E-Paper | Falstaff Magazin Deutschland 04/2019

tasting / RHEIN
Der Rhein ist nicht der längste
Fluss Europas und auch nicht
derjenige mit dem größten
Einzugsgebiet. Aber wenn es um
die pittoresken und romantischen
Seiten des Weinbaus geht, macht
ihm so schnell kein anderes Fließgewässer
die Königskrone streitig.
TEXT & NOTIZEN ULRICH SAUTTER, BENJAMIN HERZOG
UND DOMINIK VOMBACH
Der Rhein fließt 1233 Kilometer von den
Alpen bis in die Nordsee. Auf seiner Reise
durch halb Europa passiert er auf weit
über der Hälfte seines Weges, auf rund
750 Kilometern, Regionen, in denen der
Weinbau ein wichtiger Erwerbszweig ist. Für diese Verkostung
haben wir Weine gesucht, deren Bezug zu
Vater Rhein besonders stark ist. Das Auswahlkriterium
war, dass die Reben in Sichtweite des Flusses wachsen
müssen, idealerweise natürlich direkt an seinen Ufern.
Zweitens haben wir uns auf trockene Weine beschränkt,
da andernfalls die raren (und selten getrunkenen)
Trockenbeerenauslesen mit ihren typischerweise
hohen Bewertungen die Probe dominiert hätten.
Unterteilt haben wir diese Verkostung geografisch,
sodass man zu jedem Flussabschnitt einige Spitzenweine
und einige eher alltägliche Kreszenzen als Empfehlungen
findet. Ihnen allen gemein ist, dass sie die Wein-
Charaktere ihrer Herkunftsregion mit großer Typizität
zeigen. Dabei haben wir uns auch immer wieder
gefragt, ob es so etwas wie »den« Rheinwein im Allgemeinen
gibt. Man könnte sagen: mit Blick auf die Rebsorten
ja, denn es sind eindeutig Riesling und Spät-/
Blauburgunder, die am Rhein dominieren. Mit Blick
auf den Weinstil fällt eine Vereinheitlichung schwer,
denn der Rheinwein beginnt mit der Urwüchsigkeit
der Bündner Herrschaft, er wird am Hochrhein subtil,
am Oberrhein glutvoll, in Rheinhessen würzig, um in
der beerigen und zugleich stahligen Art des Rheingaus
und im mineralisch fokussierten Geschmack des Mittelrheins
zu kulminieren.
R(H)EINES
Fotos: Shutterstock
226 falstaff jun 2019