Untitled - VDSt zu Bremen
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mehr. An Stelle der landsmannschaftlichen Aufgliederung der Studierenden soll nunmehr nur noch die<br />
” Allgemeinheit“ der deutschen Studenten treten. Das Ringen um die neuen Formen bringt, nach einem<br />
Zwischenspiel 1814 unter dem Namen Wehrschaft“ ein Jahr später die Burschenschaft“, ausgehend von<br />
” ”<br />
Kriegsteilnehmern der fünf Landsmannschaften <strong>zu</strong> Jena, die ihre landsmannschaftliche Beengung endgültig<br />
abstreifen. Die Bewegung findet an einer Reihe von deutschen Universitäten Nachahmung und<br />
wird 1817 auf der Wartburg bzw. 1818 in Jena für die Gesamtheit aller deutschen Hochschulen und<br />
Studierenden als Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ ausgerufen (heute dem Begriff Deutsche Stu-<br />
” ”<br />
dentenschaft“ entsprechend und in die Geschichte unter dem Begriff Urburschenschaft“ eingegangen).<br />
”<br />
Der Wahlspruch Ehre, Freiheit, Vaterland !“ und das Burschenschaftliche Manifest machen lang ver-<br />
”<br />
schüttete Kräfte studentischen Gemeinschaftslebens und studentischer Erziehungsgemeinschaft wieder<br />
lebendig. Wenn es in letzterem u. a. heißt: Deutsche Volkstümlichkeit <strong>zu</strong> pflegen und Pflicht, ein deut-<br />
”<br />
scher Mann <strong>zu</strong> werden, um einst im bürgerlichen Leben für Volk und Vaterland <strong>zu</strong> wirken. . . mit Leben<br />
und Tat für Vaterland, Menschheit ein<strong>zu</strong>treten. . .“, so liegt darin in vielem zwar ein Bruch mit dem<br />
Alten, aber auch in manchem ein Übernehmen alten Geistes und alter Formen mit zeitgemäß veränderter<br />
Abwandlung. An Stelle der vielfachen Landesfarben treten örtlich einheitliche Farben<strong>zu</strong>sammenstellungen<br />
an Bändern und Mützen, von denen sich 1817 das Jenaer Schwarz-Rot-Gold allgemein durchsetzt.<br />
Die Farben wurden von dem Lützowschen Freikorps übernommen, dessen Soldaten – meist Studenten –<br />
schwarze Röcke mit roten Aufschlägen und goldnen Knöpfen trugen; noch heute wird diese Uniform an<br />
Stelle eines Chargenwichses von der alten Breslauer Burschenschaft der Račeks <strong>zu</strong> Bonn getragen ! Eine<br />
Kopie der Fahne der Burschenschaft – rot-schwarz-rot belegt mit einem goldenen Eichenlaubzweig – befindet<br />
sich heute neben dem Burschenschwert und der Verfassungsurkunde der Urburschenschaft im Besitz<br />
der Jenaischen Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller <strong>zu</strong> Mainz, die Originale auf der Wartburg. –<br />
Die Burschenschaftler legten damals die Waffen ab, Streitigkeiten soll es nicht mehr geben, das hohe Ideal<br />
brüderlichen Nebeneinanders aller Menschen wird verkündet. Professoren und Studenten – gemeinsam<br />
im Kampf gegen den Eroberer Bonaparte gestanden – halten Ansprachen, Gottesdienste werden zelebriert,<br />
gesellschaftliche Schranken fallen, eine neue Welt will nach der Niederzwingung des französischen<br />
Diktators aufblühen, Licht und Recht und Tugend schaffen durch der Wahrheit heilige Waffen“. Aber<br />
”<br />
diese Bahnen wahrhaft volks- und menschenbeglückender Ideen werden von politisch radikalen Elementen<br />
gestört. Auf dem Wartburgfest 1817 bereits und in Jena kommt es <strong>zu</strong> unliebsamen Zwischenfällen, die<br />
1819 in der Ermordung Kotzebues durch den Studenten Karl Sand gipfeln. Noch im gleichen Jahr verkündet<br />
Metternich in den sogenannten Karlsbader Beschlüssen“ die Staatsgefährlichkeit der Allgemeinen<br />
” ”<br />
Deutschen Burschenschaft“ und erläßt die entsprechenden Verbote und Befehle <strong>zu</strong>r Verfolgung derartiger<br />
Zusammenschlüsse. Der staatliche Druck und da<strong>zu</strong> die schon früher einsetzenden inneren Zwistigkeiten<br />
lassen die Idee der Allgemeinen Burschenschaft“ an Deutschlands Hohen Schulen nicht <strong>zu</strong>m Tragen kom-<br />
”<br />
men. Zwar fällt endgültig das landsmannschaftliche Prinzip, die Studentenschaft aber hat seitdem für<br />
Jahre ihre Geschlossenheit und innere Ausgeglichenheit verloren; es kommt <strong>zu</strong> einem Erstarken der unpolitschen<br />
Korporationen, der Corps. Gleichzeitig bildet sich bei allen Verbindungen das Fuxenwesen aus,<br />
<strong>zu</strong>r Erziehung des Nachwuchses im Geist der jeweiligen Korporation. Das Ideal der Urburschenschaft,<br />
die Verschmel<strong>zu</strong>ng der Studentenschaft jeder Hochschule <strong>zu</strong> einer Verbindung und die Vereinigung aller<br />
örtlichen Studentenschaften (Burschenschaften) <strong>zu</strong> einem großen Burschenbund, hatte sich als nicht<br />
lebensfähig erwiesen. Der Versuch sollte in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts von der Kyffhäuser-<br />
Bewegung der Vereine Deutscher Studenten nochmals unternommen werden. Auch dieser zweite Anlauf<br />
mußte scheitern, und die Vereine Deutscher Studenten wurden <strong>zu</strong> einer Spielart der zahlreichen freiheitlichen<br />
(d. h. nicht konfessionell gebundenen) Korporationen, die bis <strong>zu</strong>m Verbot durch das NS-Regime<br />
mit der Waffe Genugtuung gaben.<br />
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstehen viele neue Korporationen, bei denen nicht mehr das verbindende,<br />
sondern das eigenideologische Prinzip in den Vordergrund tritt. Die Bildung von Verbänden nach<br />
1844 trägt <strong>zu</strong>r Erweiterung der vielfach künstlich konstruierten Gegensätze bei und verschärft sie <strong>zu</strong>m<br />
Teil. – Als besondere Richtlinien neben dem einheitlich unveränderten Ziel der Erziehung <strong>zu</strong>r ehrenhaften,<br />
charaktervollen Persönlichkeit stellen auf:<br />
– die Corps die Ablehnung jeder religiösen, politischen und wissenschaftlichen Einflußnahme auf die<br />
Entwicklung ihrer Angehörigen, die aristokratische Linie<br />
– die Burschenschaften die Verpflichtung <strong>zu</strong>r national-politischen Betätigung im Sinne einer konstitutionell-parlamentarischen<br />
Demokratie, die nationale und liberale Linie<br />
– die neuen Landsmannschaften bei religiöser und politischer Neutralität den Gedanken der Gleichberechtigung<br />
honoriger Menschen, die Reform-Linie<br />
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