Arbeitszeitgestaltung und -beratung in kleinen und mittleren - Inmit
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s<strong>in</strong>d Fürsprecher der Vertrauensarbeitszeit, sondern lehnen diese sogar explizit ab, da <strong>in</strong> der Regel<br />
die sozialen <strong>und</strong> kulturellen Voraussetzungen für e<strong>in</strong> derartiges Modell nicht gegeben seien, <strong>und</strong> es<br />
deshalb <strong>in</strong> der betrieblichen Praxis nicht gelebt werden könne. „Ich kann nur davor warnen. Ich<br />
versuche auch, die Firmen davor zu bewahren. Vertrauensarbeitszeit kann nur dort funktionieren,<br />
wo e<strong>in</strong> Vertrauen da ist.“ (Arbeitgebernaher Berater).<br />
Arbeitszeitkonten s<strong>in</strong>d den Experten zufolge mittlerweile e<strong>in</strong> gängiges <strong>und</strong> weit verbreitetes Instrument<br />
zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Sie werden primär genutzt, um betriebliche Flexibilitätsspielräume<br />
zu gew<strong>in</strong>nen. In der Regel handelt es sich um Kurzzeitkonten (meist Jahreskonten)<br />
zum Ausgleich von saisonalen oder konjunkturellen Auftragsschwankungen. Die (meist) hohen<br />
Zeitguthaben auf den Konten wurden <strong>in</strong> der Wirtschaftskrise zur Arbeitszeitverkürzung genutzt, um<br />
Massenentlassungen <strong>in</strong>folge teils massiver Auftragse<strong>in</strong>brüche zu vermeiden. Arbeitszeitkonten<br />
werfen den <strong>in</strong>stitutionellen Beratern zufolge nur dann ke<strong>in</strong>e Probleme auf, wenn transparente Regelungen<br />
existieren, die den Beschäftigten tatsächlich größere Autonomiespielräume bei der Zeitentnahme<br />
gewähren, die im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ampel Interventionsmechanismen vorsehen, um e<strong>in</strong>e Überschreitung<br />
der (tariflichen) Ober- <strong>und</strong> Untergrenzen im Plus-/M<strong>in</strong>usbereich zu verh<strong>in</strong>dern. Arbeitszeitkonten<br />
bzw. flexible Arbeitszeiten haben aus Arbeitgebersicht den großen Vorteil, dass Zuschläge<br />
für Mehrarbeit entfallen <strong>und</strong> sich somit die Arbeitskosten reduzieren lassen.<br />
Den befragten Experten zufolge ist der Verbreitungsgrad von mitarbeiterorientierten Arbeitszeitmodellen<br />
<strong>in</strong> der Modellregion nach wie vor zu ger<strong>in</strong>g. Die regionalen Betriebe, mit denen die <strong>in</strong>stitutionellen<br />
Berater <strong>in</strong> der Regel zusammenarbeiten, zählen mit Ausnahme e<strong>in</strong>iger namhafter Großunternehmen<br />
nicht zu den Vorreitern e<strong>in</strong>er humanzentrierten Arbeitszeitpolitik. Den Beobachtungen<br />
zufolge haben bislang nur wenige Unternehmen konkrete Gestaltungsmaßnahmen e<strong>in</strong>geleitet,<br />
die <strong>in</strong> der Umsetzung von familien- <strong>und</strong> genderfre<strong>und</strong>lichen, lebensphasenorientierten, alterns-<br />
oder ges<strong>und</strong>heitsgerechten Arbeitszeitmodellen münden. Dieses verbreitete Umsetzungsdefizit ist<br />
umso problematischer, weil die mit dem demografischen Wandel e<strong>in</strong>hergehenden Verschiebungen<br />
<strong>in</strong> der Altersstruktur der Erwerbsbevölkerung, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit <strong>und</strong> die Versperrung<br />
der Wege <strong>in</strong> den Vorruhestand proaktives Handeln erforderlich machen, um die langfristige<br />
Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer ebenso wie die betriebliche Leistungs- <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit<br />
weiterh<strong>in</strong> zu erhalten. Dies gilt angesichts der verschärften Konkurrenz um Fachkräfte<br />
vor allem für Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Mittelbetriebe, die deutliche Rekrutierungsnachteile gegenüber den<br />
am Arbeitsmarkt als attraktiver geltenden Großbetrieben zu erwarten haben.<br />
Dennoch sche<strong>in</strong>t sich den Beobachtungen der Experten zufolge <strong>in</strong> der Problemwahrnehmung langsam<br />
e<strong>in</strong> Umdenken abzuzeichnen. Sie registrieren mittlerweile bei ihren Mitgliedsunternehmen e<strong>in</strong><br />
zunehmendes Interesse an familien- <strong>und</strong> frauenfre<strong>und</strong>lichen Maßnahmen, u. a. um die beschäftigten<br />
Frauen im Betrieb halten oder weibliche Arbeitssuchende leichter rekrutieren zu können. Das<br />
Thema Familie <strong>und</strong> Beruf stößt auch <strong>in</strong>nerbetrieblich auf e<strong>in</strong>e langsam wachsende Resonanz –<br />
selbst <strong>in</strong> den männerdom<strong>in</strong>ierten Branchen, wobei sich das Interesse auf Teilzeitmodelle, Elternzeit<br />
oder auch auf betriebliche K<strong>in</strong>derbetreuungsangebote konzentriert. Manche Unternehmen haben<br />
längst familien- <strong>und</strong> genderfre<strong>und</strong>liche Maßnahmen umgesetzt, die e<strong>in</strong>e bessere Vere<strong>in</strong>barkeit von<br />
Familie <strong>und</strong> Beruf ermöglichen, ohne dass diese sich <strong>in</strong> entsprechenden Vere<strong>in</strong>barungen oder Regelwerken<br />
niederschlagen oder sie werden nicht explizit als solche kommuniziert, weil das damit<br />
verb<strong>und</strong>ene imageträchtige Potenzial (noch) nicht ausreichend erkannt wird.<br />
Vordergründig stimmen zwar sämtliche Experten dem Argument zu, dass die Betriebe von mitarbeiterorientierten<br />
bzw. familienfre<strong>und</strong>lichen Arbeitszeitmodellen langfristig nur profitieren können<br />
<strong>und</strong> angesichts der gesellschaftlichen Trends diese Richtung e<strong>in</strong>schlagen müssen, um gegenüber<br />
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