Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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Stationsentgelte<br />
Seit der Einführung des Stationspreissystems<br />
(SPS) 2005 sind die Entgelte für die<br />
Stationshalte Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen.<br />
Schon kurz nach der<br />
Umstellung hatten einige EVU – zum Teil<br />
nach Aufforderung bzw. mit der Rückendeckung<br />
von Aufgabenträgern – die Differenz<br />
zum vorher geltenden Preis unter Vorbehalt<br />
gezahlt oder selbständig einbehalten.<br />
Nachdem die DB AG lange Zeit nur mit<br />
Klagen gegen die eigenmächtigen Kürzungen<br />
drohte, ging sie seit 2008 recht konsequent<br />
gegen säumige Zahler vor. Anfänglich<br />
war dies von Erfolg gekrönt, z. B. vor<br />
dem LG Berlin, das in seiner Urteilsbegründung<br />
vom 17.3.2009 u. a. auf das fehlende<br />
Tätigwerden der BNetzA abhob (98 O<br />
25/08). Eine andere Kammer des Berliner<br />
Landgerichts urteilte aber am 10.2.<strong>2010</strong><br />
zugunsten des beklagten EVU (100 O 91<br />
08). In die gleiche Richtung argumentiert<br />
das LG Frankfurt in seinem Beschluss vom<br />
17.3.<strong>2011</strong> (3-04 O 108/10).<br />
In der Zwischenzeit hatte der Regulierer<br />
mit Bescheid vom 10.12.2009 die Stationspreisliste<br />
der DB Station & Service<br />
(DB St&S) ab dem 1.5.<strong>2010</strong> für ungültig<br />
erklärt. Begründet wurde dies damit, dass<br />
die Preisbildung für die einzelnen Länder<br />
und Stationskategorien intransparent sei.<br />
Das OVG Münster gab am 23.3.<strong>2010</strong> dem<br />
Widerspruch der DB St&S statt und setzte<br />
den Vollzug des Bescheides aus (13 B<br />
247/10). In der Sache deutete das Gericht<br />
gleichwohl an, die Kritik am System zu teilen.<br />
Um einer Präzedenzentscheidung zuvorzukommen,<br />
sah sich DB St&S gezwungen,<br />
das System zu reformieren. Mitte <strong>2010</strong><br />
stimmten DB St&S und die BNetzA die<br />
Grundlinien des neuen SPS ab, das zum<br />
1.1.<strong>2011</strong> in Kraft getreten ist und folgende<br />
neue oder geänderte Merkmale aufweist:<br />
• Stärkere Kostenbasierung: Kalkuliert<br />
werden die Kosten je Verkehrsstation,<br />
die im zweiten Schritt auf Aufgabenträgerebene<br />
kumuliert werden. Das gleiche<br />
Vorgehen wird zur Berechnung der<br />
Zahl der Zughalte gewählt. Der Quotient<br />
aus Gesamtkosten und Nutzungsmenge<br />
ergibt den Stationspreis.<br />
• Aufgabenträger- anstelle des Länderbezugs:<br />
Der Differenzierungsgrad erhöht<br />
sich, weil die Stationspreise nicht<br />
mehr für 16 Länder, sondern 28 Aufgabenträger<br />
im SPNV gebildet werden.<br />
• Sieben statt sechs Stationskategorien:<br />
Jede Station wird nach sechs Merkmalen<br />
klassifiziert, die jeweils in bis zu<br />
sechs Stufen unterfächert werden und<br />
mit einem Gewichtungsfaktor von fünf<br />
bis 20 % in den Gesamtpunktwert eingehen.<br />
Dieser wird nunmehr zur Preisbildung<br />
in sieben Kategorien unterschieden.<br />
• Drei- statt zweistufiger Zuglängenfaktor:<br />
Die Schwelle der neuen Stufe 3<br />
mit dem Faktor 3,0 wurde von 180 m<br />
auf 170 m Zuglänge gesenkt. Darunter<br />
in der Stufe 2 (Zuglänge 90 bis 170 m)<br />
und Stufe 1 (unter 90 m) werden die<br />
Faktoren 1,2 bzw. 1,0 angesetzt.<br />
Den Zuglängenfaktor genehmigte die<br />
BNetzA zunächst unter dem Vorbehalt,<br />
dass DB St&S die Logik der Dreistufigkeit<br />
bzw. der Klassengrenzen nachträglich begründen<br />
kann. Dieser Nachweis scheint<br />
der DB AG bisher nicht zu gelingen. Die<br />
optisch geringfügige Absenkung der Untergrenze<br />
zum höchsten Zuglängenfaktor<br />
hat zur Folge, dass die knapp über 170 m<br />
langen Züge des neuen Konkurrenten im<br />
Fernverkehr HKX gerade eben in die oberste<br />
Kategorie fallen und somit erhebliche<br />
Mehrkosten als geplant verursachen. Dagegen<br />
bleiben die in diesem Frühjahr bestellten<br />
neuen Doppelstock-IC-Züge von<br />
DB Fernverkehr mit fünf Wagen exakt unter<br />
dieser Grenze. Inwieweit die Bepreisung<br />
der Zuglänge einen ökonomisch intelligenten<br />
Anreiz setzen kann, wäre noch gesondert<br />
zu diskutieren.<br />
Auch nach der Änderung krankt das<br />
neue Stationspreissystem daran, erhebliche<br />
Preisunterschiede bei gleicher Ausstattung<br />
von Stationen nicht rechtfertigen zu<br />
können. Das Kernproblem aus der Sicht<br />
der Aufgabenträger ist die fehlende sachliche<br />
Preishöhenkontrolle. DB St&S muss<br />
lediglich die sachgerechte Zuordnung der<br />
stationsspezifischen Kosten nachweisen,<br />
d. h. ihr bleibt auch weiterhin ein erhebliches<br />
Maß an Gestaltungsfreiheit. Unklar<br />
ist auch, ob und in welchem Umfang<br />
die »weiteren Leistungen« an einer Station<br />
tatsächlich erbracht werden. DB St&S<br />
behält sich vor, über die Erbringung der<br />
Leistung nach eigenem Ermessen zu entscheiden.<br />
Weil die Erlöse dieser Leistungen<br />
(z. B. Parkplatzvermietung, Gepäckschließfächer)<br />
vollständig an DB St&S fließen, ist<br />
150 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>