E-Paper | Falstaff Magazin Deutschland 04/2019
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spirits / WODKA<br />
Stolichnaya heißt<br />
so viel wie »aus<br />
der Hauptstadt<br />
kommend«. Die<br />
Rohstoffe (Weizen<br />
und Roggen) der<br />
meistkonsumierten<br />
Wodkamarke der<br />
Welt stammen aus<br />
der Region Tambow<br />
in Russland.<br />
Auch wenn niemand mehr konsumiert<br />
als Russland mit sagenhaften 13,8 Litern pro<br />
Kopf und Jahr: Polen hat die Führungsrolle<br />
unter den Wodka-Rivalen übernommen,<br />
wenn es um die (staatlichen) Anstrengungen<br />
in Richtung Qualität geht. Der Gesetzgeber<br />
sieht für polnischen Wodka vor, dass alle<br />
Produktionsschritte im Land erfolgen, selbst<br />
die Flaschenproduktion. Mit Herstellern wie<br />
Belvedere, der den Warschauer Präsidentenpalast<br />
als Logo am Etikett führt, wurde man<br />
aber auch zum Pionier beim Terroir-Gedanken<br />
unter den Wodkas. Idente Zutaten ergeben<br />
die unterschiedlichen Geschmacksprofile<br />
der »Single Estate Rye«-Serie von Belvedere:<br />
Der Roggen aus Smogóry bringt ein anderes<br />
Destillat hervor als jener aus dem 500 Kilometer<br />
entfernten Seengebiet Bartężek. Während<br />
der »Smogóry Forest« deutlich getreidig<br />
und mit der roggentypischen zarten Pfeffrigkeit<br />
ins Glas kommt, dominiert die Frische<br />
von grünen Äpfeln und Kräutern im<br />
»Lake Bartężek«. Es ist der Bauernhof, der<br />
zählt, könnte man über diesen neuen Weg zu<br />
mehr Geschmack sagen.<br />
<<br />
HERKUNFT STATT BELIEBIGKEIT<br />
Der beschränkt sich auch nicht auf den Roggen.<br />
Frühkartoffeln der Sorte Vineta aus<br />
Kaschubien kommen bei Vestal Vodka in<br />
Eine neue Generation: Wodka so »neutral« wie<br />
möglich herzustellen ist nicht mehr das oberste Ziel.<br />
den unfiltrierten »Kaszebe«, rotschalige<br />
Asterix-Erdäpfel von der Ostseeküste in den<br />
»Pomorze«. Dass man eine bestimmte Herkunft<br />
der Rohfrucht im fertigen Brand<br />
schmecken kann, ist dabei eine zu hoch<br />
gegriffene Analogie zum Wein. Doch man<br />
soll wieder schmecken, woraus der Wodka<br />
erzeugt wurde – was für viele Konsumenten<br />
ein ziemliches Novum darstellt. Ein echter<br />
Farmhouse-Wodka wie der Vorarlberger<br />
»Boдкa« (Gemüsebauer Simon Vetter pflegt<br />
die russische Schreibweise am Etikett) riecht<br />
dann etwa »wie frisch aufgeschnittene<br />
Rohscheiben«. So beschrieb der Wiener<br />
Gastronom Heinz Karasek (»Das Heinz«)<br />
die Kosteindrücke des Rheintal-Wodkas<br />
vom Vetterhof.<br />
ROHSCHEIBEN UND ROGGENKRAFT<br />
»Regionalität und Zusammenarbeit sind für<br />
uns ein wichtiger Bestandteil«, bestätigt<br />
Dominik Babst von der Diwisa Distillerie in<br />
Willisau/Kanton Luzern. Ein Schweizer<br />
»Wässerchen« hätte schließlich nur dann<br />
eine Chance unter den mittlerweile gut 3000<br />
Wodka-Marken, wenn es anders ist als alle<br />
anderen. Die Maische für den »Xellent Vodka«<br />
stammt daher aus den Roggensorten<br />
Matador und Picasso aus der Zen tralschweiz.<br />
»Uns ist es wichtig, dass Wodka<br />
nicht einfach da ist, um einen Drink ›aufzuspriten‹,<br />
sondern mit seinem Charakter dem<br />
Drink eine eigene Identität geben soll«, so<br />
Babst. Mutiger werden bei der vermeintlich<br />
neutralen Spirituose war auch bei Brenner-<br />
Kollegen Oliver Matter und seinem im Vorjahr<br />
gebrannten »Wodkari« ein Thema. Dieser<br />
entstand während der Suche nach dem<br />
Fotos: Fotografie Peter Kuehnl, Shutterstock, Stefan Zenzmaier, beigestellt<br />
58 falstaff jun <strong>2019</strong>