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Untitled - VDSt zu Bremen

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(1456), Basel (1460), Ingolstadt (1472), Trier (1473), Mainz (1477) und Frankfurt a. d. O. (1506): Alle<br />

diese Universitäten hatten noch kirchliche und weltliche Stiftungsurkunden. Die Nationenverfassung<br />

verlor immer mehr an Bedeutung, die Fakultätsverfassung setzte sich vollkommen durch, mit der Folge,<br />

daß die Freiheit der Scholaren immer mehr beschränkt wurde. Die Reglementierung begann schon bei der<br />

halboffiziellen Aufnahmeprozedur, der ” depositio“, welcher sich der Fux oder Beanus nach seiner Eintragung<br />

in die Matrikel <strong>zu</strong> unterwerfen hatte und die bald in arge Quälerei ausartete. Wohnung und Essen<br />

erhielt man in der ” bursa“ (vgl. Bursche, Börse), die an die Kollegien angeschlossen war und Magister<br />

und Scholaren bei Unterricht und Mahlzeiten vereinte, weshalb auch eigene Vorlesungsgebäude fehlten.<br />

Den stärksten Besuch wiesen um 1500 die Universitäten Erfurt, Köln, Leipzig und Wittenberg auf, aber<br />

die <strong>zu</strong>nehmende Individualisierung und Patriotisierung der Wissenschaften begann den internationalen<br />

Charakter des Universitätsbetriebes <strong>zu</strong> beseitigen.<br />

c. Reformation und Glaubenskämpfe<br />

Nach den aus dem Geist der Renaissance gewachsenen Universitäten entstanden in einem dritten Gründungsabschnitt<br />

im Zuge von Reformation und Gegenreformation wiederum ” neuere“ Hochschulen.<br />

Marburg (1527), Königsberg (1544), Jena (1558), und Würzburg (1582) zählten hier<strong>zu</strong>. Bis <strong>zu</strong>m Beginn<br />

des Dreißigjährigen Krieges wurden ferner gegründet: Dillingen (1554), Braunsberg (1568), Helmstedt und<br />

Olmütz (1576), Herborn (1584), Graz (1586), Gießen (1607), und Paderborn (1614). Deutschland wurde<br />

damit <strong>zu</strong>m Land mit den meisten Universitäten. Allerdings muß man bei der Bewertung der meisten dieser<br />

Hochschulen sowohl bezüglich ihrer quantitativen als auch qualitativen Bedeutung erhebliche Abstriche<br />

machen. Zu den großen Universitäten mit über 400 Studenten zählten lediglich Wittenberg, Leipzig,<br />

Helmstedt, Frankfurt a. d. O., Ingolstadt und Jena, <strong>zu</strong> den mittleren mit 200 bis 400 Studenten Tübingen,<br />

Rostock, Heidelberg, Köln, Freiburg, Dillingen und Marburg Alle anderen hatten im Durchschnitt weniger<br />

als 200 Studenten.<br />

Im Zuge des fortschreitenden Verfalls des Deutschen Reiches und im Dreißigjährigen Krieg vermehrte sich<br />

die Zahl der Universitäten weiterhin. Bis <strong>zu</strong>m Ende des Krieges wurden gegründet: Straßburg (1621),<br />

Rinteln (1621), Altdorf und Salzburg (1622), Osnabrück (1630), Kassel und Dorpat (1632), nach dem<br />

Westfälischen Frieden entstanden Bamberg (1648), Duisburg (1655), Kiel (1665) und Innsbruck (1669).<br />

Protestantische und katholische Universitäten hielten sich in etwa die Waage. Der internationale Charakter<br />

der Universitäten war nunmehr völlig verlorengegangen. Das landesherrliche Regiment engte die<br />

Selbstverwaltung ein, die Universitäten wurden infolge der Kleinstaaterei <strong>zu</strong> provinziellen Staatsanstalten.<br />

Zu den Universitäten mit größerer Bedeutung zählten nur noch Leipzig, Jena, Wittenberg und Köln.<br />

Die Durchschnittszahl der Professoren lag bei 16 bis 18.<br />

Das bewegte Leben des 17. Jahrhunderts in Staat und Gesellschaft spiegelte sich auch an den Universitäten<br />

wider. Die Studenten trennten sich von ihrem geistlichen Gewand, begannen modebewußt <strong>zu</strong><br />

renommieren und schmückten sich mit farbigen Bändern an Hut und Degen. Waffentragen wurde <strong>zu</strong>r<br />

Selbstverständlichkeit, besoldete Universitätsfechtmeister traten auf. Händel jeder Art, Totschlag, Aufläufe,<br />

Kämpfe mit Stadtwachen und Pedellen (Universitätspolizei) bestimmten die Tagesordnung und<br />

zeichneten bis 1810 das äußere Bild der Studentenschaft. Zu Beginn des Krieges riß der Pennalismus ein,<br />

die Quälerei und das ” Ausnehmen“ der Jüngeren durch die Älteren, der allerdings mit Kriegsende durch<br />

energisches Einschreiten der Behörden wieder beseitigt wurde. Das Duell kam in Mode und sollte bis in<br />

die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine große Bedeutung behalten. Anfänglich schlug man sich ad hoc<br />

auf der Straße oder in Lokalen, erst nach und nach bildete sich ein Fechtkomment heraus. Exzessives<br />

Saufen gehörte <strong>zu</strong>m guten Ton, und so war es ein gewisser Fortschritt, als 1616 der erste Biercomment<br />

von Blasius Multibibus erschien. Die Studenten schufen sich ihre eigene, stark latinisierte Sprache und<br />

ihre eigenen Lieder. In die Lücke, welche die Nationen hinterlassen hatten, traten nun mehr die ” alten“<br />

Landsmannschaften, Zusammenschlüsse von Studenten gleicher landsmannschaftlicher Herkunft. Sie<br />

standen unter einem machtvollen gewählten Senior und traten mit eigenen Gesetzen und eigenem Vermögen<br />

geschlossen auf. Alles in allem ertrotzten sich die Studenten so ein großes Maß von dem, was sie<br />

unter Burschenfreiheit verstanden.<br />

d. Die deutschen Universitäten <strong>zu</strong>r Zeit der Aufklärung<br />

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde Europa von einer neuen geistesgeschichtlichen Bewegung durchdrungen,<br />

der Aufklärung. Ihre Wurzeln reichten bis tief in die Renaissance <strong>zu</strong>rück, aber erst im 18. Jahr-<br />

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