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E-Paper | Falstaff Magazin Deutschland 04/2019

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gourmet / INTERNATIONAL HOTSPOT<br />

GR AN PURISMO<br />

Niko Romito holt in seinem Drei-Sterne-Restaurant »Reale« das Allerbeste aus<br />

seinen Zutaten heraus – kein bisschen weniger und kein bisschen mehr.<br />

Das ist große Kunst und schmeckt grandios.<br />

TEXT TOBIAS MÜLLER<br />

Sie wollen wissen, wie unglaublich gut<br />

eine Artischocke schmecken kann?<br />

Was alles an Aromen in diesem Gemüse<br />

steckt, von Anchovis über Lakritze<br />

bis Heu, ganz ohne jede Würze? Oder wie<br />

unfassbar fleischig, komplex, köstlich eine<br />

Taubenbrust sein kann? Wie befriedigend<br />

und vielschichtig eine unscheinbare frische<br />

Pasta, wie aufregend jodig ein Kalmar?<br />

Fahren Sie in die Abgeschiedenheit der<br />

Abruzzen zu Niko Romito in sein »Reale«<br />

und finden Sie es heraus. Der Mann bringt<br />

dort die Essenz, die platonische Idee seiner<br />

Zutaten auf schlichte, weiße Teller.<br />

Romitos Speisen sind prächtig puristisch<br />

angerichtet: Die Artischocke liegt nackt und<br />

perfekt auf dem Teller, begleitet von nichts<br />

außer drei Punkten Rosmarincreme, die Taube<br />

von einem Klecks Pistazienmus, die makellose<br />

Schönheit der frischen Pasta trübt nicht<br />

einmal ein Span Parmesan – das ist ein reduziertes<br />

Fest für die zu oft von Schäumchen,<br />

Schwämmchen und Bremsspuren gequälten<br />

Augen des Sterne-Restaurant-Besuchers.<br />

DIE FEHLENDEN ZEHN PROZENT<br />

Doch man darf sich nicht täuschen lassen:<br />

Hinter der simplen Präsentation stecken extrem<br />

aufwendige Gerichte. Dämpfen und<br />

braten, marinieren, fermentieren, pochieren:<br />

Romito bearbeitet seine Schätze mitunter tagelang,<br />

bis er das Allerletzte, die fehlenden zehn<br />

Prozent an Köstlichkeit herausgeholt hat.<br />

Ähnlich schlicht und doch aufregend<br />

schön ist auch das Restaurant: ein altes<br />

Kloster, vorsichtig und liebevoll umgebaut<br />

und mit Designermöbeln aus dem vergangenen<br />

Jahrhundert (vor allem italienischer<br />

Provenienz) eingerichtet – kein Stück zu<br />

viel, aber auch keines zu wenig. Wer kann,<br />

der bleibt daher gleich über Nacht in einem<br />

der tollen Zimmer. Ja, das kostet alles Geld<br />

– selten aber wird es so gut investiert sein.<br />

FAZIT: Japanisch anmutende Perfektion und<br />

Schlichtheit treffen auf moderne westliche Kochkunst<br />

und -techniken. Das Restaurant »Reale« in einem prächtig<br />

renovierten alten Kloster ist ein Gesamtkunstwerk, wie es<br />

sogar unter Drei-Sterne-Restaurants selten zu finden ist.<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

CASADONNA REALE<br />

Contrada Santa Liberata<br />

67031 Castel di Sangro, Italien<br />

T: +39 0864 69382<br />

nikoromito.com<br />

50 von 50<br />

19 von 20<br />

19 von 20<br />

10 von 10<br />

98 von 100<br />

Fotos: brambilla_serrani, Andrea Delbo, Alberto Zanetti, beigestellt<br />

138 falstaff jun <strong>2019</strong><br />

95–100 Punkte 90–94 Punkte 85–89 Punkte 80–84 Punkte

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