsmittel<br />
Steile Streckenabschnitte bereiten dem<br />
Schienengüterverkehr Probleme. Ab einem<br />
bestimmten Verhältnis aus Zugkraft der Lokomotive,<br />
Last des Zuges und Neigung der<br />
Strecke muss an solchen Rampenabschnitten<br />
eine Schiebelok den Zug von hinten<br />
unterstützen, um den Berg zu überwinden.<br />
Als Faustregel gilt, dass schwere Güterzüge<br />
eine solche Verstärkung benötigen, wenn<br />
sie auf längeren Streckenabschnitten eine<br />
Steigung von mehr als 12,5 Promille bewältigen<br />
müssen. Praktiziert wird diese aufwendige<br />
Betriebsweise noch heute an der<br />
Ruhr-Sieg-Strecke bei Altenhundem, an der<br />
Geislinger Steige, an der Frankenwaldrampe<br />
bei Kronach und der Spessartrampe bei<br />
Heigenbrücken (solange sie durch den vorgesehenen<br />
Neubau des Schwarzkopftunnels<br />
nicht entschärft ist).<br />
Auch wenn Steigungen betrieblich zu<br />
bewältigen sind, hinterlassen sie einen<br />
Abdruck auf der Kostenseite, und zwar<br />
in Form von Mehrkosten für Energie und<br />
Personal/Material für die Schiebelok. Sie<br />
zu ersetzen ist noch aufwendiger: Gegen<br />
eine stärkere oder zweite Zuglok vorn am<br />
Zug spricht die Wirtschaftlichkeit, denn sie<br />
»fräße« auf dem Rest der Strecke unnötige<br />
Kapital- und Betriebskosten. Das Teilen<br />
des Zuges zur Bewältigung des Steigungsabschnittes<br />
in zwei Halbzügen scheitert<br />
zumeist am fehlenden Abstellgleis vor und<br />
hinter den neuralgischen Stellen, da die Infrastruktur<br />
der DB Netz hier traditionell auf<br />
den Schiebelokbetrieb ausgelegt ist.<br />
Fällt der Bedarf für Schiebeloks aus topographischen<br />
Gründen nur punktuell an,<br />
spricht einiges für die These, dass der Infrastrukturbetreiber<br />
an einer branchenweiten<br />
Lösung interessiert sein muss und der prädestinierte<br />
Akteur wäre, diese Interessen zu<br />
bündeln. DB Netz verweist jedoch darauf,<br />
kein EVU zu sein, folglich keine Lokomotiven<br />
zu besitzen und daher auch keine Verkehrsleistungen<br />
anzubieten. Im Ergebnis<br />
bleibt es den EVU überlassen, die Lösung<br />
für das Problem selbst zu organisieren. Kämen<br />
mehrere Güterbahnen – entgegen<br />
den betriebswirtschaftlichen Zwängen –<br />
auf die Idee, für ihre regelmäßigen Transporte<br />
Schubloks an Steigungen einzeln<br />
vorzuhalten, wären die dortigen Betriebs-<br />
Schienengüterverkehr 109