PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2 ThEorETIschE GrUNDlaGEN<br />
auf andere findet, wenn über haupt, ohne Ver ständigungs absicht statt (vgl . Neidhardt<br />
1994: 10) . Der normative Gehalt liegt darin, dass konsensunfähige Positionen<br />
transparent gemacht und anschließend gemieden werden können (vgl .<br />
Gerhards 1997: 10) . 7<br />
Das liberale Öffentlichkeits verständnis zielt also nicht auf einen argumentativ<br />
ent standenen Konsens als Resultat ab . Dieses auch als Spiegelmodell bezeichnete<br />
Konzept von Öffentlich keit ver langt zwar, dass alle existenten Meinun gen in der<br />
Öffentlich keit eine „Marktchance“ haben, akzeptiert aber eine ledig lich repräsen<br />
tative Offen heit für Themen und Akteure . Sie lässt jegliche Art von Kommuni<br />
ka tion zu, solange Akteure mit anderen Meinun gen respektiert werden, und<br />
liefert als Resultat eine öffent liche Meinung, welche die Aggrega tion der Individualmei<br />
nungen ist (vgl . Gerhards 1997: 10 ff .) . Der normative Anspruch des<br />
liberalen Öffentlichkeits modells geht also nicht weiter als bis zur Transparenzfunk<br />
tion im Sinne einer Offen heit für sämt liche Themen, so dass alle existie renden<br />
Meinun gen abgebildet werden können .<br />
Sowohl Peters (1994) als auch Gerhards (1997: 31) weisen darauf hin, dass<br />
empirisch vor allem Belege für das liberale Modell von Öffentlich keit zu finden<br />
sind . Ein Grund hierfür könnte sein, dass im Zeitalter der Aufklä rung, in dem<br />
die Ursprünge des diskursiven Öffentlichkeits modells liegen, unter Öffentlich keit<br />
in erster Linie Präsenz veranstal tungen ver standen wurden, was in moder nen,<br />
aus differenzierten Massendemokratien nicht mehr an gemessen ist . Peters stellt<br />
in diesem Zusammen hang fest, dass die mangelnde Realisier bar keit des diskursiven<br />
Modells ernst genommen werde müsse (vgl . Peters 1994: 50), warnt<br />
jedoch davor, das diskursive Modell als hinfällig zu betrachten . Stattdessen ist<br />
er der Meinung, dass das Modell als Idealtypus eine bedeutende heuristi sche<br />
Funktion hat und den großen, massen medial ver mittelten Öffentlich keiten in<br />
modernen Demokratien an gepasst werden muss (vgl . ebd .: 71) .<br />
Für das Erkenntnis interesse dieser Arbeit sind dabei weniger die Unterschiede<br />
im normativen Anspruch der vor gestellten Konzepte von Bedeu tung als vielmehr<br />
die einzige gemeinsame normative Forde rung nach der Erfül lung der Transparenz<br />
funk tion: Sowohl diskursive als auch liberale Öffentlichkeits konzepte<br />
fordern Zugangs offen heit für alle Themen und Meinun gen von kollektiver Bedeu<br />
tung . Unabhängig davon, wie diese anschließend ver arbeitet oder vom<br />
politi schen System berücksichtigt werden, ist es eine Minimal bedin gung für<br />
7 Gerhards bezieht sich hier auf den Demokratietheoretiker Bruce Ackerman .<br />
2.1 ÖFFENTlIchKEIT<br />
das Funktionieren einer Demokratie, dass Themen und Meinun gen Teil der<br />
politi schen Diskussion werden können . 8<br />
2.1.3 Die struktur von Öffentlich keit<br />
Laut Habermas’ Werk „Strukturwandel der Öffentlich keit“ aus dem Jahre 1962<br />
wird massen mediale Öffentlich keit im Spät kapitalismus durch den Staat, Parteien<br />
und Wirtschafts interessen „ver machtet“ und ver liert dadurch ihren einst<br />
vom Publikum aus gehenden emanzipativen Gehalt . Diese negative Betrach tung<br />
der Massen medien revidiert Habermas 1990 in der Neu auflage des Werks (vgl .<br />
Habermas 1990: 30) und bezieht die massen mediale Öffentlich keit 1992 in<br />
„Faktizität und Geltung“ bewusst in sein Öffentlichkeits konzept ein . Er be gründet<br />
dies damit, dass eine starke Ver brei tung öffent licher Kommunika tion notwen<br />
dig für den Einbezug aller sei (vgl . Habermas 1992: 438) . Diese „Öffnung“<br />
des diskursorientierten Modells gegen über den realen Ver hältnissen er leichtert<br />
eine systematisierende Betrach tung der Struktur moderner Öffentlich keiten, die<br />
sowohl ver schiedene Handlungs ebenen als auch ver schiedene Akteure be inhaltet<br />
.<br />
Drei Ebenen von Öffentlich keit<br />
Auf Grund der Komplexität des öffent lichen Ver mittlungs prozesses kann nicht<br />
von der Öffentlich keit die Rede sein, sondern es muss vor allem von Teil öffentlich<br />
keiten gesprochen werden . Diese Teilöffentlich keiten ent stehen <strong>zum</strong> einen<br />
8 Als ein zusätz liches Öffentlichkeits konzept kann Gerhards’ und Neidhardts Ver ständnis<br />
von Öffentlich keit als intermediäres Kommunikations system betrachtet werden<br />
(1991) . Dieses integriert Annahmen aus diskursiven und liberalen Öffentlichkeitsmodellen,<br />
um die empiri sche Untersuchung von Öffentlich keit zu er leichtern (vgl .<br />
Gerhards & Neidhardt 1991: 33) . Dieses Kapitel fokussiert jedoch die Extrempositionen<br />
normativer Ansprüche in Öffentlichkeits konzepten, um einen kleinsten gemein<br />
samen Nenner an Ansprüchen identifizieren zu können . Da der normative<br />
Anspruch des Modells von Gerhards und Neidhardt zwischen jenem des liberalen<br />
Öffentlichkeits modells (welches einen besonders niedrigen normativen Anspruch<br />
auf weist) und dem des diskursiven Öffentlichkeits modells (welches einen besonders<br />
hohen normativen Anspruch besitzt) zu ver orten ist, wird dieses Modell nicht gesondert<br />
betrachtet . Gerhards’ und Neidhardts Öffentlichkeits modell dient im Folgenden<br />
vor allem der systemati schen Darstel lung der Struktur von Öffentlich keit . Da<br />
die Bezeich nung „intermediäres Kommunikations system“ grundsätz lich dem Öffentlichkeits<br />
verständnis von einer zwischen unter schied lichen Gesellschafts bereichen<br />
ver mittelnden Instanz nachkommt, wird sie hier weiter ver wendet .<br />
36 37