Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Wettbewerber- Report Eisenbahn 2010/2011 - Mofair
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
• DB AG – SBB: Am 9.7.<strong>2010</strong> unterzeichneten<br />
SBB und DB AG in Basel ein Memorandum,<br />
das die Stärkung der Kooperation<br />
beider Unternehmen im<br />
grenzüberschreitenden Fernverkehr<br />
zum Ziel erklärt. Dazu soll eine neue<br />
Tochtergesellschaft gegründet werden,<br />
an der die SBB mit 60 % die Mehrheit<br />
hält. Als Blaupause der Zusammenarbeit<br />
dient die gemeinsame Marketinggesellschaft<br />
»Rheinalp«, die bereits 2006 entstanden<br />
war. Die SBB plant, neue Züge<br />
zu beschaffen, die ab Dezember 2014<br />
zwischen beiden Ländern eingesetzt<br />
werden sollen.<br />
• SBB – FS Trenitalia (Cisalpino): Ein missglücktes<br />
Exempel einer Kooperation ist<br />
das Gemeinschaftsunternehmen Cisalpino,<br />
aus dem sich die Schweizer SBB<br />
zum Fahrplanwechsel im Dezember<br />
2009 nach 16 Jahren zurückzog. Ursächlich<br />
waren die beständigen Qualitäts-<br />
und Pünktlichkeitsprobleme auf<br />
italienischer Seite, auch wenn dort der<br />
Zug teilweise nur 60 km Strecke zurücklegen<br />
musste (Chiasso — Mailand).<br />
Da sich die Schweizer bislang nicht den<br />
deutsch-österreichischen Schritt einer<br />
Kooperationslösung ohne italienische<br />
Beteiligung zutrauen, herrschen nunmehr<br />
Verhältnisse wie vor 20 Jahren,<br />
d. h. der aus Italien kommende Zug<br />
wird mit einem – vielfach wartenden –<br />
Schweizer Zug gedoppelt. Im Ergebnis<br />
ist der Schienenpersonenverkehr von<br />
Deutschland nach Italien über Gotthard<br />
und Lötschberg bedenklich geschrumpft,<br />
selbst eine umsteigefreie<br />
Nachtzugverbindung wird nicht mehr<br />
angeboten. Profiteur des internationalen<br />
Bahnversagens ist der Flugverkehr.<br />
Wettbewerbsinitiativen<br />
von Privaten im Ausland<br />
Blickt man über den nationalen Tellerrand<br />
hinaus, sind in einigen europäischen<br />
Nachbarländern Markteintritte angekündigt,<br />
die den dortigen Fernverkehrsmarkt<br />
beleben könnten. Zu nennen sind:<br />
• Österreich: Ab Dezember<br />
<strong>2011</strong> nimmt die Ende 2008<br />
gegründete WESTbahn den Betrieb im<br />
Stundentakt zwischen Salzburg und<br />
Wien mit sieben Doppelstock-Triebzügen<br />
des Typs Stadler KISS auf. Das<br />
Unternehmen ist eine Tochter der RAIL<br />
Holding AG, an der die Haselsteiner<br />
Familien-Privatstiftung, eine Beteiligungs-<br />
und Beratungs-GmbH des<br />
ehemaligen ÖBB-Personenverkehrsvorstandes<br />
Stefan Wehinger (zugleich CEO<br />
der WESTbahn) und die Oktro AG be -<br />
tei ligt sind. Experten zufolge sieht das<br />
Geschäftsmodell der WESTbahn vor,<br />
mittelfristig in den Genuss österreichischer<br />
Bundessubventionen zu gelangen,<br />
etwa in Form von Ermäßigungen<br />
für Studierende, Lehrlinge und Rentner,<br />
aber auch allgemeiner Betriebskostenzuschüsse.<br />
Von ihnen pro fi tiert bis dato<br />
ausschließlich die ÖBB, worüber sich<br />
die Verantwortlichen der WESTbahn<br />
bereits massiv beschwerten.<br />
Kürzlich hat die WESTbahn ihre Bereitschaft<br />
angedeutet, ein Angebot für die<br />
im Dezember <strong>2010</strong> eingestellte ÖBB-<br />
Linie Graz — Linz zu prüfen, ebenso sei<br />
man an Regionalverbindungen interessiert,<br />
sofern sie bestellt würden. Im Ausland<br />
halten die Gesellschafter Verlängerungen<br />
bis München oder Bratislava für<br />
möglich.<br />
• Italien: Die mehrheitlich pri -<br />
vate Gesellschaft NTV (Nuovo<br />
Trasporto Viaggiatori), die 2006 u. a.<br />
vom Ferrari-Chef di Montezemolo mit<br />
gegründet wurde und an der zu 20 %<br />
die SNCF beteiligt ist, hat für Ende<br />
<strong>2011</strong> angekündigt, in Konkurrenz zur<br />
FS Trenitalia unter der Marke »italo«<br />
Verkehrsleistungen zwischen neun verschiedenen<br />
Städten mit zwölf Stationen<br />
anzubieten. Darunter befindet sich mit<br />
der Direktverbindung Mailand — Rom<br />
(Fahrzeit: rund drei Stunden) das Herz -<br />
stück des italienischen Fernverkehrs. Als<br />
Fahrzeuge sollen 25 neu entwickelte<br />
AGV von Alstom eingesetzt werden, die<br />
für 618 Mio. Euro gekauft wurden und<br />
mittlerweile ausgeliefert werden. Primäre<br />
Zielgruppe sind Geschäftskunden,<br />
30.000 Fahrgäste sollen pro Tag die<br />
Züge nutzen.<br />
Angesichts der Tatsache, dass auf der<br />
Webseite von NTV der letzte substanzielle<br />
Eintrag vom Mai <strong>2010</strong> datiert,<br />
sind Zweifel angebracht, ob die Betriebsaufnahme<br />
tatsächlich unmittelbar<br />
bevorsteht. In die gleiche Richtung<br />
könnte die im März <strong>2011</strong> geäußerte<br />
Beschwerde NTVs weisen, dass der italienische<br />
Netzbetreiber RFI dem Start-up<br />
Steine in den Weg lege, indem Rege-<br />
124 <strong>Wettbewerber</strong>-<strong>Report</strong> <strong>Eisenbahn</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>