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Ausgabe 199

Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: sechs Mal jährlich mit bis zu 145 Seiten Österreich. Downloads in vier verschiedenen pdf-Varianten auf http://oesterreichjournal.at/

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>199</strong> / 22. 06. 2021<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

70<br />

Foto: OVK<br />

Studio Festsaal: Plenar-Eröffnungssektion (v.l.): Plenarvortragende Stefan Hartung (Bosch)<br />

und Uwe Wagner (Schaeffler), Sektionsleiter Bernhard Geringer (TU Wien, ÖVK)<br />

gewünschten „grünen“ Wasserstoff, der mit -<br />

tels Elektrolyse mit Ökostrom und Wasser<br />

hergestellt wird. In der EU gilt ein Herstellungspreis<br />

von 4,5 Euro pro Kilo grünem Was -<br />

serstoff bis 2025 als realistisch. In Regionen<br />

mit extrem günstigem Ökostrom wie Nordafrika<br />

oder Südamerika ist von 1,15 Euro pro<br />

Kilo laut Thomas Korn, Chef der Firma<br />

Keyou, die Rede. An der Tankstelle kostet<br />

heute ein Kilo Wasserstoff rund neun Euro,<br />

allerdings handelt es sich dabei überwiegend<br />

um Wasserstoff, der aus Erdgas um rund<br />

zwei Euro pro Kilo erzeugt wird. Der Wasserstoffmotor<br />

bietet diesbezüglich einen<br />

weiteren Vorteil, wie MAN betont: Er verträgt<br />

auch den Mischbetrieb von Erdgas und<br />

Wasserstoff. Der CO 2 -Vorteil ist dann geringer,<br />

aber trotzdem vorhanden.<br />

Ist die aktuelle Klimapolitik<br />

ein Irrweg?<br />

Das Testergebnis schreckte viele Elektrofans<br />

auf: Laut deutschem Autofahrerclub<br />

ADAC erzeugt der VW ID.4, ein reines E-<br />

Auto, mittelbar 114 Gramm CO 2 pro Kilometer<br />

und damit ungefähr so viel wie ein<br />

vergleichbares Auto mit Dieselmotor. Die<br />

114 Gramm CO2 errechnet der ADAC auf<br />

Basis des mittleren Stromverbrauchs des<br />

ID.4 in der Höhe von 22,8 kWh auf 100 Ki -<br />

lometer und des deutschen Strommixes mit<br />

rund 500 Gramm CO 2 pro Kilowattstunde.<br />

Auch auf dem Internationalen Wiener<br />

Motorensymposium 2021 warnten Experten,<br />

daß eine effiziente Klimapolitik im Verkehr<br />

mehr braucht als die Elektrifizierung der<br />

Fahrzeuge. So genannte Lebenszyklusanalysen,<br />

die alle Abschnitte eines Fahrzeugs –<br />

Produktion, Energiebereitstellung, Nutzung,<br />

Entsorgung, Recycling – umfassen, liefern<br />

wichtige Entscheidungshilfen für Politiker<br />

und Gesetzgeber.<br />

Derzeit berücksichtigen die gesetzlichen<br />

CO 2 -Vorgaben nur den kleinen Teil der<br />

direkten, unmittelbaren CO 2 -Emissionen, die<br />

während des Betriebs des Fahrzeugs auftreten<br />

(vom Tank bis zum Rad). Dieser An satz<br />

fördert die Verlagerung der verkehrsbedingten<br />

Emissionen vom Auspuff zu den Kraftwerken<br />

sowie in andere Weltgegenden,<br />

warnt David Bothe von Frontier Economics<br />

in Köln. Für den Treibhauseffekt zählen<br />

jedoch alle CO 2 -Emissionen gleich, egal, wo<br />

und wann sie auftreten.<br />

Die Elektrifizierungsoffensive bringt un -<br />

term Strich daher eine viel geringere CO 2 -<br />

Einsparung als erwartet. So kommen Thomas<br />

Bruckmüller und Werner Tober von der<br />

TU Wien in ihrer Studie zum Schluß, daß un -<br />

ter Berücksichtigung der Energieerzeugung<br />

bis 2040 bei einem angenommenen Bestands -<br />

