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Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair

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Arriva als eine der wenigen Gelegenheiten<br />

identifiziert wurde, die Geschäftsbasis mit<br />

einem Schlag signifikant zu verbreitern.<br />

Dieser Sprung gilt vor allem für den Busbereich,<br />

in dem die DB AG durch den Kauf<br />

von Arriva eine Flotte von 14.800 Bussen<br />

hinzugewinnt und somit ihren vorherigen<br />

heimischen Bestand etwa vervierfacht. Wer<br />

künftig Stadtverkehre in Städten wie London,<br />

Kopenhagen oder Groningen betreibt,<br />

kann sich zu Recht als ein führender Anbieter<br />

von ÖPNV-Leistungen fühlen. Demnach<br />

dominiert die strategische Komponente<br />

beim Erwerb, denn verglichen mit<br />

den britischen Mitbewerbern Stagecoach<br />

oder National Express galt Arriva zuletzt mit<br />

EBIT-Margen von 4,8 bis 6,3 % als eher ertragsschwach.<br />

Aus bahnpolitischer Sicht ist nicht der<br />

konkrete Kauf problematisch, zumal die<br />

DB AG keine weiteren Logistiktöchter in<br />

Übersee, sondern Kerngeschäft in Europa<br />

arrondierte. Kritisch ist zu sehen, dass<br />

die DB AG durch den Erwerb von Arriva<br />

die Spirale der »Staatsbahnisierung« erneut<br />

ein Stück weiter dreht und damit die eigene<br />

Prophezeiung der Marktkonzentration<br />

selbst erfüllt – mit ausdrücklicher Billigung<br />

des Anteilseigners Bund. Dieser hatte wenige<br />

Tage vor Bekanntwerden der Akquisitionsabsicht<br />

noch gefordert, dass die DB AG<br />

erst einmal ihr Heimatgeschäft in Ordnung<br />

bringen müsse. Eine solch inkonsistente Argumentation<br />

kann nicht überzeugen. Warum<br />

der Trend zur Reverstaatlichung auf<br />

eine Schwäche des Marktrahmens schließen<br />

lässt, erörtern wir anhand der Kon zentra<br />

tions prozesse im Schienengüterverkehr<br />

in Abschnitt 4.4.<br />

Für den deutschen Markt ist die Übergabe<br />

der Deutschlandsparte von Arriva an<br />

FS Trenitalia zunächst unschädlich. Letztlich<br />

wird ein börsennotierter Anteilseigner,<br />

der zuletzt eher kurzfristige Ziele verfolgte,<br />

durch einen mutmaßlich stärker strategisch<br />

geprägten Investor ersetzt. Hierzu passt<br />

auch die Beteiligung des Finanzinvestors<br />

Cube, der beim Ärmelkanaltunnel bewiesen<br />

hat, für bestimmte Investitionen einen<br />

langen Atem einzubringen. Insofern könnte<br />

die Aufstellung aus FS Trenitalia und<br />

Cube sogar den deutschen Markt beleben.<br />

2.2 Finanzierung des Schienenverkehrs<br />

im Zeitalter<br />

der Schuldenbremse<br />

Obschon die Nutzer durch regelmäßige<br />

Preiserhöhungen in den letzten Jahren<br />

zunehmend an den Kosten des Systems<br />

Schiene beteiligt werden, bleibt das heutige<br />

Angebotsniveau im Schienenverkehr<br />

existenziell davon abhängig, dass die öffentliche<br />

Hand den Großteil der Finanzierungslast<br />

schultert. So fließen jährlich etwa<br />

4 bis 4,5 Mrd. Euro Investitionsmittel in die<br />

kapitalintensive Schieneninfrastruktur, und<br />

5,3 bis 5,5 Mrd. Euro p. a. werden konsumtiv<br />

für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen<br />

im Rahmen der Daseinsvorsorge<br />

bereitgestellt. Hinzu kommen Altlasten infolge<br />

der Bahnreform wie die Pensionszahlungen<br />

durch das Bundeseisenbahnvermögen,<br />

die hier ausgeblendet werden.<br />

Angesichts dieser finanziellen Relationen<br />

muss auf die Entwicklung der öffentlichen<br />

Haushalte ein besonderes Augenmerk gelegt<br />

werden. Kamen Bund, Länder und Gemeinden<br />

bereits vor der Wirtschaftskrise<br />

auf einen Schuldenstand von gut 1,5 Billionen<br />

Euro, hat sich dieser infolge der Konjunkturprogramme<br />

und Rettungsschirme<br />

binnen zwei Jahren um ein knappes Viertel<br />

auf nahezu exakt zwei Billionen Euro erhöht.<br />

Angesichts der Schuldenexplosion ist<br />

die Konsolidierung der strukturell defizitären<br />

Haushalte nicht länger aufschiebbar,<br />

weshalb Bund und Länder 2009 dem Vorschlag<br />

der Föderalismuskommission II folgten,<br />

im Grundgesetz eine Schuldenbremse<br />

zu verankern.<br />

Wie hart die Schuldenbremse in der politischen<br />

Realität gelebt wird, bleibt abzuwarten,<br />

da ihre Formulierung gewisse Interpretationsspielräume<br />

offenlässt, z. B. die<br />

Definition einer »konjunkturellen Normallage«<br />

oder einer Notsituation. Dennoch<br />

dürfte der Paradigmenwechsel unumkehrbar<br />

sein. Eine Niederlage vor dem Verfassungsgericht<br />

wird keine Regierung riskieren<br />

wollen.<br />

Nachdem der Bund im Sommer <strong>2010</strong> ein<br />

sogenanntes Sparpaket verabschiedet hatte,<br />

mit dem die Nettokreditaufnahme bis<br />

2014 kumuliert um 80 Mrd. Euro gesenkt<br />

werden soll, stellte sich zu Beginn <strong>2011</strong> heraus,<br />

dass im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

»nur« 44 Mrd. Euro Schulden neu hinzukamen<br />

(ohne Rettungsschirme). Die neues-<br />

Einleitung: Warum der Wettbewerb unverzichtbar ist 17

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