PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
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ProF. Dr. JoachIM r. hÖFlIch<br />
ein Mehrwert und neue „Gratifika tionen“ oder Gründe ergeben, solche Medien<br />
zu nutzen .<br />
Nicht zuletzt mit dem Fernsehen er weitert sich das Ensemble der Medien<br />
lokaler Kommunika tion . Bereits in seinen frühen Jahren galt das Fernsehen als<br />
ein Fenster zur Welt . Die Werbung machte dies schon deut lich: Geworben<br />
wurde mit der Formel „Fernseh verzicht = Weltentzug“ (Eurich/Würzberger<br />
1983: 21) – sich auf dem Laufenden halten, wissen, was in der Welt geschieht,<br />
dies sollten die Gründe sein, um sich ein Fernsehgerät anzu schaffen . Wir können<br />
überall und damit an zwei Orten zugleich sein, allerdings mit der Konsequenz,<br />
dass damit in gewisser Hinsicht der Sinn für den Ort ver loren geht . Bezeich nender<br />
weise lautet denn auch der englische Titel des als klassisch zu bezeichnenden<br />
Buches von Joshua Meyrowitz: „No sense of place“ (Meyrowitz 1975) . In dem<br />
wir uns die Welt (und das Leben anderer) zu Eigen machen, ver lieren wir<br />
gleichsam die Orientie rung im Hier und Jetzt, auch deshalb, weil die Möglichkeiten,<br />
sich im lokalen Raum zu orientieren, zurück stehen . Vieles hat sich geändert,<br />
zuvorderst die techni schen Möglich keiten . Fernsehen ver langt nicht mehr,<br />
gerade unter dem Vorzeichen einer Digitalisie rung, die Großtechnologie der<br />
frühen Jahre, an gefangen von der Aufnahme- bis hin zur Sendetechnik . Solche<br />
technologi schen Vorausset zungen sind indessen zwar eine notwendige, aber<br />
keine hinreichende Bedin gung für ein funktions fähiges Geschäfts modell . Sieht<br />
man von anderen Rahmen bedin gungen ab, so gehört erst einmal dazu, dass<br />
die medialen Angebote eines lokalen Fernsehens seitens der Rezipienten wertgeschätzt<br />
und genutzt werden .<br />
Das lokale Fernsehen zeigt sich hierbei erstaun licher weise als ein Phänomen<br />
der neuen Bundes länder . In der Tat finden sich etwa achtzig Prozent der Lokal-<br />
TV-Anbieter in den ostdeut schen Bundes ländern und dies, obwohl es sich um<br />
Gebiete handelt, die nicht un bedingt zu den ökonomisch stärksten zählen (vgl .<br />
weiter Seufert/Schulz/Brunn 2008) . Dafür spricht mitunter die Infrastruktur,<br />
auf die zurück gegriffen werden konnte . Während nämlich in den alten Bundesländern<br />
(von Bayern einmal ab gesehen) lokale „Fenster“ in nationalen Vollprogrammen<br />
„ein gebaut“ wurden, findet man in den neuen Bundes ländern ein<br />
aus geprägtes kabelgestütztes Lokalfernsehen . Dies wurde unter anderem dadurch<br />
ermög licht, weil die vor handenen Kabelnetze der ehemaligen DDR genutzt<br />
und aus gebaut werden konnten . Als weitere Rahmen bedin gung kommt<br />
hinzu, dass der Anteil der Ein-Zeitungs kreise in Ostdeutschland, je nach Bundesland<br />
allerdings unter schied lich, über dem im Westen Deutschlands liegt . So<br />
gesehen agiert das lokale Fernsehen im Osten Deutschlands in einem Raum<br />
mit einer ver gleichs weise hohen Pressekonzentra tion . Eine solche Konstella tion<br />
führt schon beinahe notwendiger weise zu der Frage, wie sich ein lokales Fern-<br />
loKalE KoMMUNIKa TIoN, loKalE MEDIEN UND loKalEs FErNsEhEN –<br />
