Ausgabe 199
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: sechs Mal jährlich mit bis zu 145 Seiten Österreich. Downloads in vier verschiedenen pdf-Varianten auf http://oesterreichjournal.at/
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>199</strong> / 22. 06. 2021<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
37<br />
Thema Nummer 1 in der Diskussion war<br />
die Verteilung der Covid-19-Impfstoffe in -<br />
nerhalb der EU: „Ohne die österreichische<br />
Initiative wäre das Ungleichgewicht bei der<br />
Impfstoffverteilung noch größer geworden.<br />
Der hartnäckige Einsatz von Bundeskanzler<br />
Sebastian Kurz auf europäischer Ebene hat<br />
sich ausgezahlt.“<br />
Auch am geplanten „digitalen grünen Zer -<br />
tifikat“ als Nachweis für Geimpfte, Genesene<br />
und Getestete zeigten die Europa-Ge -<br />
meinderätinnen und -Gemeinderäte großes<br />
Interesse, stellt dieses doch einen entscheidenden<br />
Schritt in Richtung Wiederherstellung<br />
der Mobilität und Normalität in der EU<br />
dar – besonders wichtig für die heimische<br />
Wirtschaft und den Tourismus in Österreich.<br />
Hinsichtlich der EU-Erweiterung sei für<br />
Österreich aus Gründen der politischen Stabilität<br />
und wirtschaftlichen Chancen die<br />
europäische Perspektive für die Westbalkan-<br />
Staaten von immenser Bedeutung, vor allem<br />
gegenüber der Präsenz anderer Mächte wie<br />
Chi na, Russland oder der Türkei in der Re -<br />
gion. In Bezug auf die Beziehungen der EU<br />
zur Türkei sei die Aufrechterhaltung der<br />
Dia logfähigkeit notwendig, allein aufgrund<br />
der geopolitischen Lage des Landes und seiner<br />
Rolle in der Migrationskrise. „Es muß<br />
jedoch ein Dialog auf Augenhöhe sein. Kritik<br />
gegenüber der Türkei müsse klar angesprochen<br />
werden“, verwies Edtstadler etwa<br />
auf das jüngst angekündigte Ausscheiden des<br />
Landes aus dem Übereinkommen des Europarats<br />
zur Verhütung und Bekämpfung von<br />
Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt<br />
(Istanbul-Konvention) oder auf Vorfälle rund<br />
um die protokollarische Behandlung von<br />
Kom missionspräsidentin Ursula von der<br />
Leyen bei einem Besuch in Ankara (Sofagate).<br />
„Mit derartigen Schritten entfernt sich<br />
die Türkei immer weiter von einem EU-Beitritt.“<br />
Stärken der EU ausbauen und<br />
Lehren aus den Schwächen ziehen<br />
„Wir nehmen vieles in der EU als selbstverständlich<br />
wahr, etwa Vorteile wie das<br />
grenzenlose Reisen. Die Coronavirus-Krise<br />
hat uns deutlich vor Augen geführt, welche<br />
negativen Auswirkungen es haben kann,<br />
wenn von heute auf morgen die bislang offenen<br />
Grenzbalken geschlossen werden, etwa<br />
für den Pendlerverkehr. Daher müssen wir<br />
uns über den Nutzen und die Vorteile der EU<br />
wieder stärker bewußt werden und diese auch<br />
klar kommunizieren.“ Die Entwicklung der<br />
Covid-19-Impfstoffe etwa sei in sensationell<br />
schnellem Tempo erfolgt. „Gleichzeitig<br />
heißt dies aber nicht, daß wir berechtigte und<br />
differenzierte Kritik an der Union unterlassen<br />
sollten – ganz im Gegenteil. Die Pandemie<br />
hat die Schwächen der EU schonungslos<br />
offengelegt, etwa in der Abhängigkeit von<br />
Drittstaaten bei der Beschaffung von medizinisch<br />
notwendigen Gütern oder bei der<br />
Impf stoff-Verteilung innerhalb der EU. Die -<br />
se Punkte müssen wir offen ansprechen und<br />
die Lehren daraus ziehen, vor allem im Kontext<br />
der EU-Zukunftskonferenz“, unterstrich<br />
die Europaministerin.<br />
„Mein Ziel ist es, daß es künftig in jeder<br />
österreichischen Gemeinde eine Europa-<br />
Gemeinderätin oder einen Europa-Gemeinderat<br />
gibt. Ich hoffe, Sie alle möglichst bald<br />
persönlich kennenzulernen“, bekräftigte Edtstadler.<br />
Erfreulicherweise wächst deren Zahl<br />
aktuell über 1.200 stetig an. Das Netzwerk<br />
dient vor allem dazu, Wissen und Informationen<br />
an die Bevölkerung weiterzugeben<br />
und dort die Sichtbarkeit von EU-Themen<br />
