PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
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2 ThEorETIschE GrUNDlaGEN 2.1 ÖFFENTlIchKEIT<br />
dezidiert als „Artikulations möglich keit oder Platt form für Gegenöffentlich keit“<br />
(Engesser 2008: 65) definiert werden, was einem Partizipations begriff im Sinne<br />
einer „öffent lichen“ oder „kommunikativen“ Partizipa tion (ebd .) ent spricht . Unter<br />
partizipativen Medien sind also solche Presse-, Rundfunk- und Internetangebote<br />
zu ver stehen, die es dem Publikum ermög lichen, in den medial ver mittelten<br />
Öffentlichkeits arenen eine Akteurs rolle einzu nehmen und – wie bereits im Jahre<br />
1932 von Brecht in seiner Radiotheorie gefordert (vgl . Brecht 1967) – als Sprecher<br />
oder Ver mittler zu agieren . Nach diesem Ver ständnis können partizipative<br />
Medien dazu beitragen, dass Bürger direkten Zugang zur massen medialen<br />
Öffentlich keit er langen, dadurch ihre Themen und Meinun gen einbringen, und<br />
somit dem Defizit der Transparenz funk tion ent gegen wirken können . Obwohl in<br />
den bisherigen Ausfüh rungen politisch orientierte Öffentlichkeits konzepte zur<br />
Herlei tung der gesell schaft lichen Bedeu tung von Öffentlich keit genutzt wurden,<br />
werden in der vor liegenden Untersuchung darum jene medial ver mittelten Ange<br />
bote aus gespart, die dem sogenannten E-Government dienen, also eine<br />
direkte Teilhabe an Ver waltungs prozessen im Sinne einer politi schen Partizipation<br />
ermög lichen . 10 Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch die hier betrachtete<br />
öffent liche bzw . kommunikative Partizipa tion das Potenzial für politi sche<br />
Teil habe birgt, obwohl sie diese nicht un bedingt voraus setzt (vgl . Engesser: 66) .<br />
2.1.6 lokale Öffentlich keit und lokaler Kommunikations raum<br />
Lokal begrenzte Öffentlich keiten, vielmehr der Raum, in dem sie sich konstituieren,<br />
der lokale Kommunikations raum, sind von besonderem Interesse für<br />
die vor liegende Arbeit, da sie das Betätigungs feld des Bürger rundfunks als des<br />
im Fokus dieser Arbeit stehenden partizipativen Mediums darstellen . 11<br />
Wie bereits er läutert, dient Öffentlich keit der gesell schaft lichen Meinungs-<br />
und Willens bildung und ist somit Grund vorausset zung einer jeden Demokratie .<br />
Im lokalen Raum kann dieser Prozess theoretisch auf normativ hohem Niveau<br />
statt finden, da ein Rollen wechsel vom Publikum <strong>zum</strong> Sprecher prinzipiell möglich<br />
ist . Der Grund dafür ist, dass anders als im nationalen oder regionalen<br />
Raum im Lokalen die Möglich keit zur direkten, nicht medial ver mittelten Kommunika<br />
tion gegeben ist (vgl . Kurp 1994: 52) . Jonscher charakterisiert den lokalen<br />
Raum deshalb als „Keimzelle der Demokratie“ (Jonscher 1995: 1) . Im Lokalen<br />
manifestiert sich zudem, was auf regionaler, nationaler oder internationaler<br />
Ebene initiiert wird (vgl . ebd .: 30) .<br />
10 Hierzu siehe Kamps (1999) und Kersting (2008) .<br />
11 Siehe dazu Kapitel 3 .1 .2<br />
Diese „kleinste Einheit des demokratisch ver fassten politi schen Systems“<br />
(Schwarzkopf 1996: 64) trenn scharf zu definieren, bereitet allerdings Schwierigkeiten<br />
. Eine rein territoriale Abgren zung auf Grundlage von Ver waltungs grenzen,<br />
also der Ausdeh nung einer Gemeinde oder Stadt, greift zu kurz . Ursprünglich<br />
ließ sich zwar ein Großteil des politisch relevanten lokalen Diskurses auf<br />
speziell dafür bereit gestellte Räume wie Gemeinde- oder Rats säle innerhalb<br />
einer durch Stadtmauern oder Gemeindebegren zungen territorial definierten<br />
Gemein schaft eingrenzen . Das rapide Wirtschafts- und Bevölkerungs wachstum<br />
sowie Urbanisierungs- und Industrialisierungs prozesse haben diese traditionell<br />
gewachsenen Strukturen und somit die auf ihrer Grundlage ent wickelten Kommunikations<br />
räume allerdings oftmals auf gebrochen und ver ändert . 12 Zudem<br />
werden einher gehend mit den an gesprochenen Prozessen territoriale Begrenzungen<br />
zunehmend über schritten und ver lieren an Bedeu tung (vgl . Jonscher<br />
1995: 29 ff .) .<br />
Mit diesem Wandel der lokalen Öffentlichkeits strukturen und dem Ver lust<br />
tradi tioneller Gefüge interpersonaler Kommunika tion wird der er wähnte Rollenwechsel<br />
zunehmend er schwert . Mit zunehmender Größe und Komplexität des<br />
lokalen Kommunikations raums wird dieser für den Einzelnen immer weniger<br />
direkt erfahr bar . Damit nimmt die Bedeu tung lokaler Massen medien, ins besondere<br />
der Lokalzei tung, als ver mittelndes Medium der Gemein schaft zu (vgl .<br />
Jonscher 1995: 16; Ronneberger 1980: 176 ff .) . Dennoch ist der lokale Kommunikations<br />
raum keines wegs direkt mit dem Ver breitungs gebiet dieser Medien<br />
gleichzusetzen . Löw und Sturm weisen stattdessen darauf hin, dass sich Räume<br />
nicht als fest definierte, ab geschlossene Container ver stehen lassen, sondern<br />
stets als sozial konstruierte Relationen zwischen ver schiedenen Akteuren gesehen<br />
werden müssen (vgl . Löw & Sturm 2005: 44) . Raum selbst sei kein Objekt,<br />
sondern spanne sich zwischen Objekten auf (vgl . Löw, Steets & Stoetzer 2007:<br />
51) .<br />
Demzufolge definieren sich lokale Kommunikations räume neben den an gesprochenen<br />
ver waltungs techni schen und medien systemi schen Grenzen, denen<br />
zweifelsohne eine Bedeu tung zukommt, in erster Linie über soziale Inter ak tion –<br />
im Kontext dieser Arbeit lokale Kommunika tion . Diese ist nach Kies lich alles,<br />
„was möglichst viele Menschen, die in das System Lokales integriert sind, als<br />
Mitglieder dieses Systems betrifft und angeht“ (Kies lich 1972: 96) .<br />
12 Jonscher nennt in diesem Kontext beispiel haft die Zusammen legung von Gemeinden<br />
in den alten Bundes ländern im Zuge der Gebiets reform in den siebziger Jahren (vgl .<br />
Jonscher 1995: 44) .<br />
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