PDF-Dokument zum Download - Thüringer Landesmedienanstalt
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2 ThEorETIschE GrUNDlaGEN<br />
die bereits 1913 von dem österreichi schen Forscher Wolfang Riepl als „Grundgesetz<br />
der Entwick lung“ postuliert wird, beschreibt Lerg folgender maßen: „Tatsäch<br />
lich kann als Konstante der Kommunikations geschichte gelten, daß noch<br />
niemals ein neues Medium ein älteres ver drängt hat. Eben falls ist kommunikations<br />
historisch un bestritten, daß neue Medien jeweils bestimmte publizistische<br />
Formen und Funktionen älterer Medien ver ändern“ (Lerg 1981: 193) .<br />
Der Einfluss neu hinzu kommender Medien auf die publizisti schen Funktionen<br />
bestehender Medien kann mit den Konzepten der Supplementie rung und der<br />
Komplementie rung beschrieben werden (vgl . ebd .: 195) . Die Hypothese der<br />
Supplementie rung sieht ein neues Medium als eine ledig lich ver besserte Ver sion<br />
älterer Medien (z . B . Fernsehen als ver besserter Hörfunk) . Das neue Medium<br />
über nimmt dabei mit der Zeit die publizisti schen Funktionen des älteren<br />
Mediums und ver drängt dieses . Lerg betont, dass Kommunikations geschichte<br />
und Kommunikations forschung gegen die Hypothese der Supplementie rung<br />
sprechen (vgl . ebd .) und macht dies am Ver hältnis der etablierten Presse <strong>zum</strong><br />
neu hinzu gekommenen Rundfunk fest, die sich „heftig bedrängen – wirtschaftlich<br />
und publizistisch; aber dennoch […] nicht verdrängen“ (ebd .: 197) .<br />
Die Hypothese der Komplementie rung sieht ein neues Medium als er gänzendes,<br />
jedoch eigenständiges und neuartiges Kommunikations mittel an . Durch<br />
das Hinzukommen eines so ver standenen neuen Mediums ver ändert sich die<br />
publizisti sche Rolle der alten Medien, jedoch ohne dass diese Anpassungsprozesse<br />
grundsätz lich existenzielle Probleme für die alten Medien mit sich<br />
bringen . „Kommunikations geschichte und Kommunikations forschung sprechen<br />
eindeutig für die Hypothese von der Komplementarität“ (ebd .: 195) .<br />
Krotz schlägt vor, die Entwick lung als „Prozess einer Ausdifferenzie rung von<br />
Funktionen, die Medien für die Menschen haben (können)“ (2007: 43) zu theoretisieren<br />
und weist auf eine zunehmende Komplexität von Medien umge bungen<br />
und medien vermittelter Kommunika tion hin .<br />
Mit der Etablie rung partizipativer Angebote im Internet ent brennt die Diskussion<br />
um einen möglichen Ver drängungs effekt erneut . Vor allem, weil diese<br />
in der Lage sind „potenziell alle Inhalte in jeder Form zu transportieren und zur<br />
Ver fügung zu stellen, die bislang von den tradi tionellen Massen medien […]<br />
ver mittelt werden“ (Schmitt-Walter 2004: 174) . Die Untersuchung von Schmitt-<br />
Walter zeigt, dass „noch keine Substitu tion der klassi schen Medien durch das<br />
Internet statt gefunden“ (ebd .: 178) hat, auch wenn sich die publizisti schen<br />
Funktionen der einzelnen Medien wandeln . „In den Funktionen, die die klassischen<br />
Medien für die Rezipienten er füllen, besetzt das Internet immer weitere<br />
Bereiche, während die Rezipienten den klassi schen Medien teil weise immer<br />
weniger Funktionen und Kompetenzen zuschreiben“ (ebd .) .<br />
3 Überblick über das Forschungs feld<br />
Wie in Kapitel 2 .1 .5 er läutert, spielen partizipative Medien eine wichtige Rolle<br />
für den Ausgleich des an gesprochenen Transparenz defizites der Medien öffentlich<br />
keit . In diesen Medien formen wird die klassi sche Rollen vertei lung der<br />
Medien öffentlich keit auf gehoben und dem Publikum die aktive Teilnahme als<br />
Sprecher ermög licht . Im Sinne der Transparenz funk tion bieten partizipative<br />
Medien somit einen allgemeinen Zugang zur Ebene der Medien öffentlich keit .<br />
Partizipative Medien können also eine alternative Öffentlich keit herstellen,<br />
welche die stark kommerzialisierte und von interessen gelei teten, etablierten<br />
Akteuren geprägte Massen medien öffentlich keit er gänzen oder sogar für neue<br />
Themen und Akteure sensibilisieren kann . Ein Überblick über zeit genössi sche<br />
Medien angebote und -formate, die es dem Publikum ermög lichen, in der<br />
Medien öffen lich keit eine Sprecher- oder Ver mittler rolle einzu nehmen, findet<br />
sich bei Engesser (vgl . Engesser 2008: 50 ff .) . Er unter scheidet dabei zwischen<br />
früheren und neueren Formen des Gegen stands . Zu den früheren Formen zählen<br />
„Möglich keiten zur marginalen Beteili gung an kommerziellen Medien“ (ebd .:<br />
57), also Leserbriefe und Hörer- bzw . Zuschauer telefone . Leserbriefe ver fügen<br />
über eine bis in das 18 . Jahrhundert zurück reichende Tradi tion und sind eine in<br />
der Presse etablierte Größe . Sie bieten vor allem die Möglich keit zur Nachfrage<br />
und Meinungs äuße rung . Somit ermög lichen sie dem Leser eine begrenzte Teilnahme<br />
an der Medien öffentlich keit . Gleiches gilt für Hörer- und Zuschauer telefone,<br />
die es im deutsch sprachigen Raum seit den 1970er Jahren in nennenswertem<br />
Umfang gibt . Diese sind aber im Gegensatz zu Leserbriefen stärker in<br />
funktionale Kontexte wie Themen- und Gewinn spielsen dungen ein gebettet .<br />
Der Autor ver weist daher auf die Gefahr der ökonomi schen Instrumentalisie rung<br />
des sich beteiligenden Hörers oder Zuschauers .<br />
Im Gegensatz zu diesen, in die kommerziellen Medien ein gebet teten, Angeboten<br />
erwähnt Engesser die Alternativpresse und ver schiedene Bürger rundfunkkonzepte<br />
als Medien formate, zu deren vordergründigen Zielen die Publikumsbeteili<br />
gung gehört . Alternative Printangebote ermög lichen den Bürgern eine<br />
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