Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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olanden zu. Sobald das wirtschaftlich interessante<br />
Kernnetz berührt wird, muss<br />
nach den DB-Vorgaben der DB-Tarif angewandt<br />
werden, weil nur er die freizügige<br />
Nutzung aller Züge zulässt.<br />
Damit wird eine komplexe Einnahmenaufteilung<br />
notwendig, die letztlich nach<br />
den Spielregeln der DB AG funktioniert.<br />
Problematisch ist hierbei insbesondere die<br />
Beweislast des Newcomers, in welcher<br />
Höhe ihm Einnahmen zustehen, während<br />
die DB AG sich der Nachweispflicht konträr<br />
zu ihrem Vorsprung durch »Herrschaftswissen«<br />
entziehen kann. Zum anderen sehen<br />
die Regularien der DB AG vor, im Falle<br />
von Tariferhöhungen nur 50 bis 75 % der<br />
Steigerungsrate an die <strong>Wettbewerber</strong> weiterzureichen.<br />
Sieht das EVU hierin eine Benachteiligung,<br />
trägt es erneut die Beweislast.<br />
Eine kleine Verbesserung hat sich bei<br />
den Erhebungskosten eingestellt, die inzwischen<br />
im zweijährigen Turnus geteilt werden,<br />
während die Wettbewerbsbahnen in<br />
der Anfangszeit der Regionalisierung die<br />
gesamten Kosten zu schultern hatten.<br />
Im Vertrieb setzen sich die Hürden für<br />
die NE-Bahnen nahtlos fort. Seitdem die<br />
DB AG diesen Bereich in die DB Vertrieb<br />
GmbH ausgliederte, agiert die DB-Tochter<br />
de jure als unabhängiger Dienstleister.<br />
In der Realität zielt das Geschäftsmodell<br />
auf das Gegenteil ab: Der Wettbewerb um<br />
den Vertrieb soll im Keim erstickt werden,<br />
damit die hohen Provisionen so lange wie<br />
möglich gesichert bleiben. Betrugen diese<br />
bereits in der Vergangenheit vielfach<br />
bis zu 20 %, sucht DB Vertrieb in letzter<br />
Zeit nochmals deutlich höhere Sätze am<br />
Markt zu etablieren. Als Hebel setzt sie fixe<br />
Grundpreise ein, die den – optisch reduzierten<br />
– variablen umsatzabhängigen Satz<br />
ergänzen. Rechnen die <strong>Wettbewerber</strong> das<br />
Gesamtpaket der Entgelte auf den Erwartungswert<br />
des Durchschnittsumsatzes je<br />
Fahrkarte um, können sich bis zu 35 % Vertriebsprovision<br />
ergeben.<br />
Auf der formalen Ebene lässt sich der<br />
Ausnutzung des Monopols entgegenhalten,<br />
dass es den Wettbewerbsbahnen<br />
grundsätzlich möglich sei, eigene Vertriebskanäle<br />
zu organisieren. Sie können…<br />
• …Automaten auf den Bahnsteigen aufstellen,<br />
wie die Beispiele von transregio<br />
am Rhein, der S‐Bahn Bremen oder der<br />
Marschbahn Hamburg — Westerland<br />
zeigen.<br />
• …in den Zügen ihre Tickets durch Zugbegleiter<br />
oder Fahrkartenautomaten an<br />
den Fahrgast bringen.<br />
• …über Kooperationen mit Einzelhändlern<br />
(Bäckereien, Zeitschriftenläden)<br />
oder eigene Kundenbüros Fahrkarten<br />
verkaufen, die in Einzelfällen im oder<br />
am Bahnhof platziert sind. Allerdings ist<br />
diese Option mit erheblichen Einschränkungen<br />
versehen. Attraktive Verkaufsflächen<br />
in Bahnhöfen bietet DB Station &<br />
Service nicht an, sondern verweist auf<br />
die vorgehaltenen Reisezentren von DB<br />
Vertrieb. Darüber hinaus wird den Mietern<br />
in den Bahnhöfen bedeutet, dass<br />
Vertriebsdienstleistungen unerwünscht<br />
seien. Früher enthielten die Mietverträge<br />
sogar ein ausdrückliches Vertriebsverbot,<br />
das aber kartellrechtlich wahrscheinlich<br />
nicht haltbar wäre.<br />
• …Fahrkarten über das Internet vertreiben.<br />
In der Praxis ist der Vertriebswettbewerb<br />
der <strong>Wettbewerber</strong> jedoch insoweit »amputiert«,<br />
als sie nur einen kleineren Teil<br />
des für den Durchschnittskunden relevanten<br />
Fahrkartenspektrums anbieten können.<br />
Zwar hat sich die Lage insofern etwas gebessert,<br />
als die NE-Bahnen Nahverkehrstickets<br />
– auf Drängen der Aufgabenträger<br />
– inzwischen auch für Fahrten verkaufen<br />
können, die über das selbst betriebene<br />
Netz hinausreichen. Hierfür gewährt DB<br />
Vertrieb eine Provision von 7,5 %. Doch<br />
beschränkt sich diese Möglichkeit eben<br />
nur auf den Tarif für die Produktionsklasse<br />
C (Nahverkehr), der den Normaltarif C<br />
einschließlich der Anerkennung von Bahn-<br />
Card-Rabatten und Pauschaltickets (z. B.<br />
Schönes-Wochenende-Ticket, Ländertickets)<br />
umfasst.<br />
In Gänze versperrt bleibt der Zugang zu<br />
jenem Segment, das für viele Kunden den<br />
gängigsten Anwendungsfall darstellt: der<br />
Verkauf von Fahrkarten einschließlich Sitzplatzreservierungen<br />
für Reiseketten unter<br />
Beteiligung des DB-Fernverkehrs. Hier<br />
lässt sich die DB AG allenfalls darauf ein,<br />
Anfangsfahrscheine der Wettbewerbsbahn<br />
anzuerkennen und deren Preis auf den DB-<br />
Tarif anzurechnen, sofern der Fahrgast im<br />
Zug den Differenzbetrag zum Gesamtfahrpreis<br />
entrichtet. Der Vorteil für den Fahrgast<br />
wie für die NE-Bahn ist marginal, da<br />
unverändert zwei Verkaufsvorgänge ohne<br />
nennenswerte Mehrerlöse anfallen.<br />
86 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>