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Untitled - VDSt zu Bremen

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seine Botschaft 1905 an den Eisenacher Studententag richtete, ” er spreche das Vertrauen aus, daß unsere<br />

Studenten stets bestrebt sein werden, die deutsche Geistesfreiheit auch durch Achtung der Überzeugung<br />

Andersdenkender hoch<strong>zu</strong>halten“, fand der in den Korporationen selbst seit langem warnend erhobene<br />

Ruf nach einer grundlegenden Reform Nachhall !<br />

Gelingt es auch nicht, auf Anhieb verkrampfte Gegensätze voll aus<strong>zu</strong>räumen, so kommt es doch über<br />

örtliche Vereinigungen der ” schlagenden Verbände“ 1913 unter Führung der Alten Herren eines Corps,<br />

insbesondere von Prof. Dr. Wilhelm Fabricius/Marburg (Starkenburgiae EM, Guestfalia Jena, Teutoniae<br />

und Guestphaliae Marburg, Marburger Wingolf EM), im ” Marburger Abkommen“ <strong>zu</strong>m Zusammenschluß<br />

der vier großen fechtenden Verbände (DB, DL, KSCV, WSC), aus dem 1919 unter dem Eindruck der<br />

gemeinsamen Fronterlebnisse der ” Allgemeine Deutsche Waffenring“ entsteht. Im ” Erlanger Verbändeund<br />

Ehrenabkommen“ wird 1921 von sämtlichen fechtenden und nichtfechtenden Korporationen unter<br />

voller Wahrung der Gleichberechtigung und unter ausdrücklich betonter Achtung vor der Meinung des<br />

Andersdenkenden über variierende ideologische und ethische Auffassungen hinweg endgültig und für<br />

alle Zeiten ein unerfreuliches Kapitel der studentischen Vereinigungen abgeschlossen. Was sich bisher<br />

gemieden, schließt sich jetzt <strong>zu</strong>sammen, nicht das Trennende wird mehr betont, sondern das Einigende,<br />

gewachsen auf dem Boden der Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges, fortgeführt im gemeinsamen Kampf<br />

gegen Spartakus und Separatismus in Oberschlesien, in Ostpreußen und im Rheinland. In diesen Jahren<br />

wird mit dem Gesamtvolk die Bewährungsprobe bestanden. Die Fehler der Vergangenheit werden erkannt,<br />

und gemeinsam beschreiten die Korporationsverbände den Weg einer neuen Entwicklung.<br />

Die Novemberrevolution 1918 wirkt auch auf die akademische Welt umwälzend und verändert besonders<br />

das Verhältnis der Studenten untereinander und <strong>zu</strong>r Hochschule. Das innere Erlebnis des Krieges, der<br />

Niederlage und des Niedergangs, sowie die Drohung des Marxismus lassen es nicht bei den Äußerlichkeiten<br />

der Fehdenbereinigung und sonstiger Abkommen bewenden. Eine sehr kühle und kaum bestechliche Kritik<br />

der Kriegsrückkehrer wie der heranwachsenden Jugend am Inhalt des studentischen Gemeinschaftslebens<br />

setzt ein. Überwucherten und verschütteten Grundwerten studentischen Zusammenschlusses wird nachgespürt.<br />

Ähnlich den Vorgängen bei der Bildung der Urburschenschaft und anknüpfend an Versuche der<br />

Kaiserzeit, bei denen es <strong>zu</strong> Zusammenschlüssen der Studenten in Ausschüssen an verschiedenen Universitäten<br />

gekommen war 2) , treten die Beauftragten aller Studentenschaften 1919 in Würzburg <strong>zu</strong>sammen<br />

und bilden die ” Deutsche Studentenschaft“ als die alleinige Vertretung aller Studierenden an deutschen<br />

Hochschulen gegenüber den staatlichen Stellen. Ohne organisatorisch darin verankert <strong>zu</strong> sein, stellen<br />

die Korporationen dennoch einen wesentlichen Faktor dar, einmal durch ihre Geschlossenheit und dann<br />

nicht <strong>zu</strong>letzt durch die aus ihren Reihen gestellten Studentenschaftsführer. Stellvertretend seien hier die<br />

<strong>VDSt</strong>er Werner Pankow (AH München, Königsberg) und Gustav Kniehase (AH Breslau II, Frankfurt)<br />

genannt. – Der <strong>VDSt</strong>er Otto Benecke war der erste Leiter der Deutschen Studentenschaft, Aktiver des<br />

<strong>VDSt</strong> <strong>zu</strong> Göttingen (vgl. S. 20). Die Zusammenarbeit von Korporationsstudenten und Nichtkorporierten<br />

an den Verwaltungs-, Sozial- und Kulturaufgaben der Deutschen Studentenschaft sichert – neben der<br />

Anerkennung durch den Staat – deren Aufbau und Ausbau bis in das Jahr 1935 hinein.<br />

Im inneren Leben der Korporationen beginnt eine Reinigung nach Geist und Form sehr grundlegender<br />

Art. In vielen Verbindungen wird die staatsbürgerliche Erziehung neben der körperlichen Ertüchtigung<br />

<strong>zu</strong>m Allgemeingut, den Studien und den Examensterminen wird der Vorrang vor Veranstaltungen der<br />

Korporationen eingeräumt, die Verbände stellen Verstöße gegen die gute Sitte unter Strafen, die bis <strong>zu</strong>m<br />

Ausschlußverfahren führen; die äußerliche Renommiersucht verschwindet. Die Gegenströmung gegen die<br />

Überschät<strong>zu</strong>ng materieller Werte setzt sich durch, ein neuer Idealismus blüht auf, der mit tiefem Bemühen<br />

nach dem Sinn und Wert des Lebens fragt. Soziale und wirtschaftliche Schranken fallen endgültig auch<br />

da, wo sie bis 1918 noch bestanden hatten.<br />

Diese eben skizzierte Grundeinstellung beherrscht die Korporationen bis <strong>zu</strong>r Gegenwart, ebenso die allgemeinen<br />

studentischen Gebräuche, bei denen wir noch einen Augenblick verweilen wollen. Manches<br />

Erhaltene mag ” romantisch“ erscheinen, aber es verhilft in vielen Fällen <strong>zu</strong> einer inneren Haltung und<br />

kennzeichnet die Korporationen als Lebensbünde und Gemeinschaften deutscher Akademiker. – Von der<br />

früheren Studententracht ist bei einigen Korporationen z. T. nur noch die auf dem Haus getragene<br />

Kneipjacke aus schwarzem Samt mit Stickerei übriggeblieben. Polnischer Schnürenrock, Porzellanpfeifen,<br />

Degen, Kanonenstiefel, Sporen, Hund – früher typische Abzeichen des ” freien Burschen“ – sind verschwunden.<br />

Nur der sogenannte Wichs, die Festtracht der Chargierten, ist verhältnismäßig unverändert<br />

2) Bei diesen Zusammenschlüssen der Studentenschaft an einer Hochschule <strong>zu</strong> Ausschüssen bzw. bei den Zusammenschlüssen<br />

von Korporationen <strong>zu</strong> Korp.-Ringen spielten häufig die V<strong>VDSt</strong> eine führende Rolle, wo<strong>zu</strong> sie wegen ihres interkorporativen<br />

Charakters ihrer Anfangszeit prädestiniert waren. Sie behielten in den 20er und 30er Jahren meist ihre Führung<br />

bei.<br />

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