Ausgabe 199
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: sechs Mal jährlich mit bis zu 145 Seiten Österreich. Downloads in vier verschiedenen pdf-Varianten auf http://oesterreichjournal.at/
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>199</strong> / 22. 06. 2021<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
71<br />
Foto: ÖVK<br />
Studio Festsaal: Plenar-Schlusssektion (v.l.):. Plenarvortragender Oliver Blume (Porsche),<br />
Sektionsleiter Helmut Eichlseder (TU Graz) und Bernhard Geringer (TU Wien, ÖVK)<br />
gien in der Flotte sehr schnell auswirken,<br />
weil die Jahresfahrleistung neuer Pkw im<br />
Schnitt viel höher als von Altfahrzeugen ist.<br />
Noch viel schneller verbessert jedoch der<br />
Einsatz alternativer, umweltfreundlicher<br />
Kraftstoffe die Gesamtumweltbilanz, weil<br />
der gesamte Fahrzeugbestand davon profitieren<br />
kann.<br />
David Bothe von Frontier Economics<br />
dagegen macht darauf aufmerksam, daß in<br />
aktuellen Lebenszyklusanalysen besonders<br />
der wichtige Bereich der Infrastruktur fehlt.<br />
Gerade für Strom und Wasserstoff sind die<br />
Bereitstellung und die Lade- bzw. Tankinfrastruktur<br />
sehr energieintensiv.<br />
Im schweren Nutzfahrzeugbereich dagegen<br />
liegen überhaupt noch kaum Lebenszyklusdaten<br />
vor, berichtet Hinrich Helms vom<br />
Institut für Energie- und Umweltforschung<br />
(Ifeu) in Heidelberg. Ifeu hat eine Lebenszyklusanalyse<br />
für Schwer-Lkw in Deutschland<br />
für das Jahr 2030 erstellt. Die Studienautoren<br />
warnen davor, daß mit der heutigen Politik,<br />
die wichtige Faktoren in der Gesamtbilanz<br />
eines Fahrzeugs wie die Energieerzeugung<br />
nicht berücksichtigt, die Gefahr besteht, daß<br />
falsche Technologien subventioniert werden.<br />
Grundsätzlich ergibt die Studie des Ifeu,<br />
daß ein Betrieb der Lkw mit grünem Wasserstoff<br />
oder E-Fuel (strombasierter synthetischer<br />
Kraftstoff) mit dem deutschen Strommix<br />
für die nächsten Jahre CO 2 -mäßig keinen<br />
Sinn macht. Auch ein batterieelektrischer<br />
Lkw hat 2030 mit dem dann zu erwartbaren<br />
deutschen Strommix keine bessere<br />
Foto: ÖVK<br />
CO 2 -Bilanz als ein Verbrenner-Lkw mit E-<br />
Diesel, der mit Solarstrom in Marokko er -<br />
zeugt wurde. Mit marokkanischem Windstrom<br />
schneidet der E-Diesel-Lkw sogar besser<br />
als der batterieelektrische Lkw mit deutschem<br />
Strom ab. Aber: Das setzt voraus, daß<br />
Die unter info@oevk.at bestellbaren<br />
Vortragsbände mit allen Vorträgen<br />
des Motorensymposiums 2021<br />
bis 2030 in Marokko nicht nur die Ökostromanlagen<br />
in Betrieb sind, sondern auch die<br />
Produktionsanlagen für E-Diesel, betonen<br />
die Studienautoren.<br />
Auch die zuständigen EU-Behörden se -<br />
hen für den Schwerverkehr keine klare „Vorreitertechnologie“,<br />
so Nikolaus Steininger<br />
von der Generaldirektion Klimapolitik der<br />
Europäischen Kommission in seinem Vortrag.<br />
Grundsätzlich ist die EU für eine Technologieoffenheit,<br />
dazu brauche es aber adäquate<br />
Rahmenbedingungen und Investitionen.<br />
2022 soll diskutiert werden, auch die Energieerzeugung<br />
für die CO 2 -Bilanz eines Fahrzeugs<br />
heranzuziehen. Die Dekarbonisierung<br />
der Mobilität und besonders des Schwerverkehrs<br />
erfordert laut Steininger jedenfalls eine<br />
Langzeitstrategie. Attraktiv erscheinen batte -<br />
rieelektrische Schwerfahrzeuge für den re -<br />
gionalen Verkehr und Wasserstoff-Antriebe<br />
sowie Oberleitungssysteme für den Langstreckenverkehr.<br />
Keine große Rolle wird den<br />
E-Fuels beigemessen.<br />
Günter Fraidl von der AVL List fordert,<br />
daß die Defossilisierung bei der Energieerzeugung<br />
und nicht beim Antrieb des Fahrzeugs<br />
beginnt. Nicht die Antriebspalette be -<br />
stimmt die Energieträger, sondern die Energiequellen<br />
und -träger sollen die Antriebspalette<br />
bestimmen. Der geringe Anteil an er -<br />
neuerbarer Energie weltweit verhindert, daß<br />
die steigende Anzahl an lokal emissionsfreien<br />
Fahrzeugen in gleichem Ausmaß den<br />
globalen CO 2 -Ausstoß senkt. Weltweit nahm<br />
laut Fraidl die Produktion von erneuerbarer<br />
Energie 2020 nur um ein Prozent zu. Die<br />
Energieproduktion ist weltweit der größte<br />
CO 2 -Erzeuger, zitiert Fraidl Climate Watch.<br />
Soll die Klimapolitik nachhaltig sein,<br />
sind jedoch auch für jede Region Verfügbarkeit,<br />
Leistbarkeit und Arbeitsplätze in die<br />
Gesamtbetrachtung aufzunehmen. Gesamtheitliche<br />
Lebenszyklusanalysen beziehen<br />
diese Faktoren mit ein.<br />
n<br />
https://wiener-motorensymposium.at/<br />
»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at