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Ausgabe 199

Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: sechs Mal jährlich mit bis zu 145 Seiten Österreich. Downloads in vier verschiedenen pdf-Varianten auf http://oesterreichjournal.at/

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>199</strong> / 22. 06. 2021<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

69<br />

Tagung. Das Institut für Verbrennungskraftmaschinen<br />

und Thermodynamik der TU<br />

Graz unter der Leitung von Univ.-Prof. Helmut<br />

Eichlseder, der jahrelang am Wasserstoffmotor<br />

etwa mit BMW forschte und entwickelte,<br />

liefert wertvolle Basisarbeit samt<br />

Testanalysen sowohl für Bosch wie für die<br />

AVL List und andere Unternehmen.<br />

Der Wasserstoffmotor basiert meist auf<br />

einem Diesel- oder Gasmotor, mit dem er<br />

sich laut Roberto Golisano, Punch Torino,<br />

rund 80 Prozent der Komponenten teilt. Speziell<br />

auf den Wasserstoffbetrieb ausgelegt<br />

werden müssen vor allem das Einspritzsystem,<br />

die Kurbelgehäuseentlüftung sowie das<br />

Zünd- und Motorsteuerungssystem. Zur Er -<br />

füllung anspruchsvollster Emissionsgrenzwerte<br />

braucht der Wasserstoffmotor – anders<br />

als der Brennstoffzellenantrieb – ein Abgasnachbehandlungssystem.<br />

Allerdings ist es<br />

we niger komplex als bei einem modernen<br />

Dieselmotor. Denn beim Verbrennungsprozeß<br />

von Wasserstoff entstehen nur geringe<br />

Mengen an Stickoxiden sowie ein winziger<br />

Ausstoß an Partikeln durch das Motoröl.<br />

Relativ zu sehen ist laut Andreas Kufferath<br />

von Bosch der schlechtere Wirkungsgrad<br />

des Wasserstoffmotors, den die Berliner<br />

Ingenieursgesellschaft Auto und Verkehr<br />

(IAV) in einer Vergleichsstudie mit max. 42<br />

Prozent gegenüber rund 55 Prozent beim<br />

Brennstoffzellenantrieb angibt. Denn die<br />

Brennstoffzelle kann ihren Wirkungsgradvorteil<br />

laut Bosch nur bei niedriger und mittlerer<br />

Last voll ausspielen, nicht aber bei Voll -<br />

last, weil sie sonst „überhitzt“, ihr Wärmemanagement<br />

überfordert. Der Wasserstoffmotor<br />

dagegen hat dieses Problem nicht.<br />

Gerade Schwernutzfahrzeuge und speziell<br />

Off-Highway-Fahrzeuge wie Minen-Lkw<br />

oder Landmaschinen sind oft im Volllastbetrieb<br />

unterwegs.<br />

Der Serienstart von Wasserstoff-Lkw<br />

könnte bereits 2024 erfolgen und so rasch<br />

zur CO 2 -Reduktion im Nutzfahrzeugbereich<br />

beitragen. MAN will laut Lukas Walter in<br />

seinem Vortrag noch heuer mit einem Test-<br />

Lkw starten.<br />

Brennstoffzellen-Lkw aus Asien<br />

Schwer-Lkw mit Brennstoffzellenantrieb<br />

sind bereits auf Europas Straßen unterwegs.<br />

Sie kommen vor allem aus Asien, von Großserien<br />

kann jedoch nicht die Rede sein. So<br />

bezieht das Schweizer Konsortium „H 2 Energy“<br />

seit 2020 Brennstoffzellen-Lkw (36-Ton -<br />

ner) von Hyundai. Derzeit sind 39 Lkw im<br />

Einsatz, bis Ende 2023 sollen es 1.000 sein.<br />

Sie tanken Druckwasserstoff mit 350 bar<br />

Foto: ÖVK<br />

Sektionsleiter Günter Hohenberg (TU Darmstadt) vor virtuellem Hintergrund Konferenz -<br />

