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Untitled - VDSt zu Bremen

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den wechselnden politischen Situationen angepaßt werden können. Es bedeutete jedoch ebensowenig ein<br />

Verharren in restaurativen Vorstellungen wie eine Negation des neuen Staates; denn eine Rückkehr <strong>zu</strong><br />

den Zwergdynastien derer von Schwarzburg-Rudolstadt und Reuß jüngerer Linie wollte kein <strong>VDSt</strong>er. Die<br />

Beibehaltung des Wahlspruches war eine Geste der Kontinuität des Verbandes in der Kontinuität des<br />

Reiches, und die 34. VT 1919 in Kelbra beschloß neben der Beibehaltung des Wahlspruches, daß die<br />

<strong>VDSt</strong>er nicht auf eine bestimmte Staatsform verpflichtet werden sollen, weil über der Staatsform für den<br />

<strong>VDSt</strong>er der nationale Gedanke und die Liebe <strong>zu</strong>m deutschen Volkstum stünden.<br />

Waren vor 1914 die Jungen die Fortschrittlichen und die Alten Herren die Konservativen, so fand nach<br />

1918 ein gewisser Rollentausch statt, dahingehend, daß die Väter die Liberalen und die Söhne die Konservativen<br />

waren. Die Jahre 1919 bis 1933 waren für viele <strong>VDSt</strong>er, besonders für viele Alte Herren, eine<br />

Zeit fruchtbarsten Wirkens und höchster menschlicher Befriedigung. Sie dienten dem jungen Staat als<br />

Beamte und bekleideten höchste Staatsämter. Für diese <strong>VDSt</strong>er gilt, was in den Akten der Reichskanzlei<br />

in der Einleitung <strong>zu</strong> dem Band für das Kabinett Fehrenbach (21. Juni 1920 bis 4. Mai 1921) über den<br />

damaligen Vizekanzler des Reiches und Reichsjustizminister Rudolf Heinze (AH Leipzig) gesagt wird.<br />

Er war . . . Monarchist mit ausgesprochen konservativen Zügen, ohne legitimistisch <strong>zu</strong> sein“; er hatte<br />

”<br />

zwar die Verfassung von Weimar abgelehnt, andererseits aber hatte er eben diese Verfassung im März<br />

”<br />

1920 gegen den Umsturz von rechts (den Kapp-Putsch) verteidigt“. Er vertrat gegenüber dem neuen<br />

”<br />

Staat stets das Prinzip der sachlichen Mitarbeit“; er war der Vertreter einer grundsätzlichen Loyalität<br />

”<br />

gegenüber dem Staat . . . ; er war gouvernemental“. Ihm taten es viele <strong>VDSt</strong>er im Reichstag und in den<br />

Länderparlamenten gleich, so Otto Most, der wie Heinze in der DVP Stresemanns wirkte, oder Kuno<br />

Graf Westarp, Otto Hoetzsch, Paul Baecker und Reinhard Mumm in der DNVP bis <strong>zu</strong>r Machtübernahme<br />

Hugenbergs, in deren Folge sie aus dieser Partei austraten, die sie <strong>zu</strong> einer Partei der rechten Mitte mit<br />

Regierungsverantwortung gemacht hatten. Otto Hoetzsch (AH Leipzig, ao AH Berlin, Graz) war außenund<br />

ostpolitischer Sprecher der DNVP, innenpolitisch trat er für eine deutsche Spielart der englischen<br />

” Tory Democracy“ ein; er lehnte wie die anderen <strong>VDSt</strong>er in der DNVP jede Obstruktionspolitik ab. In<br />

der linksliberalen DDP schließlich wirkten Wilhelm Heile und Ferdinand Friedensburg. Der Diplomat Rudolf<br />

Nadolny wurde unter Friedrich Ebert, den er sehr verehrte, Leiter des Büros des Reichspräsidenten;<br />

