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Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair

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des VRR nicht hin, sondern strengte eine<br />

Leistungsklage vor dem VG Gelsenkirchen<br />

an. Am 19.12.2008 verkündeten<br />

die Richter ihr Urteil, wonach der VRR das<br />

bis dato einbehaltene Bestellentgelt von<br />

122 Mio. Euro an die DB AG zahlen müsse.<br />

Zwar gestand das Gericht dem VRR zu,<br />

dass es durchaus erhebliche Leistungsdefizite<br />

gebe und der Vertrag möglicherweise<br />

zu teuer abgeschlossen worden sei, dennoch<br />

rechtfertige die mangelhafte Leistung<br />

keine vollständige Vertragskündigung.<br />

Zum einen könnten Schlechtleistungen<br />

bereits mit 4 Mio. Euro p. a. pönalisiert<br />

werden, zudem sei die Höhe der Bestreifungsquote<br />

bei den S‐Bahnen vertraglich<br />

nicht exakt festgelegt. Inwieweit europäisches<br />

Beihilfenrecht einschließlich der vier<br />

Altmark-Trans-Kriterien anzuwenden sei,<br />

müsse die EU-Kommission entscheiden, die<br />

am 8.2.2008 das Beihilfehauptprüfungsverfahren<br />

gegen den Verkehrsvertrag Berlin/Brandenburg<br />

eröffnet hatte. Nationales<br />

Preisrecht falle als Rechtsgrundlage aus, da<br />

es sich um einen Zuwendungsvertrag handele.<br />

Hierbei stützte sich das Gericht maßgeblich<br />

auf einen Aufsatz in einer renommierten<br />

juristischen Fachzeitschrift, der von<br />

der DB AG in Auftrag gegeben, aber nicht<br />

als solcher kenntlich gemacht war (siehe<br />

weiter unten).<br />

Weil das Ergebnis der juristischen Klärung<br />

die Finanzierungsprobleme des VRR nicht<br />

löste, sondern verschärfte, drängte die Landesregierung<br />

die Streitparteien in Richtung<br />

eines Kompromisses – nicht zuletzt mit<br />

Blick auf die zeitkritischen Investitionen in<br />

die Bahnhöfe, die rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr<br />

saniert sein sollten. Ausgehandelt<br />

wurde ein Eckpunktepapier, das am<br />

24.11.2009 vertraglich besiegelt wurde.<br />

Der Vergleichsvorschlag sah im Kern vor:<br />

• Das Land stellt 10 Mio. Euro pro Jahr<br />

(dynamisiert), insgesamt 167 Mio. Euro<br />

Finanzhilfen bereit, um den VRR zu entlasten<br />

und ein neues Bedienungskonzept<br />

für die Regionalexpress-Züge umsetzen<br />

zu können,<br />

• Die DB AG investiert 215 Mio. Euro in<br />

Neufahrzeuge, davon 150 Mio. Euro<br />

in weitere 32 neue S‐Bahnen sowie<br />

65 Mio. Euro in stärkere Loks und zusätzliche<br />

Wagen für die RE-Züge,<br />

• Der VRR vergibt im Gegenzug die Leistungen<br />

der S‐Bahn (17,5 Mio. Zkm<br />

p. a.) für weitere fünf Jahre bis 12/2023<br />

sowie die Leistungen der RE-Linien<br />

des zukünftigen RRX-Konzeptes bis<br />

12/2016 (teilweise war deren Auslaufen<br />

früher terminiert) ohne Wettbewerbsverfahren<br />

an die DB Regio NRW,<br />

• DB Regio NRW gewährt dem VRR einen<br />

Rabatt von 172 Mio. Euro (11,8 Mio.<br />

p. a.) und<br />

• beteiligt den VRR an Einnahmensteigerungen<br />

über 2,75 % p. a. hinaus.<br />

Die sich abzeichnende Direktvergabe der<br />

S‐Bahn-Leistungen nahm der Verband mofair<br />

e.V. zum Anlass, am 6.3.2009 eine Beihilfebeschwerde<br />

an die EU-Kommission zu<br />

richten. Nach der Unterzeichnung des Vergleichsvertrages<br />

reichten Abellio Rail NRW<br />

und die noch nicht auf dem deutschen<br />

Markt tätige Wersus (Sitz in Großbritannien)<br />

einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer<br />

Münster ein. Diese gab am<br />

18.3.<strong>2010</strong> dem Antrag statt, woraufhin<br />

die DB Regio NRW Berufung vor dem OLG<br />

Düsseldorf einlegte. Dessen Kartellsenat<br />

signa li sierte, die Auffassung der VK Münster<br />

zu teilen. Weil 2003 das OLG Brandenburg<br />

die Anwendung des Vergaberechts<br />

im Fall einer ähnlich gelagerten Beschwerde<br />

von Connex (heute Veolia Transdev)<br />

verneint hatte, richtete das OLG Düsseldorf<br />

am 21.7.<strong>2010</strong> eine Divergenzvorlage an<br />

den BGH.<br />

Der BGH hat nun letztinstanzlich den Beschluss<br />

gefällt, dass der Vergleichsvertrag<br />

gegen das Vergaberecht verstößt und daher<br />

gesamthaft unwirksam ist. Zentrale<br />

Aussagen der Urteilsbegründung lauten:<br />

• SPNV-Leistungen unterlägen dem Vergaberecht,<br />

da sie nicht in den Ausnahmebereichen<br />

aufgelistet würden, die<br />

das GWB 1999 abschließend festgelegt<br />

habe (§§ 97ff GWB). Die eisenbahnrechtliche<br />

Kann-Bestimmung des § 15<br />

Abs 2. AEG, wonach die Länder ausschreiben<br />

können, aber nicht müssen,<br />

sei nachrangig.<br />

• Weil der Vertrag keine Dienstleistungskonzession,<br />

sondern einen Dienstleistungsauftrag<br />

darstelle, gälten die vergaberechtlichen<br />

Vorschriften des GWB. Der<br />

BGH knüpft analog der Rechtsprechung<br />

des EuGH das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession<br />

daran, dass der Auftragnehmer<br />

das Betriebsrisiko überwiegend<br />

trage. Um dies zu bewerten, seien<br />

die herrschenden Marktbedingungen<br />

48 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>

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