E-Paper | Falstaff Magazin Deutschland 04/2019
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Die Fleischmarmorierung<br />
ist das außergewöhnliche<br />
Merkmal der Tajima-Rinder,<br />
die durch strenge Kontrolle<br />
der Blutlinie veredelt wurden.<br />
Wagyu-Rinder aus <strong>Deutschland</strong>:<br />
der Stall von Rüdiger Marquardt.<br />
durch strenge Kontrolle der Blutlinie veredelt<br />
wurden. Dabei garantieren die kleinen<br />
Herdengrößen eine hohe Präzision in der<br />
Zucht und ausgezeichnete Qualität. Nur<br />
rund 5000 Rinder erhalten jährlich den<br />
Qualitätsstempel der Japanischen Chrysantheme,<br />
ihr Fleisch den Namen Kobe Beef.<br />
Die kleine Produktionsmenge erklärt nicht<br />
zuletzt auch den hohen Preis.<br />
ZU VIEL FETT?<br />
Ob Zuchtaufwand und Verknappung den<br />
Preis rechtfertigen, muss wohl jeder, der<br />
in den Genuss dieses außergewöhnlichen<br />
Fleisches kommt, selbst entscheiden. Mit<br />
einem hohen Fettanteil von mindestens<br />
40 Prozent ist Kobe Beef deutlich fetthaltiger<br />
als herkömmliches Steakfleisch in Europa<br />
und Amerika.<br />
Deshalb scheiden sich beim Kobe Beef<br />
auch die Geister. Außerhalb Japans kommt<br />
dieses Fleisch nicht bei allen Steak-Liebhabern<br />
so gut an. Vielen ist es einfach zu fett,<br />
sie vermissen die Kernigkeit eines T-Bone-<br />
Steaks. Andererseits besitzt das Fett im<br />
Kobe Beef eine niedrigere Schmelztemperatur.<br />
Das sorgt beim Braten für unvergleichlich<br />
zartes Fleisch, das quasi auf der Zunge<br />
zu zergehen scheint. Wer das in <strong>Deutschland</strong><br />
ausprobieren möchte, muss bei einem<br />
Online-Händler wie Don Carne oder Otto<br />
Gourmet bestellen – sie beliefern auch die<br />
Gastronomie. Klassische Metzger führen<br />
das Fleisch so gut wie nie.<br />
Auf Kobe Beef spezialisierte Köche in<br />
Japan würzen ihr Fleisch äußerst reduziert<br />
mit Salz und Pfeffer, bei Bedarf kann es<br />
auch in mit Soja-Soße gemischten Senf<br />
gedippt werden. Steaksoßen sucht man<br />
hier vergebens. Das wäre für Japaner ein<br />
barbarischer Akt.<br />
Lexikon<br />
der Rinderrassen<br />
falstaff.com/rind-guide<br />
<<br />
WAGYU MADE IN GERMANY<br />
TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />
Ein Stück Japan in <strong>Deutschland</strong> – das<br />
ist bei Rinderzüchtern seit gut zehn<br />
Jahren populär. 2008 gründete sich<br />
der »Wagyu Verband <strong>Deutschland</strong>«, in dem<br />
heute 175 Zuchbetriebe Mitglied sind. Einer<br />
von ihnen ist Rüdiger Marquardt, dessen 220<br />
reinrassige Wagyu auf den Weiden in Holstein<br />
grasen. Marquardt war einer der ersten, der<br />
2007 mit der Zucht begann. Von seinem<br />
Sohn, der bei Alfons Schuhbeck in<br />
Die Marquardts besorgten sich Genmaterial<br />
aus den USA – denn bis auf eine kurze Zeit in<br />
den 1990er Jahren, als Japan den Export von<br />
Embryonen und Samen von reinrassigen Rindern<br />
erlaubte, darf das Genmaterial das Land<br />
bis heute nicht verlassen. Nach und nach wuchs<br />
ihre Herde an – mit 36 Monaten Mastzeit dauert<br />
es mehr als doppelt so lange wie bei der normalen<br />
Rinderzucht, wo die Tiere schon nach 15<br />
Monaten unters Messer kommen.<br />
die Lehre ging hatte er gehört,<br />
dass es eine ganz besondere<br />
Rinderrasse gebe. Eine,<br />
mit unerhörter Marmorierung,<br />
hohem Fettanteil<br />
und zartschmelzender<br />
Konsistenz.<br />
Das probieren wir, entschied<br />
Marquard senior,<br />
und baute den eigentlich<br />
schon stillgelegten Bauernhof<br />
seines Vaters<br />
wieder auf.<br />
»Wenn ein Laie ein Stück Fleisch<br />
Wagyu Beef.<br />
Was den Züchtern zugute<br />
kommt, sind die veränderten<br />
Essensgewohnheiten der<br />
Deutschen. »Heute gibt<br />
es zwar viel mehr Vegetarier«,<br />
sagt Klaus Möbius,<br />
der nahe Chemnitz<br />
Wagyus züchtet und<br />
Vorsitzender des Wagyu-<br />
Verbands ist. »Aber<br />
gleichzeitig sind die Leute<br />
eher bereit, viel Geld für<br />
Fleisch auszugeben, wenn sie<br />
wissen, wo es herkommt.«<br />
von einem Limousin-Rind probiert, vom Charolais<br />
oder Angus, kann er das nicht unterscheiden«,<br />
sagt Fynn Marquardt, Rüdigers<br />
Neffe, der ebenfalls in die Zucht eingestiegen<br />
ist. »Wenn er ein Stück Wagyu probiert, dann<br />
bleibt das im Gedächtnis.«<br />
Dass Wagyu-Fleisch made in Germany eine<br />
Nische bleiben wird, ist klar, denn die Zahl der<br />
Tiere ist niedrig. Burger aus deutschem Wagyu,<br />
ein saftiges Entrecôte oder auch Shortribs können<br />
aufmerksame Restaurant-Besucher aber<br />
immer wieder finden.<br />
jun <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
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