Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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5.2 Prognose 2015<br />
Für den deutschen SPFV-Markt ist bis<br />
2015 aus heutiger Sicht keine weitere Bewegung<br />
erkennbar, sofern die quantitative<br />
Messlatte für »echten« Wettbewerb gegen<br />
DB Fernverkehr auf mindestens drei Zugpaare<br />
am Tag gelegt wird. Die Anteilseigner<br />
der HKX GmbH werden zunächst zwei<br />
bis drei Jahre testen wollen, ob ihr Produkt<br />
die Erwartungen erfüllt und die gesammelten<br />
Erfahrungen die Überzeugung stärken,<br />
auch auf anderen Verbindungen kommerziellen<br />
Erfolg erzielen zu können.<br />
Der Einstieg weiterer Betreiber ist in dem<br />
Zeitrahmen eher unwahrscheinlich, da…<br />
• …aufgrund der Fahrzeuginvestitionen<br />
lange Vorlaufzeiten einzuplanen<br />
sind, die das EVU zwängen, noch <strong>2011</strong><br />
die Bestellung auszulösen. Kurzfristige<br />
Markteintritte scheitern daran, dass<br />
es keinen serienmäßigen Fernverkehrszug<br />
gibt, der von der Stange erworben<br />
werden könnte. Der letzte Fahrzeugtyp,<br />
der diesem Anforderungsprofil annähernd<br />
entsprach, war der Railjet der<br />
ÖBB, der <strong>2011</strong> auch nach Tschechien<br />
verkauft wurde. Dank des Lok-Wagen-<br />
Konzepts ist er flexibel einsetzbar und<br />
auch international nutzbar. Dagegen<br />
scheint das in Italien verfolgte Konzept<br />
(neue Hochgeschwindigkeitszüge von<br />
Alstom), bei dem Zugeinheiten für Dritte<br />
neu entwickelt werden, auf deutsche<br />
Investorenverhältnisse nicht übertragbar.<br />
• …die laufende zweite Rahmenvertragsperiode<br />
<strong>2011</strong> bis 2015 als Eintrittsbarriere<br />
wirkt. Die Erläuterungen in 5.5 verdeutlichen,<br />
warum ein Newcomer keine<br />
realistische Chance hat, attraktive Trassenbündel<br />
auf den für den Fernverkehr<br />
interessanten Strecken mit hoher Netzauslastung<br />
zu ergattern.<br />
Auch die vielbeschworene Liberalisierung<br />
des europäischen Personenfernverkehrsmarktes<br />
wird dem SPFV in Deutschland<br />
nach unserer Auffassung weiterhin keine<br />
nennenswerten Impulse verleihen. Ausländische<br />
Staatsbahnen werden sich auf deutsches<br />
Terrain nur im Wege der Kooperation<br />
mit der DB AG vorwagen, und dies ausschließlich<br />
bei internationalen Verkehren.<br />
Der kontrollierte Einstieg über bilaterale<br />
Absprachen mit dem »Platzhirschen« verspricht<br />
mehr Erfolg, als im Alleingang eine<br />
»blutige Nase« als Folge der erwartbaren<br />
Abwehrreaktionen zu riskieren.<br />
Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit<br />
hoch, dass die angekündigte Liberalisierung<br />
des Fernbusmarktes deutlich schneller<br />
und stärker den deutschen SPFV-Markt<br />
bewegt als dessen eigene Öffnung. Davon<br />
unbenommen ist nicht auszuschließen,<br />
dass in Einzelfällen punktuelle Angebotsausweitungen<br />
mit einem bis zwei Zugpaaren<br />
am Markt erprobt werden.<br />
Internationale Verkehre<br />
Dass die Staatsbahnen den Wettbewerb<br />
im Ausland per Saldo scheuen, gilt auch<br />
für die DB AG. Wir halten es für sehr unwahrscheinlich,<br />
dass eine französische DB-<br />
Tochter z. B. in naher Zukunft eine innerfranzösische<br />
Verbindung zwischen Paris<br />
und Lyon anbieten könnte. Hiervon ausgenommen<br />
ist die von der DB AG bekundete<br />
Absicht, künftig durch den Eurotunnel<br />
von Frankfurt nach London zu fahren, wodurch<br />
der bisherige Betreiber Eurostar (Gesellschafter:<br />
SNCF mit 55 %, die britische<br />
LCR mit 40 % und SNCB mit 5 %) erstmalig<br />
in Bedrängnis geriete. Vorgesehen sind<br />
für dieses Unterfangen 16 ICE-3-Fahrzeuge<br />
des Typs Velaro von Siemens, die ab Oktober<br />
<strong>2011</strong> ausgeliefert werden und bis 2012<br />
vollständig einsatzfähig sein sollten. Die<br />
für 2013 avisierte Betriebsaufnahme nach<br />
London ist auch wegen der noch zu errichtenden<br />
Fahrgastabfertigungseinrichtungen<br />
mit Eurotunnel-Sicherheitsstandards<br />
an den deutschen Bahnhöfen skeptisch zu<br />
sehen. Solange die massiven Fahrzeugprobleme<br />
im Inland anhalten, dürfte es politisch<br />
nicht vermittelbar sein, die Fahrzeuge<br />
wegen Auslandseinsätzen dem deutschen<br />
Fahrgast vorzuenthalten.<br />
Auf mittlere Sicht werden die staatlich<br />
verfassten Marktführer (weiterhin) die Kooperation<br />
als ihnen vertrautes Mittel der<br />
Wahl bevorzugen, um grenzüberschreitende<br />
Fernverkehre anzubieten. Hierfür lassen<br />
sich einige Beispiele anführen, allerdings<br />
auch teilweise mit negativem Ausgang:<br />
• DB AG – SNCF: Auch wenn die beiden<br />
Staatsbahnen in der Öffentlichkeit gelegentlich<br />
den Eindruck der wechselseitigen<br />
Abneigung vermitteln, hindert<br />
sie das nicht daran, im Fernverkehr zusammenzuarbeiten.<br />
Bereits 2007 wurde<br />
das Gemeinschaftsunternehmen Al-<br />
122 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>