Untitled - VDSt zu Bremen
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der germanistischen Zweigwissenschaft der Volkskunde bezeichnet man alle die Merkmale, die ein Volk<br />
kennzeichnen, also Sprache, Literatur, große künstlerische Leistungen, Sage und Märchen, sowie schwer<br />
definierbare Wesenszüge in allen Bereichen des Lebens und der Kultur – angefangen vom Gruß bis <strong>zu</strong>m<br />
Rechtsempfinden und Ordnungsvorstellungen – mit dem Begriff Volkstum. Dieses deutsche Volkstum<br />
sollte durch systematische Arbeit in Theorie und Praxis überall dort gestärkt und gefördert werden,<br />
wo es bedroht war. Solche Bedrohungen bestanden in den Ostgebieten des Deutschen Reiches, wo die<br />
deutsche Bevölkerung durch Abwanderung nach Westen und in die Städte ständig abnahm, während die<br />
polnischen Bewohner stetig stark <strong>zu</strong>nahmen, und im Vielvölkerstaat der Donaumonarchie. Mit diesen<br />
Erkenntnissen begann der Begriff des Nationalstaates, der das politische Denken des 19. Jahrhunderts<br />
beherrscht hatte, in seiner damaligen Form immer fragwürdiger <strong>zu</strong> werden, und so drang man immer<br />
mehr von einer rein staatlichen Betrachtung der deutschen Geschichte <strong>zu</strong> einem volklichen Denken vor.<br />
Aus der Erkenntnis, daß sich nach dem Verlauf der deutschen Geschichte Staats- und Volksgruppen nicht<br />
decken können, kamen die <strong>VDSt</strong>er <strong>zu</strong> einem vertieften Verständnis von der Bedeutung und Stellung der<br />
deutschen Volksgruppen jenseits der Reichsgrenzen, deren kulturelle Eigenständigkeit durch das Deutsche<br />
Reich und durch seine Bürger erhalten und gestärkt werden sollte.<br />
Gemäß dem VT-Beschluß von 1892 wurden rege Kontakte <strong>zu</strong> den deutschnationalen Verbindungen Österreichs<br />
aufgenommen. Man betonte, daß eine studentische Vereinigung die Pflicht und die Möglichkeit habe,<br />
” die staatlich zersprengte Nation auch ohne staatliche Einheit“ <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>fügen. Der Kontakt zwischen<br />
dem Kyffhäuser-Verband und dem Waidhofener Verband der wehrhaften Vereine deutscher Studenten in<br />
”<br />
der Ostmark“ wurde in der Folgezeit noch enger. Seit 1895 regten die V<strong>VDSt</strong> die Bildung akademischer<br />
Ortsgruppen des Deutschen Ostmarkvereins und des Deutschen Schulvereins an, des späteren Vereins für<br />
das Deutschtum im Ausland (VDA), und haben in ihnen entscheidend mitgearbeitet.<br />
Als durch die Sprachenverordnung des österreichischen Ministerpräsidenten Badeni (1895 bis 1897) mit<br />
dem Deutschtum in Böhmen auch die älteste deutsche Universität in Prag (gegründet 1348) in ihrem<br />
Bestand bedroht wurde, kam es im gesamten Deutschen Reich <strong>zu</strong> heftigen Protestaktionen, bei denen die<br />
<strong>VDSt</strong>er sich besonders hervortaten. Ihr Verband schuf in diesem Zusammenhang auf seiner 18. VT 1898<br />
die Prager Hilfskasse. Nach diesem VT-Beschluß mußte in jedem Semester jeder <strong>VDSt</strong> für jedes 25. seiner<br />
Mitglieder einen Vereinsbruder nach Prag <strong>zu</strong>m Studium und <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng eines wehrhaften VdSt<br />
entsenden oder aber nach einer Art Selbstbesteuerung einen festgesetzten Betrag in die Hilfskasse zahlen,<br />
aus der die in Prag weilenden <strong>VDSt</strong>er finanziell unterstützt wurden. Die 21. VT 1901 wandelte diese<br />
Einrichtung in eine nationale Hilfskasse für alle deutsch-österreichischen Hochschulen um.<br />
Auch die Arbeit des Deutschen Vereins für das nördliche Schleswig wurde unterstützt.<br />
In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, als der rein-nationale Gedanke schon stark an Bedeutung<br />
verloren hatte, wurde in seiner Fortset<strong>zu</strong>ng die Volkstums- und Grenzlandarbeit intensiviert. Im<br />
Jahr 1903 hatten Berliner <strong>VDSt</strong>er <strong>zu</strong>m ersten Mal eine Fahrt an die Ostgrenze des Deutschen Reiches<br />
unternommen, eine ” Ostmarkenfahrt“. Diese wurde in der Folgezeit eine Einrichtung des ganzen Verbandes,<br />
die regelmäßig durchgeführt wurde und den jungen Studenten die Probleme der bäuerlichen Siedlung<br />
in den dünnbesiedelten Ostgebieten des Reiches nahebrachte.<br />
Vor allem aber richtete man den Blick nach dem Südosten. Mit den deutschen Volksgruppen in Siebenbürgen,<br />
im Banat und in anderen Teilen der österreichisch-ungarischen Monarchie gewann man durch Reisen<br />
einzelner <strong>VDSt</strong>er persönliche Kontakte. Angehörige dieser Volksgruppen wurden, wenn sie im Deutschen<br />
Reich studierten, vielfach in einem <strong>VDSt</strong> aktiv. Durch das Studium reichsdeutscher Bundesbrüder an<br />
österreichischen Hochschulen mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng der nationalen Hilfskasse wurde die Vorausset<strong>zu</strong>ng für<br />
die Gründung eigener V<strong>VDSt</strong> in Österreich geschaffen. Mit der Auflösung des Waidhofener Verbandes,<br />
mit dem man bis dahin in einem freundschaftlichen Verhältnis gestanden hatten, wurde diese Frage<br />
immer mehr akut. In den Jahren 1912 bis 1914 entstand in Graz durch die Umwandlung des dortigen<br />
” Akademischen Philologenvereins“ der erste schwarze“ <strong>VDSt</strong> außerhalb der Reichsgrenze, der schon auf<br />
”<br />
der VT des Jahres 1914 in den Verband aufgenommen werden sollte, hätte dies nicht der Kriegsausbruch<br />
verhindert.<br />
2.6 Die Auseinanderset<strong>zu</strong>ng der Vereine Deutscher Studenten mit der Parteipolitik<br />
Neben den Anfängen und dem Ausbau der Volkstumsarbeit spielte um die Jahrhundertwende ein anderes<br />
Problem in der Verbandsgeschichte eine Rolle, die Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit der Parteipolitik. Als<br />
Gemeinschaften, die sich mit politischen Fragen befaßten, waren die Vereine schon seit ihren Anfängen<br />
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