zentrum Hofburg Vienna<br />

und schaffen eine Reichweite von rund 400<br />

Kilometern. Andere Hersteller wie Toyota,<br />

Daimler oder Nikola haben entsprechende<br />

Pläne angekündigt.<br />

Die Anforderungen eines Schwer-Lkw an<br />

den Brennstoffzellenantrieb unterscheiden<br />

sich stark von jenen eines Pkw. Für Lkw muß<br />

der Antrieb laut Christian Mohrdieck von<br />

der Firma Cellcentric etwa eine Lebensdauer<br />

von 25.000 Betriebsstunden erreichen, für<br />

Pkw reichen 8.000 Stunden.<br />

Frächter fordern zudem, daß der Brennstoffzellenantrieb<br />

auf das Preisniveau eines<br />

modernen Diesel- oder zumindest batterieelektrischen<br />

Antriebs kommt. Dies gilt vor<br />

2030 als wenig realistisch. Ein Grund hierfür<br />

sind der hohe Edelmetallbedarf des Systems<br />

und die noch geringen Produktionsmengen<br />

an Brennstoffzellen. Derzeit werden laut<br />

Marc Sens von der IAV weltweit erst ein<br />

paar tausend Brennstoffzellenstapel produziert,<br />

erst für 2030 wird mit einer Produktion<br />

von 500.000 Stück pro Jahr gerechnet, was<br />

den Preis stark drücken werde. Daneben gilt<br />

es auch noch den nötigen hohen Edelmetallbedarf<br />

des Systems zu senken.<br />

Laut Sens ist der Brennstoffzellenantrieb<br />

derzeit aber auch noch nicht robust genug<br />

für den internationalen Schwerverkehr. Da -<br />

neben unterliegt die Brennstoffzelle wie die<br />

Batterie einem Alterungsprozess, ihre Leistung<br />

nimmt mit der Einsatzdauer ab.<br />

Wasserstoffmotor als Türöffner<br />

Es gibt aber auch Herausforderungen und<br />

Vorteile, die sich der Wasserstoffmotor und<br />

der Brennstoffzellenantrieb teilen. Beide be -<br />

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at<br />

nötigen den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur.<br />

Wobei der Wasserstoffmotor dank<br />

schnellerer und früherer Marktdurchdringung<br />

den Türöffner spielen und Wasserstoff-<br />

Tankstellenbetreibern eine Mindestauslastung<br />

garantieren könnte.<br />

Anders als beim Laden von Batterien gibt<br />

es beim Wasserstoff einheitliche Tankstutzen,<br />

auch beim Abgabedruck hat sich der<br />

Markt auf 350 und 700 bar geeinigt – im Ge -<br />

gensatz zu der „Spannungsvielfalt“ an Ladesäulen.<br />

Das Wasserstofftanken ist für einen<br />

Fern-Lkw mit 1.000 km Reichweite in wenigen<br />

Minuten erledigt.<br />

Für den von Daimler favorisierten Flüssigwasserstoff<br />

gibt es noch keine Infrastruktur.<br />

Flüssigwasserstoff hat eine höhere Energiedichte<br />

als Druckwasserstoff, erlaubt so -<br />

mit bei gleichem Tankvolumen mehr Reichweite.<br />

Er muß jedoch permanent auf minus<br />

252 Grad C gekühlt werden, was sehr energieintensiv<br />

ist. Ein weiteres Problem sind die<br />

„Verdampfungsverluste“ von flüssigem Was -<br />

serstoff, was für Lkw wegen geringerer Stehzeiten<br />

jedoch als weniger heikel als für Pkw<br />

gilt. Einen entsprechenden Tank stellt Johannes<br />

Winklhofer von der Salzburger Aluminium<br />

Group (SAG) auf dem Motorensymposium<br />

vor. Die aufwendigen Tanks sind nach<br />

wie vor einer der größten Kostenfaktoren bei -<br />

der Antriebe und beeinflussen maßgeblich<br />

die Gesamtbetriebskosten, die für Frächter<br />

entscheidend sind.<br />

Christian Mohrdieck von Cellcentric fordert<br />

auch finanzielle Anreize durch die Politik.<br />

Die entscheidende Rolle wird jedoch der<br />

Preis von Wasserstoff spielen, vor allem vom

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