Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
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kommt aber unter den <strong>Wettbewerber</strong>n<br />
vor. So ging die ehemalige DB-Werkstatt in<br />
Görlitz nach dem Verlust des Lausitz-Netzes<br />
zunächst an Connex Sachsen über. Als<br />
anschließend die ODEG die Folgevergabe<br />
gewann, wurde die Werkstatt zum zweiten<br />
Mal an den neuen Betreiber weitergereicht.<br />
Auf der Schattenseite stehen Beispiele<br />
wie die Wartungsstützpunkte von<br />
trans regio in Kusel und Mayern, die nach<br />
dem Rückgewinn der Leistungen durch DB<br />
Regio überflüssig wurden.<br />
Die Verlagerung der Instandhaltung auf<br />
die Hersteller oder Dritte als Komplettlösung<br />
hat sich hingegen nicht durchgesetzt,<br />
obschon im heutigen Regulierungsrahmen<br />
die Mitnutzung bestehender Werkstätten<br />
(»Serviceeinrichtungen«) von Konkurrenten<br />
angelegt ist. Wesentliches Hemmnis ist,<br />
dass die EVU die Instandhaltung in der Regel<br />
als Kernkompetenz begreifen, bei der<br />
sie nicht von unmittelbaren Konkurrenten<br />
abhängig sein bzw. eigene Wettbewerbsvorteile<br />
mobilisieren wollen.<br />
Lediglich in Einzelfällen konnten sich zwei<br />
EVU darauf verständigen, die Kapazitäten<br />
gemeinsam zu nutzen. Beispielhaft sei die<br />
Werkstatt in Frankfurt-Griesheim genannt,<br />
die HLB und Vias sich teilen. Zentrale Voraussetzung<br />
war, dass beide Netze denselben<br />
Standort berühren und mit dem gleichen<br />
Fahrzeug (FLIRT von Stadler) bedient<br />
werden. Dagegen konnte sich die betreiberneutral<br />
konzipierte Werkstatt in Kiel<br />
von Eurotrac nach anfänglichen Erfolgen<br />
nicht durchsetzen. DB Regio und die Nord-<br />
Ostsee-Bahn von Veolia Transdev gliederten<br />
die Instandhaltung wieder in ihre Prozesse<br />
ein (»Make statt Buy«).<br />
Den Aufgabenträgern stehen mehrere<br />
Maßnahmen zur Auswahl, um die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der DB-Konkurrenten im<br />
Werkstattbereich zu steigern. Klassisches<br />
Instrument ist die Förderung eines Teils<br />
der Investitionen in den Kapazitätsaufbau.<br />
Diese halten wir für fragwürdig, weil die<br />
anfängliche Entlastung der Kapitalkosten<br />
mit dem erheblichen Nachteil der Wettbewerbsverzerrung<br />
bei Folgevergaben erkauft<br />
wird. Die Mitnutzung einer fremden<br />
Werkstatt könnte zwar diesen Effekt mindern,<br />
jedoch zeigen die Vergabeverfahren<br />
S‐Bahn Stuttgart, S‐Bahn Hannover, Hansenetz<br />
oder auch Elbe-Weser-Netz, dass die<br />
Vorgabe zur Nutzung einer fremden Werkstatt<br />
für EVU eine erhebliche Hürde errichtet.<br />
Selbst wenn Leistungen beschrieben,<br />
die Preise dafür festgelegt sind und die<br />
Haftung geregelt ist, sehen die Marktteilnehmer<br />
die Risiken aus dem fehlenden unmittelbaren<br />
Zugriff als sehr kritisch an und<br />
preisen sie mit satten Aufschlägen in ihre<br />
Kalkulation ein.<br />
Andere Maßnahmen als der direkte Mitteltransfer<br />
können effektiver sein. So ist<br />
es in Sonderfällen wie in Ballungsräumen<br />
oder großen Stadtgebieten vorstellbar,<br />
Grundstücke vorzeitig zu sichten und ggf.<br />
Kaufoptionen zu sichern, um Zeitverzögerungen<br />
bei der Standortwahl zu vermeiden.<br />
Auch der Zugang zum DB-Netz kann<br />
frühzeitig mit bedacht werden, falls er<br />
noch zu legen oder im Vorfeld anstehender<br />
Bauarbeiten abzusichern ist. Ebenso kann<br />
es hilfreich sein, das vorgegebene Fahrplankorsett<br />
so flexibel zu halten, dass neue<br />
Bieter in Tagesrandzeiten Abweichungen<br />
einplanen dürfen, die auf alternative Werkstattstandorte<br />
zugeschnitten sind. Schließlich<br />
sind Verpflichtungen zur Übernahme<br />
von Werkstätten vorstellbar. Dabei geht es<br />
nicht um die Mitbenutzung einer fremden<br />
Werkstatt, sondern die Absicherung der<br />
langfristig versunkenen Kosten (Investitionen<br />
in Gebäude, Gleisanlagen u.ä.).<br />
Erlösrisiken<br />
Eine weitere Baustelle der Wettbewerbspra<br />
xis umfasst die Bewältigung von Risiken<br />
auf der Einnahmenseite. Auch hier<br />
gilt zunächst der Leitsatz, dass sie zum<br />
Markenkern unternehmerischen Handelns<br />
gehören und daher dem EVU überantwortet<br />
werden sollten. Die Abstimmung des<br />
Fahrgastes »mit den Füßen« oder der Fahrkarte<br />
soll idealerweise einen Anreiz auf den<br />
Anbieter ausüben, möglichst gute Qualität<br />
zu marktgerechten Preisen zu liefern.<br />
Von der Finanzierungsstruktur wäre der<br />
SPNV-Markt im eingeschwungenen Zustand<br />
für ein Konzessionsmodell prädestiniert.<br />
Der Staat stellt die Infrastruktur<br />
und sichert über einen festen Zuschuss<br />
alle langfristigen Investitionen wie z. B. in<br />
SPNV-Fahrzeuge. Dagegen muss der Betreiber<br />
seine variablen Kosten (Personal,<br />
Energie, Sachkosten) am Markt der Fahrgäste<br />
verdienen. Bei verkehrlich attraktiven<br />
Netzen muss er zudem einen Deckungsbeitrag<br />
zu den Infrastrukturkosten erwirtschaften.<br />
Auf dieser Basis hat die Marktöffnung<br />
in Großbritannien erhebliche Nachfrageeffekte<br />
ausgelöst.<br />
Schienenpersonennahverkehr 67