EINE EINFÜhrUNG<br />
sehen platziert hat – und in Zukunft behaupten wird . Dazu gehört schließ lich,<br />
ob und wie es zu einer publizisti schen Vielfalt beiträgt . Nun ist der Begriff der<br />
publizisti schen Vielfalt keines wegs so klar bestimmt – ganz ab gesehen von dem<br />
Problem, wie man diese denn eigent lich messen wolle . Publizisti sche Vielfalt<br />
ver weist auf Pluralismus und damit auf ein frei heit liches Demokratie verständnis .<br />
Dabei ist ein Zuviel nicht minder problematisch als ein Zuwenig . So gesehen<br />
geht es um einen Balanceakt zwischen Fokussie rung und Vielfalt . Das betrifft<br />
nicht zuletzt auch eine Kommunika tion im lokalen Raum . Zweifelsohne geht es<br />
hierbei um Themen und Inhalte, die einen Zugewinn an publizisti scher Vielfalt<br />
darstellen . Genau hier beginnt die Fragestel lung der vor liegenden Studie . Sie<br />
fragt konkret nach dem Beitrag des Lokalfernsehens zur kommunikativen Vielfalt<br />
im kommunikativen Nahraum in Thüringen .<br />
Die Studie wurde, an geregt und gefördert durch die <strong>Thüringer</strong> Landes medienanstalt<br />
(TLM), von einer Projekt gruppe im Rahmen ihrer Abschlussarbeit im<br />
Fach Kommunikations wissen schaft an der Universität Erfurt durch geführt . Hierbei<br />
stellt das BA-Studium der Kommunikations wissen schaft eine Besonder heit<br />
dar: Über den Zeitraum von einem Jahr arbeiten die Studierenden unter der<br />
Betreuung eines akademi schen Lehrers und gemeinsam mit einem universitätsexternen<br />
Partner an einem praxis nahen Projekt . In diesem Fall geht es um das<br />
Lokalfernsehen in Thüringen und konkreter: in den Kommunikations räumen Jena<br />
und Alten burg . Dies scheint auf den ersten Blick die Sicht weise einzu schränken,<br />
werden doch „nur“ zwei Kommunikations räume einer näheren Betrach tung<br />
unter zogen . Aber eine solche Konzentra tion hat wiederum ihre Stärken . Es handelt<br />
sich um zwei Fallstudien . Die Besonder heit von Fallstudien ist indessen<br />
nicht, dass sie breit an gelegt sind . Ihre Stärke ist vielmehr, dass sie tiefer in die<br />
Materie eindringen . Es geht bei ihnen um eine ganz heit liche Betrach tung, nicht<br />
um Repräsentativität (vgl . auch: Gerring 2007) . Wenn man nun mehr als einen<br />
Fall hat, so ergibt sich im Sinne einer Cross-Case-Studie ein weiterer Gewinn,<br />
indem gleichsam durch eine Kontrastie rung Gemeinsam keiten und Differenzen<br />
der Fälle heraus gearbeitet werden können . Und schließ lich laden Fallstudien<br />
dazu ein, dass sie durch weitere ergänzt werden, so dass sie, immer im Zuge<br />
fortlaufender Kontrastie rungen mit bisherigen Studien, zu weiteren Erkenntnissen<br />
und einem immer vollständiger werdenden Bild führen . Wenn es nun das<br />
Ziel ist, den Gegen stand der Forschung so ganz heit lich wie möglich zu er fassen,<br />
so wird man mit einer einzigen Methode nicht aus kommen . Vielmehr bedarf<br />
es eines aufeinander ab gestimmten methodi schen Instrumentariums . Die von<br />
der Projekt gruppe an gewandten Methoden werden dem durch aus gerecht .<br />
„Klassisch“ wurde, wie dies im Kontext der Vielfalt studien üblich ist, mit einer<br />
Medien inhalts analyse begonnen . So wurde unter sucht, ob das lokale Fernsehen<br />
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