E-Paper | Falstaff Magazin Deutschland 04/2019
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Dabei vermag Gemüse vom Grill durchaus<br />
erheblichen Charme zu entwickeln,<br />
dem sich bei näherer Betrachtung auch der<br />
unreformierte Fleischgriller nicht entziehen<br />
will. Allein, dass Gemüse beim Grillen keine<br />
krebserregenden Stoffe entwickelt, sollte<br />
den Meistern der gepflegten Fleischverbrennung<br />
zu denken geben. Und zwar auch<br />
dann nicht, wenn es schon richtig verkohlt<br />
ist. Im Gegenteil: Gefeierte Sterneköche aromatisieren<br />
ihre Gerichte gern mit der Asche<br />
jenes Gemüses, das sie in Szene setzen. Die<br />
Raucharomen sorgen für verlockende, komplexe<br />
Geschmäcker. Der südsteirische Überkoch<br />
Harald Irka etwa betört seine Gäste<br />
im Rahmen des Meeresfrüchte-Menüs<br />
GEFEIERTE<br />
STERNEKÖCHE<br />
AROMATISIEREN<br />
IHRE GERICHTE<br />
GERN MIT DER<br />
ASCHE JENES<br />
GEMÜSES, DAS SIE<br />
IN SZENE SETZEN.<br />
seines neuen »Saziani Gwölbs« mit einem<br />
außen komplett verkohlten, innen zu purer<br />
Glückscreme geschmorten Zucchino, den er<br />
einer Seezunge zur Seite stellt. Wenn glühende<br />
Kohlen einen so unwiderstehlich machen,<br />
dann möchte man sich gleich selbst dazu in<br />
die Glut legen.<br />
Aber ganz im Ernst: Der Kontrast von<br />
außen schwarzknuspriger Hülle und innen<br />
weißer, schmelziger Gemüsefülle stellt den<br />
luxuriösen Biss der Seezunge beinahe in den<br />
Schatten. Auch sonst lässt sich mit diesem<br />
Kontrast wunderbar spielen. Im Orient wissen<br />
sie, wie das geht, daran darf unsereins<br />
sich durchaus ein Beispiel nehmen. Von<br />
Auberginenkaviar aus gegrillter Aubergine<br />
über in der Glut gegarter Roter Bete bis zu<br />
Chioggia-Rüben – der oft eindimensionale<br />
Geschmack mancher Gemüsesorten verwandelt<br />
sich unter dem Eindruck des Feuers<br />
in komplexe Aromen. Mit entsprechenden<br />
Dressings – ob mit der Sesampaste<br />
Tahina, mit Miso und der koreanischen<br />
Wunderpaste Gochujang oder mit Zitrusfrüchten<br />
und frischen Kräutern lassen sich<br />
daraus spektakuläre Gerichte basteln, die<br />
keineswegs nur Vegetarier bezaubern.<br />
Überhaupt ist das vielleicht ein guter<br />
Vorsatz für diesen Grillsommer: der Geschmacksvielfalt<br />
wieder einmal ein wenig<br />
auf die Sprünge helfen, zur Abwechslung<br />
auch abseits der Freuden des Fleisches zum<br />
Glück finden. Angeblich lassen sich anspruchsvolle<br />
Gäste inzwischen nämlich<br />
viel eher beeindrucken, wenn auch die eine<br />
oder andere vegetarische Herrlichkeit vom<br />
Grill kommt, als nur die längst bekannten<br />
Edelteile von diesem oder jenem Tier.<br />
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jun <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
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