Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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• Taktverwässerung<br />
Die Aufweichung des linien- und minutenscharfen<br />
Taktrhythmus hat positive<br />
wie negative Folgen. Vorteilhaft ist die<br />
Möglichkeit, durch geschicktes Ausnutzen<br />
von Korrespondenzen verschiedener<br />
Linien neue Direktverbindungen<br />
anbieten zu können. Schon die Bundesbahn<br />
hatte im System IC 79 dieses Instrument<br />
sehr umfassend genutzt. Infolge<br />
der Aufsplittung des Fuhrparks im Fernverkehr<br />
in verschiedene Zugbaureihen<br />
(ICE 1, ICE 2, ICE 3, ICE T, IC-Wagenzüge)<br />
geriet dieses Prinzip jedoch zunehmend<br />
ins Abseits. Jüngste positive Beispiele<br />
sind…<br />
• …die Wiedereinführung des ICE<br />
Prinz Eugen von Hamburg nach<br />
Wien, für den die Linien Hamburg —<br />
München und Dortmund — Frankfurt<br />
— Wien in Nürnberg neu kombiniert<br />
werden. Dadurch wird wieder<br />
eine tägliche Direktverbindung von<br />
Norddeutschland in die touristisch<br />
bedeutsamen Gebiete wie Oberpfalz,<br />
Bayrischer Wald, Bäderdreieck<br />
in Niederbayern, aber auch nach Österreich<br />
geschaffen.<br />
• …ein Linientauscher zwischen den<br />
IC-Linien 12 (Berlin— Basel) und 50<br />
(Dresden – Frankfurt/M.), so dass<br />
zumindest an Samstagen Mitteldeutschland<br />
wieder direkt mit der<br />
Schweiz verbunden ist.<br />
• …ein Linientauscher im Rahmen<br />
des Ersatzkonzeptes für den Neigetechnikausfall<br />
der ICE-Linie 50<br />
Frankfurt — Dresden und für den<br />
partiellen Ersatz der Mitte-Deutschland-Verbindung<br />
(ex IC-Linie 51).<br />
Dadurch wird die Verbindung Frankfurt/Main<br />
— Halle — Berlin — Stralsund<br />
wiederbelebt, die bei Radfahrern<br />
beliebt ist. Im Gegenzug wird<br />
das Ruhrgebiet über Kassel direkt<br />
mit Leipzig — Dresden angebunden,<br />
anstatt wie bislang einen halben<br />
Kreis mit geringer Nachfrage über<br />
Erfurt nach Berlin zu fahren.<br />
• …einzelne Linienverlängerungen zu<br />
Zielen außerhalb des Taktsystems<br />
(z. B. nach Tübingen, Siegen oder<br />
Mönchengladbach) oder Verlängerungen<br />
von touristischen Zügen<br />
(z. B. Stuttgart — Norddeich).<br />
Im Idealfall verursachen diese intelligenten<br />
Verknüpfungen allenfalls einen<br />
zusätzlichen Umstieg im Rahmen der<br />
eigentlichen Hauptlinie. Allerdings führen<br />
die unterschiedlichen Zugbaureihen<br />
dazu, dass ein einfaches Wechseln der<br />
Linien nicht mehr ohne Folgen möglich<br />
ist. So muss der ICE Prinz Eugen den<br />
Takthalt in Göttignen auslassen, weil<br />
der hier eingesetzte ICE-T statt des ICE<br />
1 nur 230 statt 250 km/h fährt.<br />
Diese kleinen Einschnitte sind aber nicht<br />
vergleichbar mit dem Trend zur Taktverwässerung<br />
bzw. zu Taktbrüchen, die<br />
am Markenkern eines Fernverkehrsangebotes<br />
mit Systemcharakter empfindlich<br />
kratzen. Hierzu zählen…<br />
• …die ICE-Linie 41 Ruhrgebiet — Köln<br />
— Frankfurt/Main — Nürnberg —<br />
Mün chen, auf der von 16 Zügen nur<br />
zehn in Köln zur Min. 44 losfahren,<br />
während der Rest bis zu 25 Min.<br />
vorher abfährt (gilt auch für die Gegenrichtung).<br />
• …die Premiumroute Hamburg —<br />
Berlin, auf der die Abfahrtszeiten<br />
zwischen Min. 51 und 08 ab Hamburg<br />
und zwischen Min. 55 und<br />
26 ab Berlin streuen. Dagegen ist<br />
der Regionalverkehr auf der Strecke<br />
streng vertaktet, so dass er an zahlreichen<br />
Stellen vom ICE gestört wird<br />
und den strengen Takt an den Unterwegshalten<br />
einbüßt. Hierdurch<br />
werden die Anschlüsse an den Busverkehr<br />
erheblich erschwert.<br />
• …die IC-Linien 26/31 von Stralsund<br />
über Hamburg nach Stuttgart. Dort<br />
verkehren die durchgebundenen IC-<br />
Züge Richtung Köln mit bis zu 30<br />
Minuten verschobenen Fahrlagen,<br />
so dass die Verzahnung mit dem<br />
Nahverkehr scheitern muss.<br />
• Taktausfälle<br />
Die zunehmende Zahl der Taktlöcher ist<br />
der Vorgabe geschuldet, bei schwach<br />
ausgelasteten Zügen mit – isoliert besehen<br />
– negativen Deckungsbeiträgen<br />
die variablen Kosten einzusparen. Exemplarisch<br />
anzuführen sind die IC-Linie<br />
26 Frankfurt — Karlsruhe (Ausfall<br />
Vormittag), ICE-Linie 28 Berlin — München<br />
(Ausfälle abends auf dem Abschnitt<br />
Nürnberg — Leipzig), IC-Linie<br />
55 Dortmund — Hannover (Streichung<br />
am Vormittag) oder die IC-Linie 60<br />
Karlsruhe — München (mehrere Ausfälle<br />
vor- und nachmittags, Reduktion<br />
z.T. auf Vier-Stunden-Takt). Die Ver-<br />
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