Nadolny war es, der den Reichspräsidenten veranlaßte, das Lied der Deutschen <strong>zu</strong>r Nationalhymne <strong>zu</strong><br />

machen. In der Schlußphase der Weimarer Republik schließlich wurden Graf Westarp, Karl Maßmann<br />

und Hermann Ullmann <strong>zu</strong> engen Mitarbeitern des Reichskanzlers Brüning, was Ullmann freilich schon<br />

lange war. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß der Wiener AH Ludwig Paul in der letzten Regierung<br />

Kaiser Karls in Wien bis <strong>zu</strong>m 11. November 1918 Ernährungsminister war, dann vom 15. März 1919 bis<br />

<strong>zu</strong> seinem frühen Tod am 1. Juli 1920 als Fachmann und Staatssekretär für Verkehrswesen der Regierung<br />

des bedeutenden Sozialisten Karl Renner als geachtetes und hochangesehenes Mitglied angehörte.<br />

Viele <strong>VDSt</strong>er wirkten als einflußreiche Redakteure in den großen überregionalen deutschen Tageszeitungen.<br />

Andere aber fanden ihre Lebensaufgabe im Siedlungswesen, das es sich <strong>zu</strong>m Ziel gesetzt hatte, in<br />

den dünnbesiedelten Gebieten des deutschen Ostens auf abgewirtschafteten Rittergütern, die enteignet<br />

wurden, mittelständische Bauern an<strong>zu</strong>siedeln. Friedrich v. Schwerin schuf die gemeinnützigen Siedlungsgesellschaften<br />

Preußens; seine Berliner Bundesbrüder Hermann Freiherr v. Ziller und Erich Keup wurden<br />

seine engsten und wichtigsten Mitarbeiter. Die Arbeiten und Ideen dieser <strong>VDSt</strong>er hätten <strong>zu</strong> einem wichtigen<br />

Instrument gegen die Arbeitslosigkeit in der Weltwirtschaftskrise werden können, wären sie nicht<br />

durch die Regierungsübernahme des Herrn v. Papen beendet worden. Walter Szagunn (AH Berlin, Jena,<br />

ao AH Graz, Brünn) war neben den Vorstandsmitgliedern des AH-Verbandes und Persönlichkeiten<br />

wie Karl Maßmann nicht nur einer der bedeutendsten Führer innerhalb des <strong>VDSt</strong>, sondern als Direktor<br />

der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt einer der wichtigsten Männer der deutschen Wirtschaft und<br />

Hochfinanz; seine Unterschrift findet sich auf jedem 100-Mark-Schein der Zeit nach dem Inflationsjahr<br />

1923.<br />

Trotz dieser Mitarbeit im Staat wurde die Republik mit ihren Erscheinungsformen von vielen <strong>VDSt</strong>ern<br />

scharf kritisiert, besonders die schwache Staatsgewalt, die Zersplitterung in unzählige Parteien, die den<br />

Parlamentarismus <strong>zu</strong>r Farce machte. Über diese oppositionelle Haltung <strong>zu</strong>m Weimarer Staat braucht man<br />

sich nicht <strong>zu</strong> wundern, wurde er doch selbst von seinen entschiedensten Verteidigern in Frage gestellt und<br />

von ihnen eine fast unüberschaubare Zahl von Plänen <strong>zu</strong>r Verwaltungs-, Verfassungs- und Reichsreform<br />

erstellt.<br />

Etwas anders verhielt es sich mit der politischen Einstellung der studentischen Mitglieder des V<strong>VDSt</strong>.<br />

In der ersten Phase der Nachkriegsgeschichte verhielten sie sich in den Jahren 1918/19 ” national-konservativ-demokratisch“<br />

oder ” national-demokratisch“; mit bewundernswertem Einsatz und mit der größten<br />

Selbstverständlichkeit folgten sie dem Aufruf der Reichsregierung, insbesondere dem des Reichswehrmi-<br />

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