anteil von 30 Prozent batterieelektrischer<br />

Fahrzeuge (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge)<br />

sowie rund 15 Prozent erneuerbarem Kraftstoffanteil<br />

der CO 2 -Ausstoß in Österreich ge -<br />

genüber 2019 nicht wie laut offizieller Verbrauchsdaten<br />

um 44 Prozent, sondern real<br />

nur um 25 Prozent sinken wird. In Deutschland<br />

mit einem kohlenstofflastigeren Strommix<br />

als in Österreich beträgt der tatsächlich<br />

erwartbare CO 2 -Rückgang trotz 10 Millionen<br />

batterieelektrischer Pkw bis 2030 gar<br />

nur sechs Prozent, errechnet Frontier Economics<br />

in einer Studie.<br />

Diese Meta-Analyse von Frontier Economics<br />

im Auftrag der Forschungsvereinigung<br />

Verbrennungskraftmaschinen (FVV) in<br />

Frankfurt beleuchtet auf Basis von mehr als<br />

80 Studien mit fast 500 Szenarien den Le -<br />

benszyklus eines Fahrzeugs von der „Wiege<br />

bis zum Grab“. Sie ergibt laut Bothe, „daß<br />

aus Sicht des Klimaschutzes absehbar keine<br />

einzelne Antriebstechnologie die Nase vorn<br />

hat.“ Langfristig erlauben laut dieser Analyse<br />

alle Antriebe über das gesamte Fahrzeugleben<br />

betrachtet einen fast CO 2 -neutralen Be -<br />

trieb – vorausgesetzt, sie nutzen grüne Energie.<br />

Ein Verbot von Verbrennungsmotoren,<br />

die zwar einen schlechteren Wirkungsgrad<br />

als Elektroantriebe haben, aber in der Produktion<br />

viel weniger CO 2 verursachen als et -<br />

wa der batterieelektrische oder Brennstoffzellenantrieb,<br />

kann in der Gesamtbilanz den<br />

CO 2 -Ausstoß sogar erhöhen. Auch die um -<br />

fangreiche Vergleichsstudie der Ingenieurgesellschaft<br />

Auto und Verkehr (IAV) in Berlin<br />

ergibt: Mehrere Wege führen zum ehrgeizigen<br />

CO 2 -Reduktionsziel 2030 im Verkehr.<br />

Die deutsche Firma P3 automotive zeigt,<br />

wie der Strommix eines Landes die Vorteile<br />

des Elektroantriebs gegenüber dem Verbrennungsmotor<br />

beeinflußt. So erreicht 2030 ein<br />

Pkw mit E-Antrieb und österreichischem<br />

Strom mix den CO 2 -Gleichstand mit einem<br />

mild hybridisierten Verbrennungsmotor trotz<br />

der energieintensiven Batterieherstellung be -<br />

reits bei 34.000 Kilometern, mit deutschem<br />

Strommix jedoch erst nach 48.000 Kilometern.<br />

Grundsätzlich darf, so Jürgen Schenk von<br />

P3 automotive, eine Kilowattstunde Strom<br />

bei der Erzeugung nicht mehr als 50 Gramm<br />

CO 2 -Äquivalent erzeugen, damit der Elektro -<br />

antrieb die beste Wahl zur Erreichung des<br />

Klimaziels ist. 2020 betrug dieser Wert etwa<br />

in Deutschland rund 500 Gramm CO 2 . Bis<br />

2030 soll er auf 308 Gramm sinken.<br />

Die Rahmenbedingungen für eine Le -<br />

benszyklusanalyse werden durch die ISO<br />

14040:2006 geregelt. Für Pkw ist dazu schon<br />

sehr viel Datenmaterial vorhanden. Dennoch<br />

gibt es noch einigen Verbesserungsbedarf,<br />

wie auch Bruckmüller von der TU Wien be -<br />

tont. Aufbauend auf einem Forschungsprojekt<br />

mit Joanneum Research in Graz nimmt<br />

er in dem Berechnungsmodell die Änderungen<br />

des Emissionsverhaltens eines Fahrzeugs<br />

über dessen Lebensdauer mit auf. Damit wird<br />

bestätigt, daß sich neue Antriebstechnolo-<br />

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at

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