und -Projekten zu erhöhen. Umgekehrt profitiert<br />
die Europaministerin über das Netzwerk<br />
von der direkten Wahrnehmung der<br />
EU-Stimmung in der österreichischen Be -<br />
völkerung. Denn, so Edtstadler: „Die EU ist<br />
nicht in Brüssel oder Straßburg. Sie ist dort,<br />
wo die Menschen Probleme haben und sich<br />
von der EU Lösungen erwarten.“ n<br />
https://www.eu-zukunftskonferenz.at/<br />
https://www.europagemeinderaete.at/<br />
Arbeitsgespräche in Madrid und Lissabon<br />
Zur Bewältigung von Herausforderungen<br />
wie dem wirtschaftlichen Comeback,<br />
dem Kampf gegen Covid, der Koordination<br />
beim Wiederaufbau und einem gemeinsamen<br />
Plan für die Zukunft brauchen wir Allianzen<br />
innerhalb der Europäischen Union“,<br />
betonte Europaministerin Karoline Edtstadler<br />
am 27. April nach ihrem Arbeitsgespräch<br />
mit dem spanischen Europa-Staatssekretär<br />
Juan González-Barba in Madrid. Spanien stel -<br />
le dabei einen wichtigen Partner dar. Beide<br />
Seiten machten sich für die möglichst rasche<br />
Einführung des „Grünen Passes“ stark: „Für<br />
Tourismusländer wie Spanien und Österreich<br />
ist dies von besonderer Bedeutung.“ Dieser<br />
Punkt sei auch bei einem Zusammentreffen<br />
mit Wirtschaftsministerin Nadia Calviño the -<br />
matisiert worden.<br />
„Stärken und Schwächen der Union wurden<br />
durch die Pandemie offengelegt. Wir<br />
müssen in der EU an einem Strang ziehen,<br />
wenn wir das wirtschaftliche Comeback und<br />
den grünen und digitalen Wandel schaffen<br />
wollen. Dann bleibt Europa mit globalen<br />
Playern wie den USA oder China auf Augenhöhe“,<br />
so Edtstadler. Es gehe nun um eine<br />
rasche und faire Verteilung der Impfdosen,<br />
damit alle Mitgliedstaaten das EU-Ziel erfüllen<br />
können und mindestens 70 Prozent der<br />
Menschen eine Impfung zur Verfügung stellen<br />
können.<br />
Westbalkan muß zu Europa gehören<br />
Zur Migrationspolitik hielt Österreichs<br />
Eu ropaministerin fest, daß man hier den Mi -<br />
grationsdruck vor allem in den Jahren 2015<br />
und 2016 hart zu spüren bekommen habe:<br />
„Wir setzen auf Hilfe vor Ort, auf Außengrenzschutz<br />
und auf Rückübernahmeabkommen.“<br />
Was die Beitrittsambitionen Nordmazedoniens<br />
und Albaniens betrifft, unterstrich<br />
Karoline Edtstadler ihre Forderung nach<br />
einem schnellen Vorankommen bei den Beitrittsverhandlungen:<br />
„Nachdem wir im März<br />
letzten Jahres die Gespräche mit beiden Staa -<br />
ten begonnen haben, ist es eine Frage der<br />
Glaubwürdigkeit der EU, hier endlich zu<br />
handeln. Der Westbalkan ist ein Gebiet, das<br />
zu Europa gehören muß.“ Und schließlich<br />
kam es in Madrid noch zu einem weiteren<br />
Treffen, mit der Ministerin für den ökologischen<br />
Wandel Teresa Ribera, wo der Green<br />
Deal im Mittelpunkt des Austauschs stand.<br />
Bereits einige Tage davor fanden im ak -<br />
tuellen Ratsvorsitz-Land Portugal Gespräche<br />
mit der portugiesischen Europa-Staatssekretärin<br />
Ana Paula Zacarias und Außenminister<br />
Augusto Santos Silva statt. Dabei standen<br />
der „Grüne Paß“, die EU-Erweiterung<br />
und die EU-Zukunftskonferenz im Fokus.<br />
Die Europaministerin unterstrich auch<br />
bei ihrem Besuch in Lissabon, wie wichtig<br />
es sei, daß die Verhandlungen zum Grünen<br />
Pass rasch fortgeführt werden. „Ich bin mir<br />
sicher, daß dieses Zertifikat Mobilität auf<br />
allen Ebenen zurückbringt, also im Tourismus,<br />
bei Geschäftsreisen sowie bei Sportund<br />
Kulturveranstaltungen“, betonte Edtstadler,<br />
wobei man sich in dieser Frage auf<br />
beiden Seiten einig gewesen sei.<br />
Ebenso wurden die geplanten EU-Beitrittsverhandlungen<br />
mit Nordmazedonien<br />
und Albanien thematisiert. „Wenn die Europäische<br />
Union nicht bald die Verhandlungen<br />
mit den beiden Beitrittskandidaten aufnimmt,<br />
droht der Einfluß von China und Ruß -<br />
land auf dem Balkan zu wachsen“, hielt Edtstadler<br />
fest.<br />
n<br />
»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at