Orte in der Stadt - Kinder-Umwelt-Gesundheit

3.4.4. Beispiel Genderperspektive als Strategie
Ich möchte das Thema Gender und gesundheitsfördernde Lebensbedingungen besonders als Strategie
betonen, weil Frauen und Männer bezüglich Gesundheit sehr unterschiedlich handeln und denken. Dies
ist bedingt durch unterschiedliche Lebenszusammenhänge, ein unterschiedliches Gesundheitsbewußt-
sein und gesundheits- und umweltbezogene Bedürfnisse. 496 Der geschlechtsspezifische Zusammen-
hang von Stadt, Alltag und gesunden Lebensbedingungen ist ein weißer Fleck, es gibt dazu nur Puzzle-
steinchen. Immer fehlt einer der Bausteine. 497
• Gender, Gesundheit und Nachhaltigkeit: Frauengesundheit befaßt sich bisher mit den Einwirkun-
gen aus der Umwelt auf die Frauen in einer eher passiven Art und Weise. Die Frau wird als Opfer
gesehen und sieht sich selbst als Opfer. 498 Moschusverbindungen in der Muttermilch und Brustkrebs
sind die eine Seite. Der verhältnisbezogene Teil und die handelnde Rolle der Frau bei Umweltbelastun-
gen muß hinzukommen: Frau fährt Auto (Kind in Kindergarten, auf die Grüne Wiese), kauft ein (Erdbee-
ren im Winter, Abfall beim Billigdiscounter), putzt (mit Chemikalien), renoviert (Innenraum Holzschutz),
zieht um (ins Grüne), bucht Reisen (nichts wie weg, egal wohin), kauft Kleidung und Möbel. Die Gedan-
kenverbindung zu frau selbst, warum es irgendwo laut ist (der Joghurt mit den vielen Kilometern; just in
time: das Buch ist erst übermorgen da), warum es keine gescheiten Räume mit Aufenthaltsqualität gibt,
an denen Kinder unbeaufsichtigt spielen können, warum ihre Kinder Allergien haben, warum Wasser
belastet ist, das überfällt frau einfach passiv?
Traditionell liegt der Schutz der Gesundheit in der Familie immer noch in den Händen der Frauen.
Frauen kümmern sich in besonderer Weise um die Gesunderhaltung ihrer Familie durch Essenszube-
reitung, aufmerksame Beobachtung von Krankheitsanzeichen und Übernahme der Pflege. Sie suchen
bei Umwelterkrankungen (Allergien, Asthma) nach Hilfe und Linderung und engagieren sich in Selbst-
hilfegruppen. Hausfrauen sind als bedeutsame Zielgruppe der Gesundheitsbildung zu sehen, weil sie
wichtige Gewohnheiten aller Haushaltsmitglieder beeinflussen.
Diese Realität gebietet, sie als Gesundheitsförderinnen in der Familie und in Beziehungen ernst zu
nehmen und einzubeziehen, und gleichzeitig Bemühungen aufzunehmen, Männer für Gesundheitsför-
derung zu gewinnen. Frauen sollten im Sinne der WHO (Empowerment) in ihrer persönlichen Gesund-
heitskompetenz gestärkt und qualifiziert werden.
Berlin-Hohenschönhausen führte eine Befragung zu Frauengesundheit durch 499 . Hier fehlte das ökolo-
gische Weiterdenken bei den krankmachenden Ursachen: warum ist es laut? Warum kann ich nicht im
See baden? Warum sind die Innenräume belastet? Warum ist die Luft verschmutzt? Warum sind Le-
bensmittel belastet und kommen von weit her? Warum kann ich mich an öffentlichen Orten in der Stadt
nicht erholen und fliehe aus der Stadt? Warum kann mein Kind nicht allein draußen spielen?
Gesundheitsförderndes Handeln ist möglich: Die Stadtplanerin plant für den Kindergarten schönes Grün
in die Außenanlagen, was ist mit Emissionen von der Straße her? Sie baut eine neue Schule, welches
495
s. Aktivitäten 1999 im Bad Hersfeld Buchcafe, Verein für Kultur und Kommunikation "Anstiftung"
496
Trojan/ Legewie .....2001, S. 205
497 497
Am Rande noch der Hinweis auf das Werkstattgespräch der Heinrich-Böll-Stiftung am 21.9.2000 und auf den Bericht zur gesundheitlichen
Situation von Frauen in Deutschland 2001, der genauer auf Orte in der Stadt ausgewertet werden sollte. Auf den ersten Blick finde
ich darin und zu gesundheitsfördernden Lebensverhältnisse nichts.
498
s. a. Diskussion bei Thürmer-Rohr, Christina zur Opferrolle
499
Berlin-Hohenschönhausen/ Plan- und Leitstelle. ...wie geht´s Frau?. Gesundheitsbericht ´98. 1998 (Hohenschönhausen ist Mitglied im
Gesunde Städte-Netzwerk.
113