Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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6 Bahnpolitik –<br />
Wettbewerb hat schweren Stand<br />
6.1 Zwischenbilanz zum<br />
Koalitions vertrag<br />
Der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben<br />
Bundesregierung ist bahnpolitisch sehr ambitioniert<br />
und hinsichtlich seiner Ziele und<br />
Prüfaufträge nahezu uneingeschränkt zu<br />
begrüßen. Die liberale Handschrift ist daran<br />
erkennbar, dass die Unabhängigkeit der<br />
<strong>Eisenbahn</strong>infrastrukturunternehmen des<br />
Bundes deutlich gestärkt und der Fernbusmarkt<br />
für den Wettbewerb geöffnet werden<br />
soll. Insgesamt lassen sich 20 Aufgaben<br />
mit Bezug zum Schienenverkehr aus<br />
dem Vertragswerk herausdestillieren, die in<br />
der laufenden Legislaturperiode umgesetzt<br />
werden sollen. Da sie sich der Halbzeitmarke<br />
nähert, erscheint es angebracht, eine<br />
Zwischenbilanz zu ziehen.<br />
In der Gesamtbetrachtung muss die bisherige<br />
Regierungsarbeit in der Schienenverkehrspolitik<br />
als »ausbaufähig« bezeichnet<br />
werden. Negativ schlägt zu Buche,<br />
dass noch kein einziges der wichtigen Gesetzesvorhaben<br />
ins Kabinett eingebracht<br />
worden ist. Einen kursorischen Überblick<br />
über den Stand der Umsetzung für die 20<br />
Vorhaben verschafft Abbildung 48 auf Seite<br />
148.<br />
Die Höhepunkte der Bilanz im Einzelnen:<br />
Zwei Aufgaben sind zumindest formal<br />
erfüllt (grüne Ampel). Die Förderung<br />
des Kombinierten Verkehrs wird fortgesetzt,<br />
wenngleich die Fortschreibung<br />
einer verkehrspolitisch unstrittigen Zuwendung<br />
sicher keine besondere politische<br />
Leistung bedeutet. Die Neubewertung<br />
der Bedarfsplanprojekte wurde im<br />
November <strong>2010</strong> vorgelegt. Lobenswert<br />
ist, dass die Langfassung der gutachterlichen<br />
Bewertung öffentlich zugänglich<br />
ist. Auch die Aussortierung von Vorhaben<br />
ist angesichts der dramatischen Unterfinanzierung<br />
der Investitionsprojekte<br />
zu begrüßen. Bedauerlich ist jedoch,<br />
dass wichtige Projekte wie die Amerika-Linie<br />
(Langwedel – Uelzen) oder die<br />
Rhein-Sieg-Strecke (Hagen – Gießen)<br />
zum Opfer fielen, während Projekte mit<br />
geringem oder keinem Verkehrsnutzen<br />
in der Liste bleiben. Dies ist allerdings<br />
ein Folgefehler einer unzeitgemäßen<br />
Methodik, die auch im BMVBS intern<br />
kritisiert wird. Im übrigen ist anzumerken,<br />
dass die Revision unter der Vorgängerregierung<br />
unter Minister Tiefensee<br />
angestoßen wurde.<br />
Auf gelb steht die Ampel bei sieben<br />
Zielen. Bei ihnen sind Initiativen erkennbar,<br />
die aber auf ihre Vollendung<br />
warten. Vier Ziele sind mit dem Referenten-<br />
bzw. Grobentwurf zur geplanten<br />
Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) und der<br />
Implementierung eines <strong>Eisenbahn</strong>regulierungsgesetzes<br />
(ERG) verknüpft. Das<br />
neue PBefG sieht die Abschaffung des<br />
Fernbusmonopols der DB AG vor. Im<br />
ERG sind die Einführung des Regulierungsmaßstabs<br />
»Kosten effizienter Leistungsbereitstellung«,<br />
eine Erweiterung<br />
der Missbrauchsaufsicht auf Bahnstrom<br />
und Vertrieb sowie die Einführung der<br />
Ex-ante-Regulierung vorgesehen. Diese<br />
Maßnahmen sind zu begrüßen (Näheres<br />
siehe 6.2). Die Ressortabstimmung<br />
erweist sich jedoch als schwierig, handwerklich<br />
verraten beide Entwürfe zahlreiche<br />
Schwächen.<br />
Sechs Ampeln leuchten dunkelrot. Dies<br />
ist besonders schmerzlich, weil unter<br />
qualitativen Gesichtspunkten in dieser<br />
Kategorie die gewichtigsten Vorhaben<br />
verortet sind. Hierzu zählen die Aufhebung<br />
der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge<br />
der EIU mit der<br />
DB-Holding sowie das Verbot von Doppelmandaten,<br />
mit dem die Unabhängigkeit<br />
von DB Netz und DB Station &<br />
Service gestärkt werden soll. In beiden<br />
Fällen hat die DB AG – mit Rückendeckung<br />
des Kanzleramtes – den Vorstoß<br />
der FDP erfolgreich abgewehrt, ohne<br />
dass das BMBVS mit besonderem Nachdruck<br />
für die Ziele des Koalitionsvertrags<br />
zu kämpfen schien. Konzeptionelle<br />
Überlegungen zur Erprobung von<br />
Betreibermodellen in der Infrastrukturbewirtschaftung<br />
sind ebenfalls nicht erkennbar.<br />
Nicht zu beurteilen ist der Umsetzungsstand<br />
bei fünf Aufgaben, weshalb die<br />
Ampel weiß bleibt. Die Ziele sind ent-<br />
Bahnpolitik - Wettbewerb hat schweren Stand 147